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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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waren das schöne Pläne. Pläne, die man greifen konnte, keine Phantasien mehr …«
    »Und wo bist du gelandet, Walja Borisowna? Am Tobol. In den Wäldern und Sümpfen. In der einsamsten Einsamkeit. In einem Baubrigadenlager. Auch nur das Töchterchen ihres Vaters wie ich. Ist's da ein großer Unterschied: Ich trockne Fische – du siehst einem Kerl mit Halsschmerzen in den Rachen. Ich pflücke Bohnen – und du verschreibst Abführmittel. Ich pflüge das kleine Maisfeld – und du schneidest einen Furunkel auf. Ich hatte Masuk für die Einsamkeit – bei dir ist's Igor. Begreifst du's jetzt: Um unser Leben hat man uns betrogen.«
    »Jederzeit kann ich zurück nach Tobolsk, Swerdlowsk, Perm, Moskau oder Leningrad … wohin ich will!«
    »Und warum bist du in Nowo Gorodjina?« Und als Walja schwieg, fügte sie hinzu: »Wie ähnlich sind wir, Walja Borisowna! Nur mehr Glück hast du … du hast Igor Michailowitsch, und ich nur das Kind von einem Scheusal.«
    »Jugorow … nach dieser einen Nacht ist er nie wieder heimlich zu dir gekommen?«
    »Hin und her gebracht habe ich ihn, mit dem Motorrad. Von dir hat er mir erzählt, das war alles. Nur von dir erzählt. Ich konnte deinen Namen nicht mehr hören!«
    »Belogen hat er mich. Belogen.« Sie senkte den Kopf, aber nicht, weil ihr die Tränen kamen, sondern weil sie hätte jubeln können und das jetzt unterdrücken mußte. »Zu Soja geh' ich jetzt, hat er gesagt, ein paarmal. Ich habe es geglaubt. Den Tod hab ich dir gewünscht … Belügt mich …«
    »Um Eifersucht in dir zu wecken. Eifersucht als Beweis der Liebe. Bei mir war's anders: Um Masuk loszuwerden, hab' ich erfunden, daß Igor bei mir schläft …« Sie lachte laut, legte den Arm um Walja und schüttelte sich vor Vergnügen. »Er glaubt es, so wie du es geglaubt hast. Wir sind ja Schwestern, Walja, Schwestern … lügen und werden belogen und alles mit einem Mann! Nein, ist das lustig und verrückt!«
    Wer hätte das erwartet! Nicht an den Haaren zogen sie sich, wie man gedacht hatte; beschimpften sich nicht und prügelten nicht aufeinander los – nein, sie küßten sich. Soja holte eine Flasche Birkenwein, und auf Jugorow stießen sie an, auf ihre Freundschaft, und Walja sagte:
    »Wenn's soweit ist – das Kind hole ich, Soja. Kommst zu mir ins Hospital.«
    »Du siehst es ja zuerst. Wenn's Masuk ähnlich ist, wirf es weg …«
    Mit einem langen Blick betrachtete Walja die fröhliche Soja. Trinkt Wein, lacht und scherzt und sagt solche Dinge. Das Kind ist ein Stück von mir … so klang's doch noch vor einer halben Stunde. Und jetzt redet sie vom Wegwerfen. Wie ist sie wirklich, diese Soja Gamsatowna? Und wieder waren es ihre kalten blauen Augen, die Walja schaudern ließen. Augen, die immer gleich blieben – beim Lachen, in der Trauer, bei Wut und Enttäuschung und wahrscheinlich auch bei der Liebe. Nein, nicht wahrscheinlich. Sicher sogar! Augen von rätselhafter Unergründlichkeit.
    »Du fährst zurück ins Lager?« fragte Soja.
    »Jugorow hole ich in Lebedewka ab, bei Korolew ist er … ja, und dann zurück ins Lager.«
    »Nimmst du mich mit zu Korolew?«
    Ein mißtrauischer Blick traf Soja. »Um Igor zu sehen?«
    »Nein, um Masuk Ärger zu bereiten. Alles, was vom Lager kommt, ist für ihn Feind.«
    »Ein Pferd hat er?«
    »Ein gutes, starkes, schnelles. Das beste im ganzen Dorf.«
    »Dann war er es. Einwandfrei. Auf Jugorow hat er geschossen … bei den ›Zehn Sängern‹.«
    »Masuk? Geschossen auf Igor Michailowitsch?« Soja sprang auf, als habe der Schuß ihr gegolten. »Das ist nicht wahr!«
    »Ich war dabei.«
    »Er schießt auf Igor …« Sie preßte die Fäuste an den Mund, und zum erstenmal veränderten sich ihre blauen Augen. Sie glitzerten. »Töten will er ihn?! Meinetwegen?! Walja … ich … ich treibe Igor in den Tod … Bei mir schläft er, habe ich gesagt … aber wahr ist's nicht.«
    »Das weiß ich jetzt.« Auch Walja war aufgesprungen. Kalt lief es ihr durch den Körper, gefolgt von einem heißen Schauer. »Mit Masuk werde ich reden, sofort. Nachher, bevor ich Jugorow abhole von Korolew.«
    »Er wird's nie glauben, Walja.«
    »Er muß es glauben, wenn ich ihm sage, daß …«
    »Du kommst vom Lager, du bist ein Feind«, unterbrach Soja sie. »Kennst ihn doch. Hast ihm Grüße überbracht von Svetlana Victorowna, und wie hat er reagiert? Was hat er geantwortet? Denk nach. Ist er nicht wie ein knurrender Wolf?«
    »Laß uns fahren, Soja!« Walja lief zur Tür, unruhig, getrieben

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