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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte er zweimal – wann war ihm das je widerfahren? Aber was soll's? Ein Kind werden wir haben, Soja! So dachte er. Ein zweites Leben beginne ich trotz meiner fünfzig Jahre; ein junges Leben, das mich mitreißt und nicht altern läßt; ein Jungbrunnen wird es sein. In Sojas Armen vergißt man die Jahre …
    Jetzt aber war Jugorow bei ihr! Den Jeep hatte er erkannt, keinen Zweifel gab es mehr. Verstehen muß man mich, dachte Masuk, als er langsam, vorsichtig, über die unter der Wasseroberfläche liegenden geheimen Pfade durch den Sumpf ritt. Das Leben will man mir nehmen, mein zweites Leben mit Soja Gamsatowna … Notwehr ist's, liebe Freunde, eine Lebensrettung. Darf man sich nicht mehr wehren, wenn man vernichtet werden soll? Und er, Jugorow, vernichtet mich. Er nimmt mir Soja weg …
    Und was Jugorow selbst betraf, so hatte er Korolew sofort verlassen, nachdem man einig geworden war darüber, daß ihm in einer Woche aus dem Sprengstofflager in der Kirche, hinter der Ikonostase, zwanzig Stangen Dynamit übergeben werden sollten.
    »Wann wird es geschehen?« hatte Schagin noch gefragt.
    »In der Nacht, wenn niemand in den Magazinen ist.«
    »Und falls sie Wachen aufgestellt haben?«
    »Ich werde eine Lösung finden, Väterchen Schagin. Irgendwie. Ich töte keinen Menschen hinterrücks, keinen Ahnungslosen.«
    »Mit der Moral gewinnt man keine Kriege!« hatte Korolew ausgerufen, aber Schagin hatte sofort ein Kreuz geschlagen und gesagt:
    »Wir hatten schon mal einen Krieg … den Großen Vaterländischen … er kostete Rußland zwanzig Millionen Tote … zehn Prozent aller Russen …«
    »Aber gewonnen haben wir ihn!« schrie Korolew.
    »Gegen die Faschisten. Hier aber stehen Brüder gegen Brüder. Willst du ein Kain sein, Grigori Valentinowitsch?«
    »Mit einem Popen kann man nicht vernünftig reden«, hatte Korolew geknurrt und sich in die Ecke gesetzt. Dort verharrte er wortlos, bis Jugorow sein Haus verlassen hatte.
    Mit weit ausholenden Schritten war Jugorow ein Stück die Straße hinunter und dann zur Seite in den Wald hinein gelaufen. Überraschen will ich Walja und Soja, dachte er und freute sich über ihre erstaunten oder betroffenen Gesichter. Plötzlich stehe ich da und sage: »Bringt mir einen Hocker. Schnell, ganz schnell … Soviel Schönheit auf einmal macht die Knie schwach.«
    Jugorow lief also durch den Wald und dann in einem Bogen zum Sumpf. Er kannte diesen Weg, war ihn damals gegangen, als er am See plötzlich vor der badenden Soja aufgetaucht war. Auch das Stück vom See bis zum Schwarzen Haus hatte er genau behalten; so führte ihn Soja damals über den trügerischen Untergrund. Der kürzere Weg war es von Lebedewka aus. Die Wege, die ein Jeep fahren konnte, waren länger, weil sie in einem Bogen zur Lichtung führten.
    Jugorow erreichte den See und blickte, in der Erinnerung lächelnd, auf die Stelle, an der Soja gebadet hatte … ein nackter, wunderschöner Körper im vollen Abendlicht, von Tausenden glitzernder Wassertropfen überzogen, die wie Brillanten schimmerten … soll man das vergessen, Waljas wegen? Wie könnte man ein solches Bild vergessen?
    Der folgende Weg vom See durch ein Sumpfstück bis zum Schwarzen Haus war kurz. Kurz und gefährlich, denn jeder Fremde versank unweigerlich auf dieser Strecke. Hierhin waren auch Trofimow und Soja geflüchtet, als Nasarows Soldaten das Dorf besetzten … Es gab keinen sichereren Ort weit und breit. Vorsichtig, tastend, durchquerte Jugorow den Sumpf, hörte abseits Geräusche, die er sich nicht erklären konnte – Masuk war's mit seinem Pferd, auf einem geheimen Pfad – und trat dann aufatmend auf festen Boden, in das Wäldchen, auf dessen Lichtung das Schwarze Haus stand.
    Gleichzeitig mit Masuk kam er ins Freie. Sie sahen sich sofort, und jeder wußte: Jetzt wird's entschieden. Nur ein Vorwärts gab es noch, kein Zurück.
    Masuk stieg aus dem Sattel, sprang auf die Erde und holte sein Gewehr aus der Sattelschlinge. Breitbeinig stand er da, mit einem finsteren Gesicht, seit Tagen unrasiert. Eine Wildnis schwarzer Haare war's, in der das Grau schimmerte.
    Sieh in den Spiegel, hatte ihn Svetlana angeschrien. Blick doch hinein. Ein alter, grauer Bock bist du. Grau! Grau! Warte nur, du wirst's noch erleben: Bald wird ein junges Böckchen kommen und auf dein Hürchen springen …
    Nun war es da, das junge Böckchen, kam vom See. Was da am See geschehen war – wie genau man das weiß!
    Masuk holte tief und röchelnd Atem und starrte unter

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