Showman
mir zur Maske geworden.
Die Tür hatte ich nur so weit geöffnet, wie es unbedingt nötig war, um die Halle betreten zu können. Mein Blick war in das Dunkel vor mir gerichtet.
Ich empfand die Stille als angenehm.
Die Bühne war nicht zu sehen. Man konnte sie auch zur Rückseite hin durch einen Vorhang verdecken, und der wiederum war zugezogen. Er dämpfte nicht nur Licht, sondern auch Geräusche. Daß beides vorhanden war, überraschte mich. Im ersten Augenblick glaubte ich, mich geirrt zu haben, dann lauschte ich noch einmal und mußte feststellen, daß ich keiner Täuschung erlegen war.
Ich war nicht allein in diesem Theater!
Der Gedanke durchzuckte mich, und ich hatte ihn direkt als bösartig empfunden. Er verbreitete Schmerzen in meinem Gehirn, obwohl mich dort niemand geschlagen hatte. Es mußte einzig und allein an der erlebten Enttäuschung gelegen haben, denn ich war fest davon ausgegangen, daß ich allein in diesem Theater war. Was tun?
Zunächst einmal nichts. Ich war so überrascht, daß meine Arme, an denen noch die beiden Kanister hingen, anfingen zu zittern und ich Schmerzen in den Schultern spürten. Wut oder Haß empfand ich nicht, nicht mal Enttäuschung, vielleicht aus Zeitmangel, denn plötzlich herrschte eine große Leere vor, mit der ich nicht zurechtkam.
Zwar stand ich noch auf dem Boden, aber das Gestein unter mir schien plötzlich weich geworden zu sein. Es zitterte zudem, als wollte es jeden Augenblick reißen und sich öffnen.
Wie lange ich auf der Stelle mit angehaltenem Atem gestanden hatte, wußte ich nicht, denn ich hatte das Gefühl für die Zeit verloren.
Irgendwann kam ich wieder zu mir.
Ich erinnerte mich an meinen Job! Ich würde ihn durchführen, denn das Geräusch, das ich vor mir von der durch den Vorhang verdeckten Bühne gehört hatte, war nicht schlimm gewesen.
Kein Schrei, keine Musik. Ich hatte es vernommen, das war okay, aber es stand in keinem Zusammenhang mit irgendwelchen anderen Lauten, denn die blieben aus.
Wäre die Gruppe dort gewesen und hätte eine ihrer Proben abgehalten, das hätte sich wahrlich anders angehört, so aber brachte es die Zeit mit sich, daß ich mich wieder beruhigte und ich daran dachte, meinen Plan auch weiterhin durchzuführen.
Aber ich wollte die Lage erst sondieren. Dabei waren mir die beiden Kanister hinderlich. Sie ließ ich zunächst einmal stehen und bewegte mich ohne sie weiter.
Von mir aus gesehen schlich ich auf die rechte Bühnenseite zu.
Erst jetzt fiel mir der Geruch auf, der mich umgab. Überall hatte sich Staub angesammelt. Die Luft war dick. Schweiß und Schminke vermischten sich. Ich atmete durch die Nase und mußte höllisch aufpassen, um in der Dunkelheit nicht über irgendwelche im Weg liegenden Gegenstände zu stolpern.
Es war nicht völlig dunkel. Von der linken Seite her durchfloß ein blasser Schein das dünne Gewebe des Vorhangs, so daß ich mich ein wenig orientieren konnte.
Der Schein stammte von der Bühne her. Dort mußten einige Scheinwerfer eingeschaltet worden sein.
Ich hörte auch Tritte.
In regelmäßigen Abständen klangen sie auf.
Es war für mich leicht zu erraten, was jenseits des Vorhangs geschah.
Dort ging jemand auf und ab.
Himmel, der Schweiß ließ sich nicht abstellen. Er drang mir inzwischen aus allen Poren.
Er lag auf meinem Nacken. Er bedeckte das Gesicht. Er klebte an den Armen.
Ich spürte ihn auf den Handflächen. Lag der Schweißausbruch nur an der Schwüle, oder auch an meiner Nervosität? Auch der Vorhang strömte einen Geruch ab, den ich nur schwerlich einschätzen konnte. In ihm hatte sich so einiges gesammelt. Schmutz, Staub und der Rauch ungezählter Zigaretten.
Ich hatte das Ende der Bühne erreicht. Sie schloß nicht mit der Wand des Theaters ab. Zwischen ihr und dem Bühnenende gab es noch genügend Platz, den die Musiker hin und wieder nutzten, wenn sie sich während der Auftritte umziehen oder kurz verschnaufen wollten.
Ich befand mich nicht in einem Theater, dessen Technik auf dem neuester Stand war. Hier war es nur wichtig, Strom zu haben für die Instrumente, die Verstärker und Zusatzgeräte.
Ich wartete.
Die Sekunden verstrichen. Während dieser Zeit konzentrierte ich midi voll und ganz auf die Laufgeräusche hinter dem Vorhang. Sie waren jetzt ungewöhnlich laut. Jedes Auftreten hörte sich an, als hätte jemand mit einem Gummihammer auf den Boden geschlagen, und jedes Echo verursachte bei mir eine Gänsehaut.
Ich atmete tief durch. Frische Luft
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