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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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es unwirsch aus der Küche.
    »Ich habe Tate das Handy zurückgebracht.«
    Er stand sofort wieder neben ihr. »Was hast du? Du hast Carmen Tate getroffen?«
    »Darüber wollte ich mit dir reden.«
    »Kann mir jemand verraten, worum es geht?«, fragte Rita gekränkt.
    »Wolltest du nicht Tee aufsetzen, mein Schatz?«
    Sie warf Frank einen vernichtenden Blick zu, zog sich aber zu Jens Erstaunen ohne Murren zurück.
    »Euch zwei soll einer verstehen«, murrte sie.
    Er hörte ihrer Geschichte schweigend zu. Erst nachdem er sich einen Überblick über Dons Notizen verschafft hatte, öffnete er den Mund:
    »Ich halte es trotzdem für keine gute Idee. Du kennst Tate nicht und bist doch sonst so misstrauisch. Warum vertraust du ihr?«
    Jen zuckte die Achseln. »Sie riecht gut.«
    »Der Don auch, sagtest du eben.«
    »Du hättest sie sehen sollen, als ich mit ihr sprach. Sie meint es ernst. Sie will den Don anzeigen, da bin ich mir sicher. Warum hätte sie mir sonst den Job verschafft? Ich habe ein gutes Gefühl dabei.«
    »Ich nicht. Im Gegenteil. Ich kann es nur immer wiederholen: Du musst dich stellen und das Material der Staatsanwaltschaft übergeben.«
    »Du bist und bleibst ein Cop, aber du weißt selbst, dass Beweise aus meiner Hand so gut wie wertlos sind vor Gericht. Tate hingegen kann als Insider auftreten. Kronzeugin, verstehst du?«
    »Warum tut sie's nicht?«
    »Weil noch nicht alles auf dem Tisch ist. Darum wird Jerry Waller morgen an der Sansome Street antreten.«
    Rita trug Tee und Sandwichs auf. »Ihr Dickschädel erinnert mich an deinen«, sagte sie schmunzelnd zu Frank.
    Sein Humor machte gerade Pause. »Bist du hierher gekommen, um mir mitzuteilen, was du sowieso beschlossen hast?«, fragte er säuerlich.
    »Das auch, aber eigentlich wollte ich fragen, ob ich für ein paar Tage bei euch wohnen kann.«
    »Kein Zimmer frei, hast Rita doch gehört«, gab er gereizt zurück.
    »Frank!«
    Ritas Tonfall ließ ihn zwei Zoll schrumpfen.
    »Was ist in dich gefahren? Wie kannst du so unhöflich sein. Natürlich kann sie bei uns wohnen.« Sie wandte sich an Jen: »Rebeccas Haus gehört jetzt mir und es steht leer. Wenn es dir nichts ausmacht ...«
    Jens Puls beschleunigte sich. Sie fühlte, wie sie errötete. »Liebend gern, vielen Dank«, rief sie ein wenig zu laut aus.
    »Wenn du willst, kannst du auch ihr Auto benutzen.«
    »Aber nicht verkaufen«, mahnte Frank, was ihm noch einen vernichtenden Blick eintrug.
    »So, das wäre geklärt«, freute sich Rita. »Jetzt iss erst mal etwas, Kind! Sonst wird das nichts mit dem Job.«
     
    San Francisco, Kalifornien
     
    Ausgeruht und zuversichtlich wie lang nicht mehr fuhr Jen den Sportwagen kurz vor acht in die Tiefgarage unter Dons Zentrale. Das teure Leder im Auto verströmte immer noch Rebeccas Duft. Es war, als verließe sie das Haus des Engels an der Lagune erst beim Aussteigen an der Sansome Street.
    Der Informatikbereich belegte sechs Stockwerke im Medienhaus, mehr als alle Redaktionen zusammen. Ohne Jezzus' intensives Briefing wäre sie verloren gewesen auf diesem fremden Planeten. Mit dem Wissen um die magische Anziehungskraft von Wasserkühlern, die Wirkung von Sarkasmus und Empathie als notwendige Überdruckventile fühlte sie sich aber gut gewappnet für eine Arbeitswelt, die sie nie hatte kennenlernen wollen. Zu ihrer eigenen Verblüffung gelang es Jerry Waller, sich ins Team zu integrieren, ohne sogleich negativ aufzufallen. Am Computer in ihrem Cubicle kehrte die Selbstsicherheit endgültig zurück. Sie gab vor, die umfangreichen Releasenotes der neuen Software zu studieren, die mit ihrer Hilfe getestet und eingeführt werden sollte. Niemand bemerkte, wie sie ihr Spionageprogramm über ihren neuen Account einschleuste. Gut getarnt versuchte es, Daten über die Systemkonfiguration, das Netzwerk und die Benutzer der vielen Computer in den verschiedenen Rechenzentren zu sammeln. Erste Auswertungen erschienen auf dem Bildschirm. Sie bestätigten ihre Befürchtung: Das Konto, das man für sie eingerichtet hatte, verfügte nur über ungenügende Privilegien für die benötigten Systemzugriffe.
    »Wäre auch zu einfach gewesen«, murmelte sie.
    »Kommst du klar?«
    Sie zuckte erschrocken zusammen. Kollege Tim oder Tom grinste über die Stellwand zu ihr herüber und hielt ihr einen Stapel Computerausdrucke hin.
    »Sorry, ich wollte dich nicht wecken.«
    »Hast du aber. Was soll ich damit?«
    »Abwesenheitslisten, Ferienpläne der ›Orks‹. Die brauchst du für

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