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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Krasnikow zu begraben. Wer wird es übernehmen, seine Seele zu befreien?
    So poetisch kann man über einen gewaltsamen Tod denken.
    »Wo ist Walja?« fragte Korolew nach der Minute.
    »Zurück zum Haus, um für Meteljew einen Karren zu holen. Mit Soja.«
    »Nicht nötig. Ich lege ihn über meinen Sattel!« sagte Goldanski.
    »Und wer hat Wache?«
    »Ich.« Über die Brüstung des Hochstandes beugte sich Beljakow vor. Sein Blick hätte Jugorow vergiftet, wenn es möglich gewesen wäre.
    »Wo ist Trofimow?«
    »Einen Wodka trinken.«
    »Helft mir, Brüderchen, ihn hochzuheben«, rief Goldanski. Er hatte Meteljew unter den Achseln gepackt, und Rudenko hielt seine Beine fest, aber der Tote war schwerer als man dachte und hing in der Mitte durch. Ihn über den Sattel zu werfen, war schon eine schwere Arbeit. Korolew kam zu Hilfe, und zu dritt schoben sie den Toten über Goldanskis Pferd. Kein schöner Anblick … eine Leiche, rundum mit Schlamm beschmiert; so, wie sich Meteljew im verzweifelten Kampf um sein Leben herumgewälzt hatte.
    »Sollen die Weiber ihn sehen?« fragte Goldanski und putzte seine Hände am Fell des Gäulchens ab. »Wo bringen wir ihn hin?«
    »Das wird euch Soja zeigen.« Jugorow steckte die Spezialpistole in seine Hosentasche. »Sie kennt sich aus; sie weiß, wo Menschen für alle Zeit verschwinden können.«
    Die anderen nickten, und keiner dachte in diesem Augenblick daran, daß auch Masuk spurlos verschwunden war. Goldanski führte sein Pferd am Zügel den glitschigen Pfad hinunter, Korolew und Rudenko folgten ihm, einer hinter dem anderen. Nur Schagin blieb zurück. Ihn hatte Jugorow am Ärmel festgehalten.
    »In einer Stunde komme ich zu dir«, sagte er.
    »Zur Beichte?«
    »So kann man das nicht nennen.« Jugorow lächelte schwach. »Such einen neutralen Karton. Ich brauche zehn Dynamitstäbe …«
    Gleich eine Warnung, Genossen: Geht nicht bei Noskow vorbei! Sprecht ihn nicht an, fragt ihn nicht, verdrückt euch aus seiner Nähe! Achtung, er könnte euch erwürgen, erschlagen, zertreten, was eben nur möglich ist.
    Seit zwei Stunden nämlich wartete er auf die Rückkehr von Meteljew und damit auf die Übergabe seines Fahrrades. Buscha, gebadet und nach Frische riechend, wartete bei ihm, zog einen Flunsch und glaubte es Foma Pjotrowitsch nicht, daß er sein Fahrrad ausgeliehen habe. Faul ist er, zu faul sogar für so etwas, was man sich vorgenommen hatte. O je, was pfeift er immer hohe Töne, wenn er davon spricht, und jetzt sitzt er herum, stiert in die Gegend und murmelt nur immer: »Die Nase dreh' ich ihm nach hinten. Warum hab' ich Idiot ein Fahrrad gekauft?!«
    Je weiter die Stunden wegtropften, um so düsterer wurde Noskow. Er starrte Buscha an, die geduldig, aber mit verschlossener Miene auf einem Stuhl saß und mit Marmelade gefärbtes Wasser trank … Buscha, mit ihrem Geruch nach Rosenseife, dem weiten Rock und nichts darunter, allzeit zur Stelle, liebesbereit und voller Erwartung. Aufs Bett konnte man sie legen, natürlich, das war der kürzeste und einfachste Weg – aber nicht der ungestörteste, denn Noskow kannte das: War er zu Hause, dann klopften die Freunde an seine Tür und an sein Fenster, wollten ein Spielchen machen, dumm reden über Weiber und Politik. Oder sie kamen mit Anträgen, die er der Bauleitung vorlegen sollte; wozu hatte man ihn denn schließlich zum Obmann gewählt?
    Um fünf Uhr am Nachmittag hielt es Noskow nicht mehr aus. »Ob Geologe oder nicht«, brüllte er, »in die Erde stampf ich ihn!«
    Er stürmte aus dem Zimmer, lief zu dem Haus der ›Zwillinge‹ und hieb mit der Faust gegen die Tür. Krasnikow öffnete nach einer Weile. Seit einer Stunde spielte er Schach mit Jugorow, der mit Walja zurückgekommen war, die Hunde mit einem Brei aus Gries und Kohl fütterte – zusammengebettelt bei den Bauern von Lebedewka – und einen Pappkarton ins Lager gebracht hatte, auf dem schlicht das Wort ›Kerzen‹ stand. Walja machte Visite im Hospital; neun Kranke lagen dort und warteten schon voll Sehnsucht auf die schöne Genossin Ärztin.
    »Nanu?« sagte Krasnikow erstaunt, als der stierwütige Noskow in die Wohnung stürzte. »Mein Ehrenwort: Hier ist deine Buscha nicht.«
    »Mein Fahrrad!« brüllte Noskow und schüttelte die riesigen Fäuste. »Er hat das Fahrrad noch nicht gebracht.«
    »Wer?«
    »Wer? Wer? Wer? Der Genosse Meteljew!« schrie Noskow. »Zu Mittag wollte er zurück sein. Jetzt kommt schon die Dunkelheit. In den Boden stampf ich ihn

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