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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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umgekippte Bäume hatten sie vom Weg abgebracht. Teddy war bewusst gewesen, dass sie ein wenig vom Kurs abgewichen waren, aber nach seinen Berechnungen hätten sie auf verschlungenen Pfaden in die Nähe des Friedhofs gelangen müssen.
    Sehen konnte er den Leuchtturm bereits gut. Das obere Drittel schaute über eine lang gezogene baumbewachsene Anhöhe mit einem braunen und einem grünen Streifen Vegetation. Direkt hinter dem Feld, vor dem sie nun standen, war ein breiter Streifen Marschland, und dahinter bildeten schartige schwarze Felsen ein natürliches Hindernis vor der Anhöhe. Teddy wusste, ihre einzige Möglichkeit bestand darin, zurück durch den Wald zu gehen und zu hoffen, dass sie die Stelle wiederfanden, an der sie falsch abgebogen waren. Nur dann müssten sie nicht zum Ausgangspunkt zurück.
    Das sagte er Chuck.
    Mit einem Stock klopfte Chuck auf seine Hosenbeine, schlug die Kletten ab. »Wir könnten auch im Halbkreis gehen und uns von Osten nähern. Weißt du noch, gestern Abend mit McPherson? Der Fahrer hat so was ähnliches wie eine Zufahrtsstraße genommen. Da drüben hinter dem Hügel, da muss der Friedhof sein. Sollen wir uns dahin durchschlagen?«
    »Besser als das, wo wir gerade durchgegangen sind.«
    »Ach, hat dir das nicht gefallen?« Chuck fuhr sich mit der Hand über den Nacken. »Ich für meinen Teil liebe Mücken. Echt, ich glaube, ich habe ein, zwei Stellen im Gesicht, wo sie mich noch nicht gestochen haben.«
    Es war das erste Gespräch seit mehr als einer Stunde. Teddy spürte, dass beide versuchten, die Anspannung zu überwinden, die zwischen ihnen entstanden war.
    Aber der Augenblick verstrich ungenutzt, weil Teddy zu lange schwieg und Chuck in mehr oder weniger nördlicher Richtung am Feldrand entlangging. Unablässig drängte die Insel sie an ihre Ufer.
    Sie liefen, kletterten und marschierten hintereinander, und Teddy blickte auf Chucks Rücken. Sein Kollege, hatte er zu Noyce gesagt. Sein Kollege, dem er vertraute. Aber warum? Weil er keine Wahl hatte. Weil man von niemandem erwarten konnte, das hier allein durchzustehen.
    Wenn Teddy verschwinden sollte, wenn er nie mehr von der Insel zurückkehren sollte, war es gut, einen Freund wie Senator Hurly zu haben. Keine Frage. Hurlys Erkundigungen würden nicht ignoriert werden. Einem Senator würde man Gehör schenken. Doch würde die Stimme eines relativ unbekannten Demokraten aus einem kleinen Neuengland-Staat im aktuellen politischen Klima laut genug sein?
    Marshals ließen einander nicht im Stich. Auf jeden Fall würden Kollegen nach ihnen ausgeschickt werden. Es war eine Zeitfrage: Würden sie den Leuchtturm erreichen, bevor Ashecliffe und seine Ärzte Teddy unwiderruflich manipuliert hätten, ihn zu einem George Noyce gemacht hätten? Oder noch schlimmer, zu dem Mann, der Fangen spielte?
    Teddy hoffte es, denn je länger er auf Chucks Rücken starrte, desto überzeugter war er, dass er allein war. Völlig allein.
     
    »Noch mehr Steine«, sagte Chuck. »Mensch noch mal, Chef.«
    Sie befanden sich auf einem schmalen Felsgrat, der rechts zum Meer hin steil abfiel, links erstreckte sich ein halber Hektar flachen Buschlands. Der Wind frischte auf, der Himmel wurde rotbraun, die Luft schmeckte nach Salz.
    Auf der überwachsenen Fläche lagen Steinhaufen, acht an der Zahl. Sie wurden von allen Seiten durch Hänge geschützt, die die Ebene wie eine Schüssel umgaben.
    »Und, wollen wir uns das angucken?«, fragte Teddy.
    Chuck hob die Hand zum Himmel. »Dauert nicht mehr lange, dann ist die Sonne weg. Am Leuchtturm sind wir noch nicht angekommen, falls dir das entgangen sein sollte. Am Friedhof sind wir auch nicht. Wir wissen nicht mal, ob wir von hier aus dorthin kommen. Und du willst nach unten klettern und dir Steinhaufen ansehen?«
    »Mensch, wenn das wieder der Code ist …«
    »Wen interessiert das jetzt noch? Wir haben Beweise, dass Laeddis hier ist. Du hast Noyce gesehen. Wir müssen mit diesen Informationen, diesem Beweis, nur noch nach Hause fahren, das ist alles. Dann haben wir unsere Aufgabe erfüllt.«
    Chuck hatte Recht. Teddy wusste es.
    Aber nur, wenn er immer noch auf Teddys Seite stand. Wenn nicht, wenn Chuck nicht wollte, dass Teddy diesen Code entschlüsselte …
    »Zehn Minuten runter, zehn Minuten hoch«, sagte Teddy.
    Müde hockte sich Chuck auf einen dunklen Felsvorsprung und zog eine Zigarette aus der Tasche. »Gut. Aber ich bleib hier.«
    »Wie du willst.«
    Chuck wölbte die Hände um die Zigarette, um sie

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