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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vierzehn Jahren fließt ein Teil von Ob und Irtysch rückwärts! Wovon willst du dann, Fischer am großen Strom, leben? Umschulen wollen sie dich – zu was denn? Zum Mechaniker an den Pumpen, zum Schlepper von Holzbalken, zum Reiniger der Schleusen, zum Putzer der Kanalwände? Du bist ein Fischer, dein Vater war einer, dein Großvater ebenso, und auch dein Urgroßvater kniete auf einem Wolfsfell vor den Löchern, die er ins Eis des Ob geschlagen hatte, und zog die Fäden der ausgelegten Angeln.
    Wie man's auch sah: Die Welt war aus dem Gleichgewicht gefallen. Der Sib-Aral-Kanal war nur ein kleines, verschobenes Gewicht davon …
    Goldanski also sprang aus seinem Sattel, umarmte seine Frau, drückte sie an sich, küßte sie, als seien sie nicht schon über dreißig Jahre verheiratet, sondern als bereiteten sie sich auf ein erstes gemeinsames Bett vor, und sogar rot wurde die Goldanskaja noch und war froh, als Samson Lukanowitsch endlich im Haus war, weg aus den Blicken der Nachbarn.
    Fröhlich pfeifend ritt inzwischen Rudenko weiter, stieg vor seinem Haus vom Gäulchen und betrat das große Wohnzimmer. Niemand wartete auf ihn, keiner hatte einen Wodka kalt gestellt oder brachte ihm köstlich duftende, heiße Piroggen oder marinierte Pilze mit saurer Sahne … mit einem Fußtritt schlug er die Tür hinter sich zu, setzte sich auf den Rand der Eckbank und stierte die abgetretenen Dielen an.
    Immer nach solchen Aktionen, wenn er zurück ins Haus kam, überfiel ihn die Bedrückung seiner Einsamkeit. Wie ist es jetzt bei Goldanski, dachte er etwa. Auf einem Stuhl wird Samson Lukanowitsch sitzen und die Beine von sich strecken, seine Frau zieht ihm die Stiefel aus, dann lehnt er sich zurück, greift zu Pfeife und Machorka und fragt: »Teufelchen, was hast du mir heute gekocht?« Und Teufelchen wird antworten: »Eine Orkoschka mit Huhn. Deine Leibspeise. Bist wirklich ein tapferer Mann, Samsonka …«
    Welch ein Empfang, welche Zärtlichkeit, welch ein schönes Leben! Und er, Rudenko, saß hier einsam in einem menschenleeren Haus, keiner freute sich ob seiner Rückkehr, keine Liebe schlug ihm entgegen. Die einzige, die ihn stumm begrüßte, war Faiga, seine Katze. Sie lag ihm gegenüber auf der Eckbank, starrte ihn mit grünen Augen an, und nur ihre leicht schwingende Schwanzspitze verriet ihre Freude über sein Zurückkommen.
    »Sie wundern sich alle über uns, Faiga«, sagte Rudenko leise zu der Katze. »Den Kopf zerbrechen sie sich: Warum hat er kein Weib im Haus?! Soll ich es ihnen sagen? Wer kennt denn die Wahrheit? Auch du kennst sie nicht … es war viele Jahre vorher, lange bevor ich dich von Masuk geschenkt bekam. Aber warum es den anderen erzählen? Es könnte sich doch nichts ändern. Faiga, dir erzähle ich es eines Tages … vielleicht. Weiß ich, ob ihr Katzen unsere Menschensprache versteht? Könnt ihr es, dann wirst du mir nachher das Gesicht zerkratzen. Du bist ja eine Kätzin … ein Weib!«
    Er ging zum Schrank, holte eine Flasche Wodka heraus, setzte sie an den Mund und soff, als trinke ein verdurstender Stier Wasser.
    Unterdessen ritt Masuk in Lebedewka ein, allein, mit mißmutigem Gesicht … Soja würde eine halbe Stunde später mit ihrem Motorrad folgen, als käme sie zurück aus einem anderen Ort.
    Auch Masuk rief man auf der Straße und aus den Vorgärten freudige Worte zu, beglückwünschte ihn zur Sprengung des Dammes und war ein wenig enttäuscht, daß er nur knurrend antwortete, ein verschlossenes Gesicht aufsetzte und, ohne einmal anzuhalten, weiterritt zu seinem Haus. In der Schmiede saß sein Lehrling, der stämmige Awdej Grigorijewitsch Korolew, Enkel des Dorfvorstehers, und aß zu Mittag.
    Anders als bei Goldanski lief Masuk die Frau nicht entgegen, nachdem er aus dem Sattel gesprungen war und sein Pferd in die Schmiede führte, ihm das Halfter vom Kopf zog und an einen Nagel hängte. Er sah hinüber zu dem schmatzenden Awdej.
    »Was gibt's zu Mittag?«
    »Weiß ich's?« antwortete Awdej. »Mir hat man geschmorte Gurken gegeben. Sehr wäßrig, Lew Andrejewitsch. Und wenig Fleisch dabei. Dir wird Svetlana Victorowna etwas Besseres gekocht haben.«
    Davon war Masuk gar nicht überzeugt, und es zeigte sich, daß er richtig gedacht hatte. Er kam in die Stube und hob schnuppernd die Nase, aber es roch nach keiner Suppe, keinem Fleisch, keinem Gebratenen oder Gesottenen. Dafür kam Svetlana aus der Küche, in Rock und Halbschürze, aber mit blankem Oberkörper. Nichts hatte sie an, außer einem

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