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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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seiner Jugend; er lachte und scherzte und trieb's im Bett stundenlang mit mir, bis keiner von uns mehr einen Atem hatte … Da verzieh ich ihm alles.« Svetlana lächelte traurig. »Sind wir dämlichen Weiber nicht so, Soja?«
    »Wir sollten uns selbst schlagen wegen unserer Dummheit – aber wer kann das, wenn uns ein Mann umarmt?« Soja Gamsatowna faltete die Hände im Schoß. »Nun ist Masuk nicht mehr da.«
    »Und hinterläßt zwei Witwen.« Svetlana sagte es ohne Groll oder Anklage. Gut tat es ihr, mit Soja, die sie früher mit Jauchzen im Sumpf ertränkt hätte, über das zu sprechen, was ihr Leben mit Masuk gewesen war. Eigentlich ein normales hartes Leben im wilden Sibirien. »Er war auch stark wie zwei Männer … Wie habe ich dich gehaßt, Soja! Wie habe ich dich in den Tod geflucht. Und jetzt, wo Lew verschwunden ist wie ein Schneefleck unter der Sonne, jetzt ist es, als atmete ich freier. Verstehst du das? Ich trauere um ihn und bin gleichzeitig befreit. Er schlägt mich nicht mehr, er brüllt nicht mehr, daß einem die Ohren schmerzen, er wirft mich nicht mehr aufs Bett und fällt nicht mehr über mich her, als wolle er mich zerfleischen … Um mich herum ist es weiter geworden, ausgedehnter, vielseitiger … Verstehst du das?«
    Ja, wollte Soja sagen, ja, so ist es wirklich, aber da trat Schagin zu ihnen und stellte sich neben ihnen an die Wand. »Viel zu wenig sprechen die Menschen miteinander«, sagte er mit seiner ewigen Predigerstimme, die sich nur veränderte, wenn er diese Bauernschädel mit rauhen Worten aufspalten mußte, um Vernunft in sie hineinzupressen. »Das ist das Kreuz, das jeder mit sich trägt: Man nimmt das eigene Leben viel zu wichtig. Wie friedlich wäre unsere Welt, wenn sie miteinander reden würden, die hohen Herren in den Regierungen, die Wissenschaftler, die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer, die Männer der Wirtschaft und die Ärmsten der Armen – nur reden miteinander, ohne Ideologien, ohne Parteien, ohne Angst des einen vor dem anderen, ohne Streben nach Herrschaft auf der Welt, ohne Waffenklirren und Sanktionen … nur reden … reden von Bruder zu Bruder, von Schwester zu Schwester, und zueinander sagen: Du willst leben, ich will leben, wir alle auf dieser Erde wollen nur leben: miteinander, nicht nebeneinander. Und schon gar nicht gegeneinander! Dann würde die Welt nicht zu klein werden für uns, dann gäbe es keine Kriege und keinen Hunger mehr, dann hätten wir alle Platz in Gottes Schöpfung, Hand in Hand …« Schagin nickte, kreuzte die Arme vor der Brust und hob die Stimme. »Ach Gott, alles Scheiße ist das! Wo gibt es diese Menschen? Seit Kain und Abel schlagen sie sich tot, und jeder mißtraut jedem; im Neid baden sie sich und trocknen sich ab mit der abgezogenen Haut des Gegners. Und wenn sie jetzt alle aufschrien, dann muß man ihnen entgegenrufen: Seht euch doch um! Was habt ihr aus dieser Welt gemacht?! Zugrunde geht sie durch euch, aber einsehen wollt ihr's nicht! Keiner will schuldig sein, immer soll es der andere gewesen sein. Doch wenn dann alles zusammenkracht, sitzt ihr da und jammert und klagt an und versteht Gott nicht mehr. Dabei: Wie einfach wäre alles gewesen! Nur miteinander reden und reden und handeln aus der Einsicht, daß wir uns alle gegenseitig brauchen … Amen!« Schagin blickte Soja und Svetlana an. Sie schauten zu ihm empor, als ständen sie am Sonntag in der Messe. »Wolltest du, Svetlana Victorowna, diese Soja nicht im Sumpf ertränken?«
    »Ja, Väterchen«, antwortete sie bedrückt.
    »Und du, Soja Gamsatowna? Hast du die Wahrheit gesagt, wie's zwischen dir und Masuk war? Und was noch ist?«
    »Nein, Väterchen.« Sojas Blick begann zu flackern. Er weiß es, dachte sie, Schagin weiß alles. Hat Masuk ihm das gebeichtet? Es gab nun keine Flucht mehr in das Schweigen.
    »Dann sag es ihr, Soja.«
    »Ja, Väterchen.« Soja sah Svetlana mit einem bettelnden Blick an. »Ein Kind bekomme ich … ein Kind von Lew Andrejewitsch … Jetzt kannst du mich erwürgen.«
    »Besser wär's, ihr zieht dieses Kind gemeinsam auf«, sagte Schagin und legte seine Hände auf Svetlanas und Sojas Haupt. »Masuk hat euch etwas Herrliches hinterlassen.«
    Da nickten Svetlana und Soja, streckten die Arme aus und faßten sich an den Händen.
    »Ein Kind …«, sagte Svetlana leise.
    »Das bleibt uns von ihm.« Sojas Stimme war ebenso leise.
    »Zwei Mütter wird es haben. Wann ist es soweit, Sojanka?«
    »Im März nächsten Jahres.«
    »Um die Osterzeit.«
    »In

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