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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Walja ein Gewehr an sich riß und mit den anderen aus dem Haus stürmte.
    »Meteljew«, sagte Jugorow leise, als er vor dem Toten stand. »Er hat uns gefunden.«
    »Nicht mehr.« Trofimow warf sein Gewehr auf den Rücken. »Wer löst mich ab? Einen Wodka muß ich haben … Andrej Nikolajewitsch, du gehst auf den Hochstand.«
    Beljakow nickte stumm. Sein Blick ließ das kleine Loch in Meteljews Stirn nicht los.
    »Wohin mit ihm?« fragte Trofimow wütend, weil keiner sich rührte.
    »In den Sumpf, da ist noch Platz«, antwortete Soja, ohne Walja und Jugorow anzusehen. »Wie gut, daß wir am Sumpf leben.«
    »Das hier hat er weggeworfen.« Trofimow hielt die Spezialpistole Jugorow unter die Augen. »Sag mir mal, was das sein soll.«
    Jugorow nahm die Waffe an sich, drehte sie in seinen Händen und blickte dann wieder hinunter auf den Toten.
    »Ich hab's geahnt, Meteljew«, sagte er mit etwas unsicherer Stimme. »Die GRU. Schwer wird's jetzt werden für Krasnikow. Du hast dein Spiel verloren, Babrak Awdejewitsch – ein Roulette ist immer ein Glücksspiel. Es gibt dabei keine Kugel, die man lenken kann.«
    Er wandte sich ab, wollte gehen, um Meteljew wegbringen zu lassen. In diesem Augenblick verließ Walja alle Kraft und aller Mut, sie fiel Jugorow um den Hals, schluchzte auf und küßte ihn, immer und immer wieder, über das ganze Gesicht, als sei er gerettet worden wie damals vor Masuk.
    Mit starren Augen sah ihnen der junge Beljakow zu. In seinem Herzen zersprang etwas und floß ihm durch alle Adern. Mit gesenktem Kopf stieg er die Leiter hinauf auf den Hochsitz, hockte sich auf das Sitzbrett, schlug die Hände vor sein Gesicht und begann lautlos zu weinen.
    Jugorow hatte ihm Walja gestohlen. Die erste Liebe seines Lebens.
    Verflucht seist du, Igor Michailowitsch!
    Meteljew lag noch auf dem Pfad, halb zugedeckt mit Jugorows Jacke, als Korolew, Rudenko, Goldanski und Schagin auf ihren kleinen Pferdchen den Weg hinuntergaloppierten.
    Sofort nach dem letzten Segen hatte Schagin sein Meßgewand in die Ecke geworfen und war zum Friedhof gestürzt – und wie man befürchtet hatte: Meteljew war nicht mehr da. Auch Walja und Jugorow waren schon abgefahren, und Korolew sprach aus, was alle dachten:
    »Sie wollten zu Trofimow, und er ist ihnen nach! Brüder, er darf nicht wieder zurückkommen. Wir müssen ihn festnehmen … mindestens …«
    »Mindestens!« rief Goldanski, heiser vor Aufregung. »Ich weiß, was ich tun werde!«
    »Sagt man so was in Gegenwart eines Priesters?« schrie Schagin.
    Dann hatten sie ihre Pferde geholt, trafen sich wieder auf dem Kirchplatz und ritten wie der sagenhafte wilde Taigajäger zum Schwarzen Haus.
    »Zu spät!« rief Goldanski, als sie vor Jugorow hielten und Meteljew im Schlamm liegen sahen. Von den Pferdchen sprangen sie, umringten den Toten und starrten ihn an. Das kleine runde Loch zwischen den Augen verriet ihnen sofort, was hier geschehen war. So konnte nur einer schießen im weiten Umkreis.
    »Trofimow …«, sagte Korolew wie erlöst. »Er ist Trofimow in die Arme gelaufen. Welches Glück haben wir noch einmal gehabt!«
    »Eine frevelhafte Rede vor einem Toten.« Schagin sah alle strafend an. »Lasset uns beten …«
    »Er war kein Christ. Er war ein Atheist!« sagte Rudenko störrisch. »Willst du ihn noch im Tode beleidigen?«
    »Er war ein Mensch, das genügt.« Schagin faltete die Hände. »Freunde, laßt uns …«
    »Was wollte er hier?« unterbrach ihn Goldanski. »Warum spionierte er herum?«
    »Meteljew war ein GRU-Offizier«, sagte Jugorow. Er zeigte die auf seiner Handfläche liegende Spezialpistole herum. »Das ist der Beweis.«
    »Die GRU?« Korolew mußte zweimal schlucken. Worte gibt es, die alle normalen Körperfunktionen lähmen. GRU war ein Wort, das selbst den Atem unterbrach. »Und du willst für ihn beten, Kyrill Vadimowitsch?«
    »Er bleibt ein Mensch.« Schagin schlug das Kreuz über dem Toten, faltete wieder die Hände und senkte den Kopf. »Der Haß hört auf, wenn sich die Grube öffnet. Wir beten für seine Seele, nicht für den irdischen Meteljew.«
    Eine Minute standen sie stumm und mit gesenktem Kopf vor dem Toten, und jeder dachte etwas anderes, nur nicht etwas Geistliches. Jugorow dachte an Krasnikow. Korolew fürchtete, daß das Versteck nun doch verraten sei. Goldanski und Rudenko überlegten, wo man Meteljew im Moor versenken konnte. Und selbst Schagin, der Pope, dachte, während er sein Gebet murmelte: Es wird sich nicht vermeiden lassen, auch

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