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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem ägyptischen Heer im Roten Meer, durch die Sintflut … So habe ich mit ihm in einsamen schrecklichen Nächten gestritten. Ich, der Priester, mit Gott! Er wird es mich eines Tages büßen lassen … Aber sag' es selbst, Jugorow, wie sollte ich die mir anvertrauten Menschen anders schützen? Es gibt wirklich kein besseres Versteck als die Kirche …« Der Pope holte tief und seufzend Atem; dann fragte er: »Wann holst du die zwanzig Stangen Dynamit?«
    »Nächsten Sonntag, nach der Messe. Vor der Ikonostase werde ich knien.«
    »Das ist der richtige Platz«, sagte Schagin voller Sarkasmus. »Hinter der Ikonostase liegt das Dynamit …«
    Zu schnell fuhr der Jeep an Masuks Werkstatt vorbei, um zu erkennen, wer den Wagen lenkte. Masuk sah ihn nur vorbeibrausen, aber da das ein Jeep war, konnte er nur aus Nowo Gorodjina kommen, und Nasarow war es nicht, konnte es nicht sein – der tastete sich gerade mühsam in seinem Zimmer im Hospital herum.
    Durch den Mordversuch an Nasarow hatte Masuk großen Ärger bekommen, obwohl er in diesem Fall ja unschuldig war. Als die Nachricht von dem Attentat Lebedewka erreichte, waren nämlich Korolew, Goldanski und Rudenko in seiner Werkstatt erschienen und mit Schimpfen, Flüchen und Beschuldigungen über ihn hergefallen.
    »Ein Verrückter bist du!« hatte Korolew gebrüllt. »Wert, daß man dich einsperrt.«
    Und Goldanski hatte geschrien: »Zieht hier seinen Privatkrieg auf! Wegen Svetlana Victorowna! Welche Heuchelei! Ist ihm doch recht, wenn sie nicht wiederkommt.«
    Und Rudenko fuchtelte mit hochrotem Kopf: »Mit einem Messer! In den Rücken! Und dann noch daneben! Geht's noch idiotischer?! Jedes Hämmerchen aus deiner Schmiede wäre besser gewesen.«
    Masuk hatte schweigend an seinem Schmiedeofen gelehnt und die Genossen sich austoben lassen. Als sie Luft holten, um ihn weiter mit Flüchen zu überschütten, hatte er gefragt: »Wovon sprecht ihr eigentlich? Ich soll etwas getan haben? Was?«
    »Nasarow wolltest du umbringen, du Idiot!« schrie Goldanski von neuem los. »Jetzt werden unsere Häuser brennen!«
    »Wer hat Nasarow umgebracht?«
    »Jetzt fragt er auch noch!« stöhnte Korolew auf.
    »Spielt den Unschuldigen!« brüllte Rudenko.
    »Nasarow? Seit damals habe ich ihn nie mehr gesehen …«
    »Nur gestern abend, zufällig, ein dämliches Messerchen in der Hand … Wirft es auch noch …«
    »Geht nach Hause!« hatte Masuk da gesagt. »Steckt alle die Köpfe in kaltes Wasser. Gestern abend war ich bei Schagin, hab Schach gespielt mit ihm. Fragt ihn doch. Kyrill Vadimowitsch wird euch ebenfalls raten, den Kopf mit kaltem Wasser zu begießen …«
    So kam es, daß Korolew, Goldanski und Rudenko nach einer Stunde zur Schmiede zurückkehrten, Masuk umringten und im schönen Chor sagten: »Ein Irrtum war's, Lew Andrejewitsch. Ein Irrtum. Wir bitten um Verzeihung.«
    Und Masuk hatte geantwortet: »Wäre ich nicht ein so friedlicher Mensch« – bei diesen Worten verdrehte Korolew die Augen – »schlüge ich jetzt euch mit meinem Hämmerchen …«
    Daran erinnerte sich Masuk in dem Bruchteil der Sekunde, in der er noch das Hinterteil des vorbeirasenden Jeeps wahrnahm. Also nicht Nasarow. Unmöglich war das. Aber Jugorow … Jugorow konnte es sein! Und wohin will ein Jugorow, wenn er das Dorf verläßt? Weg fährt von der Straße, nach rechts, durch die Büsche, zu den Sümpfen, zum See? Zum Schwarzen Haus fährt er, zu Soja Gamsatowna!
    Himmel, verdunkle dich! Gott, schlag die Hände vors Gesicht! Verderbt mir nicht diese Stunde … kein Mensch bin ich mehr, kein Mensch. Zu euch gehöre ich nicht mehr.
    Er warf sein Werkzeug hin, verließ die Werkstatt, gab keine Antwort, als sein Lehrling Awdej Grigorijewitsch Korolew, der Enkel des Alten, ihm nachrief, wohin er gehe; wusch im Haus den Ruß und Eisenstaub von den Händen und vom Gesicht, zog eine braune Hose und eine Lederjacke an, holte das Gewehr aus dem Versteck, lief in den Stall, sattelte sein Pferd, stieg auf und ritt von seinem Haus aus quer durch die Felder und dann durch den Wald zum See und zu den Sümpfen. Der kürzere Weg war's, der, auf dem er immer zu Soja geschlichen war und auf dem ihm niemand folgen konnte, denn für jeden Unwissenden endete der Pfad im Sumpf. Nur Masuk wußte, wo man mit einem Pferd weiterkam, wo sich unter der Wasseroberfläche nicht grundloses Moor, sondern ein schmaler fester Weg hinzog.
    Diesmal verfehle ich ihn nicht, dachte er, kühl bis ins Mark hinein. Diesmal nicht. Die

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