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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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einer stummen Verwünschung setzte er sich an den Rechner. Draußen begann es zu dunkeln, als sie endlich nach mühsamer Kleinarbeit den ersehnten Hinweis fanden. Jim Ward hatte vor drei Wochen binnen wenigen Tagen Bargeld von seinem Spesenkonto bezogen. Ungewöhnlich, da er sonst über seine Kreditkarten abrechnete. Die Summe der Barbeträge ergab genau 10'000 Dollar.
    »Das muss es sein«, rief Joe freudig. »Wenn wir Glück haben, finden wir einen Scheck über zehn Riesen.«
    Sie brauchten viel Glück, aber Nathan war ein Optimist. Wie sonst könnte er diesen Job ausüben?
     
    San Leandro, Kalifornien
     
    Hinter der ersten Steigung stockte der Verkehr. Der Fairmont Drive hinauf zum Lake Chabot war genauso verstopft wie die Zufahrtsstraßen zu den Help Points der Armee im Zentrum von San Leandro und bei Drake's.
    »Deine geniale Idee scheinen noch andere gehabt zu haben«, spottete Jen.
    Jezzus saß griesgrämig am Steuer des Pick-up. Er begnügte sich mit einem unbestimmten Knurren als Antwort. Sie hätten es wissen müssen. Die Vorstellung, sich oben am See mit dem kostbaren Trinkwasser einzudecken, statt in der Stadt Schlange zu stehen, lag auf der Hand. Sie lag so nahe, dass kaum jemand nicht mit Kanistern, Fässern und ganzen Tankwagen zum See unterwegs war, wie es schien.
    »Die sind schon etwas weiter mit ihrem Businessplan«, stellte sie fest.
    »Hmm?«
    »Die mit den Tanklastern meine ich. Die holen das Wasser kaum für den Eigengebrauch, was meinst du?«
    »Hmm.«
    Seine Gedanken mochten irgendwo sein. Sie hoffte nur, er möge die Straße nicht ganz aus den Augen verlieren. Der Ausnahmezustand zwang auch ihre Truppe, die Zeit mit Tätigkeiten zu verschwenden, von denen sie bis vor kurzem nicht geahnt hatte, dass es sie überhaupt gab. Sie mussten sich einen Plan zurechtlegen und Verantwortliche bestimmen, um Wasser zu holen, Benzin für Auto und Generator zu organisieren, Waschpulver, Nahrung dort zu beschaffen, wo sie gerade zu zahlbaren Preisen angeboten wurden, vielleicht sogar, welch ein Luxus, einen Eisblock zu erstehen. Es kam vor, dass drei, vier Leute den halben Tag damit verbrachten. Sie gehörte nicht zu den Glücklichen, die sich mit der absurden Situation arrangierten, klaglos ihr Leben umstellten vom Computerzeitalter zurück in die vorindustrielle Zeit. Na ja, fast. Sie ärgerte sich über jede Minute, die sie nicht am Computer verbringen konnte, um die fiesen und zugleich raffinierten Tricks der ›Black Hats‹ zu entlarven und diesen Irrsinn zu beenden. Sie schaltete den Polizeifunk ein, um nach kurzer Zeit auf das Radioprogramm des Nachrichtensenders umzuschalten.
    »Hmm«, brummte Jezzus.
    Sie drehte lauter, denn es war eine Diskussion im Gang um den neuen Gesetzesentwurf ›PACTA Plus‹. Das Plus interessierte sie. Jezzus offenbar ebenso, denn er äußerte die ersten verständlichen Wörter, seit sie abgefahren waren:
    »Plus? Was soll der Scheiß?«
    »Senator Johnson aus Texas, der die ursprüngliche ›PACTA‹-Vorlage eingebracht hat, zeigte sich an einer Pressekonferenz in Washington befriedigt über die Verschärfung des Entwurfs«, sagte die Sprecherin. »Zwei Drittel des Senats hätten die Dringlichkeit erkannt und stünden hinter dem Text, sagte Senator Johnson. Das neue Gesetz sieht zusätzliche Maßnahmen vor, um verdächtige Benutzer präventiv vom Netz zu nehmen.«
    Jen lachte verächtlich. »Diese Spinner haben nicht die geringste Vorstellung, wovon sie reden. Verdächtig! Was heißt das? Macht dich ein kritischer Tweet verdächtig? Wo sind wir denn? Und was meinen die mit vom Netz nehmen? Gibt es eine schwarze Liste für alle Provider, weltweit? Die sind vollkommen irre.«
    »Das ist erst der Anfang«, murmelte Jezzus und bedeutete ihr, den Mund zu halten und zuzuhören.
    Ein Kommentator holte weiter aus: »Die notwendige Mehrheit im Kongress scheint so gut wie gesichert. Den Gegnern der Vorlage gehen die Argumente aus angesichts der katastrophalen Lage in Kalifornien. Es sind nicht mehr nur vereinzelte Stimmen, die nach griffigen Maßnahmen rufen, die es den Verantwortlichen ermöglichen, aktiv präventiv einzugreifen, bevor sich ein solches Ereignis wiederholt. Die individuellen Freiheiten müssen sorgfältig abgewogen werden gegen notwendige Einschränkungen zum Schutz der Bevölkerung vor terroristischen Anschlägen aller Art. Da ist es nur konsequent, auch private Netze kritischer Infrastruktur präventiv zu überwachen und Verdächtige aufgrund gefährlicher

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