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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
Vom Netzwerk:
deine Planung.«
    »›Orks‹?«
    »Online-Redakteure, unsere geschätzten User«, erklärte er mit säuerlicher Miene.
    »Ach so – originell.«
    Das Gesicht zog sich zurück. Zerknirscht betrachtete sie das Ergebnis ihrer Spionage. Es bestand im Wesentlichen aus Fehlermeldungen. Trotzdem gewann sie einen ersten Überblick über die Netzwerkstruktur, allein aus all den verweigerten Zugriffen. Sie versuchte es ein weiteres Mal mit zusätzlichen Scans. Dafür musste sie die wirksamste Schutzhülle ihrer Tarnung aufgeben. Sie fieberte angespannt dem Ende der Analyse entgegen. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn, denn was das Programm tat, war vergleichbar mit dem Umhängen eines Schildes, auf dem gut lesbar stand: Hacker. Zudem lief das Programm diesmal viel länger. Missmutig überflog sie die Dokumente, die ihr die eigentliche Aufgabe erklären sollten. Sie wollte wenigstens den Anschein erwecken, sich damit zu befassen. Je mehr sie las, desto weniger verstand sie. In der Medienwelt gab es Begriffe, die sie nicht einmal aussprechen konnte. Die Liste ihrer Fragen wuchs und wucherte wie der Kuchen mit zuviel Backpulver, den sie das erste und letzte Mal in der Heimküche produziert hatte. Sie musste sich dringend etwas einfallen lassen, wollte sie nicht doch noch als Hochstaplerin enttarnt werden.
    Das Programm hielt endlich an. Wieder enttäuschte das Ergebnis, bis ihr die zehn Server auffielen. Es waren die einzigen Computer, deren Netzwerknamen mit dem Buchstaben M begannen. Sie alle, und nur sie, zeigten den Zustand ›offline‹. Es gab zwar Verbindungen untereinander, aber keine Einzige zum restlichen Netz. Die Ms bildeten eine Insel, die wohl auf der Landkarte verzeichnet war, zu der man jedoch auf keinem Weg gelangte. Die Vorstellung ergab keinen Sinn. Sie brauchte Zugriff auf ein Konto mit höheren Privilegien. In ihrem Account blieb sie mit der Spionagesoftware gefangen wie die Spinne im Glas. Sie überlegte sich ernsthaft, einen Trojaner über Mail an ihre Vorgesetzte zu senden, um den Spion unter deren Berechtigungen arbeiten zu lassen, doch sie traute Gamovs Virenschutz zu, dies sofort zu entdecken. Sie stieß einen leisen Fluch aus und schlenderte zum Wasserkühler, um ihn um Rat zu fragen.
    Tim oder Tom stand auch dort und unterhielt sich mit einer Kollegin, die auf den seltsamen Namen Nausikaa hörte und so klein war, dass sie den Schreibtisch als Stehpult benutzte.
    »Wir sollten ihn warnen, was meinst du, Tom?«, sagte sie, bevor sie Jen entdeckte.
    »Wen willst du warnen?«
    Nausikaa errötete. »Ach, da bist du ja. Entschuldigung, aber ich finde es nicht in Ordnung, dich einfach so ins Messer laufen zu lassen.«
    »Übertreib mal nicht«, lachte Tim oder Tom, der von nun an Tom hieß.
    »Ihr scheint euch ja köstlich über den Neuen zu amüsieren«, sagte Jen. »Wovor willst du mich warnen, Nausikaa?«
    »Es ist jetzt der dritte Anlauf, die neue Software einzuführen. Bisher scheiterte jeder Systemtest und jeder Testmanager. Du bist der Dritte auf dem Schleudersitz. Ich wette, die Strauss hat dir nichts davon erzählt.«
    Martha Strauss war die Abteilungsleiterin, die den Vertrag mit Jerry, dem Experten, unterzeichnet hatte. Außer technischer Dokumentation und einem dicken Ordner mit internen Richtlinien hatte Jen nichts von ihr erhalten. Vielleicht steckte Absicht dahinter, vielleicht auch nur Feigheit.
    »Du meinst, ich soll den nächsten Sündenbock abgeben?«, fragte sie mit spöttischem Lächeln, als hätte sie die internen Intrigen längst durchschaut.
    »Eventuell schaffst du es ja«, grinste Tom. »Hängt ganz davon ab, wie sehr dich die Orks ins Herz schließen. Als kesse Blondine wäre es einfacher.«
    »Vielen Dank für die Aufmunterung.«
    Um nicht aufzufallen, füllte sie einen Becher mit Wasser und nippte daran, wie sie es bei Nausikaa beobachtet hatte.
    »Eines verstehe ich nicht«, sagte sie dann. »In dieser Situation müsste doch vor allem die Strauss auf dem Schleudersitz sitzen.«
    Tom nickte. »Tut sie auch, wenn du mich fragst. Sie hat auf jeden Fall eine Heidenangst vor Gamov.«
    »Kann ich verstehen«, murmelte Jen.
    Wahrscheinlich hatte sie die rasche Unterzeichnung des Vertrags genau diesem Umstand zu verdanken.
    »Wieso ist denn der Einzug der neuen Software so schwierig?«
    »Die Orks wollen den Release nicht, und als primäre Benutzer haben sie das Vetorecht. Die können alles mit fadenscheinigen Argumenten blockieren.«
    »Vor allem Hitchcock, ihr

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