Shutdown
versteckte sich zitternd vor Angst im Gebüsch am Feldrand. Sie presste die Hände fest auf die Ohren, um die Flüche des Teufels und das entsetzliche Stöhnen nicht mehr zu hören. Aber Mum stöhnte weiter in ihrem Kopf. Alles Pressen und Beten half nichts. Zitternd kauerte sie sich noch mehr zusammen, stellte sich vor, sie könnte sich klein und unsichtbar machen, einfach aus der Welt verschwinden.
»Jen – Jen?«
Die vertraute Stimme erschreckte sie.
»Jen, ich bin’s, Jezzus. Es ist alles in Ordnung. Komm rein.«
Er nahm ihre Hand und zog sie hoch.
»Was ist passiert?«, murmelte sie benommen nach dem quälenden Albtraum.
»Der zweite Blackout, das ist passiert.«
»Nein, ich meine – das Feuer.«
»Feuer?« Jezzus musterte sie betroffen. »Bist du O. K.?«
»Ach vergiss es.«
Die Straßenlampen brannten wieder. Unweit der Stelle, wo es gebrannt hatte, entdeckte sie eine vor Schmutz starrende, gusseiserne Pfanne und schwarze Flecke auf dem Betonboden. Zwei Stockwerke weiter oben keifte Mrs. Jackson mit ihrem Mann. Kopfschüttelnd folgte sie Jezzus ins Haus. Es brauchte sie nicht weiter zu interessieren, wer die brennende Fritteuse aus dem Fenster geschmissen hatte. Schade um das Teil war es jedenfalls nicht. Sie atmete erleichtert auf, als sie Emma in aufgeräumter Stimmung antraf. Sie war dabei, der Truppe das Ergebnis ihrer Untersuchung zu erklären. Der kurze Stromausfall schien schon wieder vergessen.
»Die ›Blacks‹ haben sich reichlich Mühe gegeben«, sagte sie.
Mike lachte und ergänzte: »Bloß mit Emma haben sie nicht gerechnet.«
»Sie haben die falschen Logs fast perfekt getarnt«, fuhr sie ungerührt weiter, »nur bei der Prozess-Id konnten sie nicht tricksen.« Sie holte eine Tabelle mit Log-Einträgen auf dem Bildschirm in den Vordergrund, vergrößerte sie und zeigte auf die Kolonne der Ziffernkombinationen, welche zeigten, woher die Logs stammten. Die Zahlen an sich bedeuteten nichts, aber sie verrieten, welches Programm den Eintrag erzeugt hatte, eindeutig wie Fingerabdrücke.
»Das sind die Spannungsmeldungen des Pfades 26«, erklärte Emma. »Alles normal bis zum Zeitpunkt des Blackouts. Um 10:13:42 p. m. ändert sich das Bild schlagartig. Seht ihr hier? Alle folgenden Logs stammen von ein und demselben neuen Prozess, der die echten Meldungen abgefangen und sie durch falsche ersetzt hat. Ein Trap wie der von Jen.«
Der Schluss war eindeutig. Die unbekannten ›schwarzen‹ Hacker hatten das Stromnetz der ›CGO‹ lahmgelegt. Der Beweis war unumstößlich.
»Quod erat demonstrandum, was zu beweisen war«, schloss Emma.
Jezzus deutete an, den Hut vor dem Genie zu ziehen und meinte düster: »Zweimal haben sie zugeschlagen. Sie werden es wieder tun, wenn wir sie nicht vorher identifizieren.«
Linda schüttelte energisch den Kopf. »Keine Zeit dafür, Jezzus. Wir müssen liefern, was wir bis jetzt gefunden haben. Du weißt, ich brauche die halbe Nacht für den Bericht.«
Linda beherrschte nicht nur die Innereien der Computer und Netzwerke, sie war auch ungeschlagen im Schreiben technischer Dokumentation. »Das lernst du am ersten Tag am MIT«, behauptete sie bescheiden.
Jezzus sah, dass die Truppe gleicher Meinung war, und willigte ein. »Meinetwegen. Schreib du den Report, aber die andern suchen weiter. Wäre gelacht, wenn wir unsere Freunde nicht finden würden.«
Zu lachen gab es gar nichts, wie Jen schon eine Stunde später feststellte. Diesmal hatte sie Glück, als der Strom schwankte und das Licht flackerte wie in alten Horrorfilmen. Sie sicherte die Daten nun konsequent nach jedem Schritt. Die Szene wiederholte sich ziemlich genau stündlich. Eine Serie von Brownouts, um die Panik in der Bevölkerung zu schüren. Sie konnten es nicht beweisen, aber für Jen gab es kaum Zweifel: Die ›Blacks‹ machten weiter. Es war kein aus dem Ruder gelaufenes Spiel von Spinnern. Die Hacker verfolgten ein Ziel, aber welches? Im ›TNN‹-Fenster auf ihrem Bildschirm sah sie, dass die Strategie wirkte. Wie in einer Endlosschleife wiederholte der Sender eine Szene aus dem Capitol. Die Beleuchtung schaltete genau in dem Augenblick ab, als Senator Harry Green mit beruhigendem Lächeln zur Antwort auf die Frage nach politischen Konsequenzen ansetzte. Nur Kamera und Mikrofon funktionierten noch, da sie am Generator des Übertragungswagens angeschlossen waren. Die Flüche hatte man wie üblich mit Pfeifton ersetzt. ›Breaking‹ rollte jedes Mal über den untern
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