Shutdown
Bekannter ...«
»Hören Sie auf! Ihre Bekannten können mich mal. Wenn da etwas Brauchbares drauf ist, das ich gegen Don verwenden kann, muss ich wissen, woher das Material stammt.«
Jen schüttelte lächelnd den Kopf. »Behaupten Sie einfach, die Disk gefunden zu haben. Sie steckte in Dons Barmöbel, zusammen mit den Notizen.«
Eine lange Pause entstand, während der Tate abwechselnd sie und die DVD in ihren Händen musterte.
»Warum tun Sie das?«, fragte sie schließlich.
»Ich möchte Ihnen einen Deal vorschlagen, aber dazu müssten Sie mir erst einmal zuhören.«
»Hört sich nach einem Drink an.«
Sie goss etwas bräunliche Flüssigkeit aus der Karaffe auf dem Serviertisch in einen Kognakschwenker.
»Auch einen?«
Jen verneinte. Sie brauchte einen klaren Kopf und machte sich nichts aus überteuertem Äthanol. Warum soffen die Leute nicht einfach den billigen Rohstoff? Die chemische Reaktion wäre die gleiche, nahm sie an.
Tate unterbrach sie nur ein einziges Mal durch einen überraschten Ausruf, als sie Pat Farmer erwähnte. Sonst hörte sie sich die sorgsam vorbereitete Mischung aus Tatsachen und Fiktion schweigend an. Mit hintergründigem Schmunzeln leitete Jen am Ende zu ihrem eigentlichen Anliegen über:
»Sie verstehen, dass mein Bekannter alles Interesse daran hat, die Verantwortlichen der Operation Shutdown zu überführen. Alles deutet darauf hin, dass es dieselben Leute sind, die auch Sie – sagen wir – enttäuscht haben. Ich bin daher überzeugt, dass wir in dieser Hinsicht auch dieselben Interessen haben. Ihre Aussage würde vor jedem Gericht entschieden mehr bewirken als die meines Bekannten.«
Tate lachte bitter. »Sie wissen schon, mit wem Sie sich anlegen?«
»Absolut, aber mit Ihrer Hilfe ...«
»Was schlagen Sie vor?«
Endlich war sie soweit. Jen atmete auf, bevor sie die Sätze aussprach, die sie hundertmal im Kopf wiederholt hatte:
»Die endgültigen Beweise liegen auf den Festplatten der ›TNC‹-Server. Darum brauchen wir Zugang zum Computer-Netzwerk der ›Trusted News Corp.‹.«
Noch einmal verblüffte sie Tates Reaktion.
»Ich auch«, murmelte sie ohne Zögern.
»Wie bitte?«
»Ich hätte auch gerne Zugriff aufs Intranet, aber mein Account ist natürlich sofort gesperrt worden. Ich fürchte, ich bin keine große Hilfe.«
»Vielleicht doch«, lächelte Jen und erklärte den zweiten Teil des Deals.
Alameda, Kalifornien
Tates Beziehung zu Gamov erwies sich als Segen. Jerry Waller konnte den Job als freischaffender Softwareingenieur mit Spezialgebiet Testmanagement bei ›TNC‹ morgen antreten. Das makellose Profil und die nicht verifizierbaren Referenzen, die sie für ihr Alter Ego abgegeben hatte, waren in zehn Minuten entstanden. Das Dossier musste jeden Chef überzeugen, denn Jezzus hatte es allein zu diesem Zweck erfunden. Nachfragen erübrigten sich. Niemand zweifelte: Jerry Waller war die ideale Verstärkung für Gamovs überlastetes Testteam.
Ritas B&B grüßte sie mit blühendem Gesicht, zufrieden schlummernd wie die ganze Umgebung, als wäre die Welt immer in Ordnung gewesen. Sie fühlte sich in Jerry Wallers Hülle sicher genug, den Wagen vor dem Haus zu parken und offen einzutreten wie ein gewöhnlicher Gast.
»Willkommen im ›Seagull‹. Zurzeit sind leider alle Zimmer belegt«, sagte die Wirtin im Flur.
»Hallo Rita.«
Die Frau trat überrascht einen Schritt zurück und musterte sie ungläubig. »Bist du das, Jen? Madre mia, was soll dieser Aufzug?«
Sie konnte zufrieden sein mit ihrer Tarnung. Lächelnd antwortete sie:
»Ich nenne mich jetzt Jerry Waller. Ist sicherer. Hat Frank es dir nicht erzählt?«
»Der sture Bock erzählt mir gar nichts. Wenn der zehn Wörter am Tag spricht, geht die Welt unter.«
»Andere Leute reden genug«, rief Frank aus der Küche.
»Pass auf, was du sagst. Willst du unsern Gast nicht begrüßen?«
Wasser rauschte, dann trat er aus der Küche, die Hände mit einem Tuch trocknend. Er warf Jen einen finsteren Blick zu und fragte:
»Bist du gekommen, um dich zu stellen?«
Sie schüttelte den Kopf, wollte antworten, doch er drehte ihr sogleich den Rücken zu.
»Du solltest jetzt besser gehen«, sagte er und ging wieder.
»Frank!«, rief Rita entrüstet. »Was fällt dir ein? Komm sofort zurück und entschuldige dich.« Zu Jen gewandt sagte sie, laut genug, dass er es hören musste: »Nimm es ihm nicht übel. Ihm hat eben zu lang niemand mehr gute Manieren beigebracht.«
»Was willst du?«, tönte
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