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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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Kreuzung fuhr, deren Lichtsignale ihnen aus toten Augen entgegenblickten. »Ich dachte, die legen Notleitungen.«
    Nathan zuckte nur mit den Schultern. Solang die Armee seine Arbeit nicht behinderte, interessierte er sich nicht dafür, womit sie sich vergnügte. Jim Ward war seine Schlüsselperson, davon war er überzeugt. Ihn zum Reden zu bringen, war dringender als alles andere.
    »Geht's nicht schneller?«, drängte er mürrisch.
    »Wir sind gleich da.«
    Das Haus lag auf einer sanften Anhöhe über dem silbernen Folsom Lake, am Rand eines Wäldchens, halb versteckt zwischen Tannen.
    »Wie idyllisch«, spottete Joe.
    Wards Auto stand unter einem Vordach. Noch etwas deutete auf den Bewohner hin: Abseits gab es eine rostige Tonne, aus der Flammen schlugen und Rauch aufstieg. Joe rannte hinüber.
    »Besser als der Shredder«, rief er.
    Er kippte das Fass mit einem kräftigen Fußtritt um und begann, den brennenden Inhalt auseinander zu schieben und das Feuer zu löschen. Nathan warf erst einen Blick in den Wagen. Die Kühlerhaube war nicht wärmer als die Umgebung. Ward musste in der Nacht angereist sein. Die Tür ließ sich öffnen. Er fand nichts von Bedeutung auf und unter den Sitzen. Im Handschuhfach lagen nur die Fahrzeugpapiere. Er ging um das Auto herum und fasste ans Schloss des Kofferraums, da fiel im Haus ein Schuss. Seine Hand fuhr zurück. Mit gezückter Pistole rannte er an der Hauswand entlang zur Veranda. Joe traf zugleich mit ihm an der Haustür ein. Vorsichtig drückte er die Klinke. Die Tür ging mit leisem Knarren auf. Auf sein stummes Zeichen stieß Joe sie ganz auf. Nathan sprang hinein. Sein Partner gab ihm Feuerschutz. Drei Zimmer mündeten in den kurzen Flur. Eine Tür stand offen, und ein Blick genügte, um zu wissen, dass sie zu spät kamen. Jim Ward saß im Polstersessel am Kamin. Sein Kopf ruhte seitlich an der blutverschmierten Rücklehne. Die Arme hingen schlaff herunter. Auf dem Boden zu seiner Rechten lag die Beretta, in der genau eine Patrone fehlte, wie er vermutete. Die linke Hand hielt immer noch ein Foto. Den Brief auf Wards Knien brauchte er nicht zu lesen. Er konnte sich ungefähr vorstellen, was drin stand. Es war nicht wichtig für ihn. Wäre er sofort ins Haus gegangen, könnte Jim Ward noch leben. Das war wichtig. Blass vor Schreck starrte er den Toten an. Ihm wurde übel.
    »Ich bin ein verdammter Idiot«, murmelte er mit erstickter Stimme.
    Joe zog sein Handy hervor. »Ich rufe die Spurensicherung.«

Kapitel 4
     
    San Francisco, Kalifornien
     
    Die nächste Phase der Katastrophe traf Lieutenant Rosenblatt im denkbar ungünstigsten Moment. Die unverdaulichen Reste des Kohls, der Pilze und der besonders vielen Zwiebeln von Hannahs köstlichem ›gefilltem Fisch‹ waren endlich raus. Es gab genügend Toilettenpapier, aber als er die Spülung betätigte, geschah nichts. Er versuchte es einige Male mit zunehmender Ungeduld, denn es stank fürchterlich im engen Kabinett.
    »Feh!«, schimpfte er und gab auf. Er rieb etwas Seife auf die Hände, drehte den Wasserhahn auf, bevor er begriff, dass die gewohnte Reihenfolge falsch war. Aus dem Hahn kamen nur ein paar Tropfen. Es gluckste, dann herrschte Ruhe. Die andern Hähne auf der Toilette der Kriminalpolizei in der noblen Hall of Justice benahmen sich nicht besser. Er stand unschlüssig vor den Spiegeln, als ein Kollege von der Sitte hereinplatzte.
    »Neue graue Haare, Nathan?«, grinste der Mann, der geradewegs auf seine Kabine zusteuerte.
    »Das ist keine gute Idee«, warnte er.
    Zu spät. Die Tür war schon offen. Der Sittenwächter torkelte zurück wie nach einem Schlag von George Foreman.
    »Scheiße!«, rief er aus und hielt sich die Nase zu.
    »Stimmt genau«, bemerkte Nathan trocken.
    »Was zum Teufel hat der gefressen?«
    Nathan sagte es ihm.
    »Du warst das? Nie was von Spülung gehört?«
    »Ich kann mich an Zeiten erinnern, als die noch funktionierte.«
    Der Kollege verstand endlich. »Kein Wasser?«, murmelte er betroffen. »Heilige Scheiße, funktioniert denn gar nichts mehr?«
    Je länger Nathan darüber nachdachte, desto mehr leuchtete ihm die neue Situation ein. Schon früher hatte es Blackouts gegeben, die sich über zwei, drei oder mehr Tage hinzogen, und mehr als einmal war die Wasserversorgung rasch zusammengebrochen. Im Grunde grenzte es an ein Wunder, dass die Scheiße nicht schon früher in der Toilette stecken geblieben war. Er wischte sich die klebrige Seife ab mit dem Papier, das auch langsam zur

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