Showtime! (German Edition)
Konsortien, deren vor dem Tor abgestellten Motorräder ihre Anwesenheit bereits hatte erahnen lassen.
Sie winkte und wurde stürmisch begrüßt, als sei sie lange schon Teil der Clique.
Sabrina freute sich besonders über Sheila, die aufgeregt herum hüpfte wie ein Teenie vor dem allerersten Boygroup-Konzert. Am liebsten hätte sie es ihr gleichgetan, denn ihr ging es nicht viel anders.
Carla dirigierte alle in ein separates Gebäude, das mit zahlreichen Holzbänken und einer kleinen, von einem Vorhang verdeckten Bühne ausgestattet war. Sheila lief ohne zu zögern darauf zu, linste neugierig durch den Vorhang und verschwand. Sekunden später ertönte helles Freudengeschrei.
«Es geht gleich los» verkündete sie strahlend, als sie wieder auftauchte und sich neben den Anderen auf einer der Holzbänke niederließ. «Georgia hat gleich nach dir gefragt, Sabrina.» Sie drückte ihr ein Küsschen auf die Wange. «Den soll ich dir von ihr geben.»
«Danke» flüsterte Sabrina und tätschelte liebevoll ihre Wange. Sie knautschte in aufgeregter Vorfreude ihre Handballen und fragte sich, warum sie Sheila nicht einfach gefolgt war, um Georgia zu begrüßen. Du musst spontaner werden, rügte sie sich insgeheim, Georgia hat recht, du überlegst einfach immer zu lange, statt einfach zu handeln. Und hinterher ärgerst du dich.
Der Raum begann sich zu füllen. Es herrschte eine ausgelassene, fröhliche Atmosphäre.
Sabrina bemerkte eine kleine Bewegung am Vorhang, sah Georgia hervor schmumeln und winkte ihr zu. Georgia winkte zurück und zwinkerte ihr lächelnd zu, bevor sich die Lücke im Vorhang wieder schloss.
Sheila, die die kleine Aktion bemerkt hatte, schubste sie an und flüsterte kichernd: «Sie ist ganz aufgeregt wegen dir. Die ist ganz schön verknallt in dich...!»
Sabrina errötete nur innerlich ganz leicht. Äußerlich hatte sie es sich inzwischen fast abgewöhnt. Georgias Gesellschaft härtete definitiv ab.
Sheila fingerte nervös an dem Programmheft herum und plapperte unaufhörlich. Erst als sich etwas auf der Bühne zu tun begann, versiegte ihr Redefluss. Scheinwerfer erhellten die Bühne, der Vorhang öffnete sich, das Publikum verstummte.
In der Mitte der Bühne stand Georgia. Sie trug schwarze Leggings und ebenfalls schwarze, bis über die Knie reichende Wildlederstiefel, darüber etwas Fantasievolles aus Leder. Ihr langes Haar war zum Zopf gebunden. Sie wirkte sehr androgyn. Als sie zu sprechen begann, hatte ihre Stimme einen dunklen, sehr melodischen Klang. Ihre Körpersprache und ihre Mimik waren ausdrucksvoll wie die poetischen englischen Worte, die sie sprach.
Sabrina war sehr froh, dass sie zuvor die deutsche Version des Dramas gelesen hatte, denn im Gegensatz zu vielen der Anwesenden bereitete ihr Shakespeares geschnörkelte Ausdrucksweise einige Schwierigkeiten.
Fasziniert und gebannt verfolgte sie die Handlung auf der Bühne. Den Austausch der verliebten Göttin Venus mit dem schönen, mehr mit der Jagd als mit ihr beschäftigten Jüngling Adonis, die beide abwechselnd von Georgia dargestellt wurden. Wenn sie Adonis spielte, war sie in allem, was sie tat und sagte ganz und gar ein junger, ungestümer Kerl. Sprach sie die Venus, war sie die verführerische, sanfte Weiblichkeit in Person. Sie flüsterte, sie schmeichelte, erzählte, erhob die Stimme laut und dröhnend, brachte zum Lachen, ließ das Publikum gespannt an ihren Lippen hängen.
Sabrina war unglaublich stolz. Wenn sie den Blick vom Geschehen abwandte, dann nur, um Carla zuzuflüstern: «Ist sie nicht großartig, phänomenal, umwerfend...?»
Zum aufregenden Finale mutierte Georgia zur grausamen Bestie, der Adonis bei der Jagd zum Opfer fiel, und die schließlich bitter hervorgebrachten, eindringlichen und von Rachsucht geprägten Worte der Venus gingen jedem der Zuschauer durch Mark und Bein, bevor der Vorhang schließlich fiel. Die Zeit war wie im Flug vergangen.
Ihren Applaus hatte sich Georgia wahrlich verdient. Sabrina beobachtete, wie sie den euphorischen Beifall des Publikums nach dem obligatorischen Verbeugen mit geschlossenen Augen in sich aufsog. Als sich ihre Augenlider wieder hoben und der Blick von der Bühne Sabrina anschließend wie ein Frontalaufprall traf, war das ein magischer Moment. Fast, als hätte sie nur für sie allein gespielt.
Federnden Schrittes trat Georgia von der Bühne ab und verschwand. Das Publikum plauderte wild durcheinander und strebte bereits in Richtung Ausgang, als Sabrina sich rühren
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