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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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als keine Bohne mehr auf der Erde lag und Masuk sich aufrichtete, gab sie nun selbst dem wiedergefüllten Korb einen mächtigen Tritt; die Bohnen spritzten in alle Richtungen, und dann lachte sie, bog sich vor Lachen und rannte schnell davon zum Haus.
    Masuk sah ihr nach mit hängenden Schultern und geballten Fäusten.
    »Teufelin …«, stammelte er. Sein Atem röchelte hohl. »Satansbraut! Erlöst wird der, der dich umbringt! Und ich bringe dich um, dich und deinen schönen Jugorow! Unmenschlich ist es, dich weiterleben zu lassen.«
    Er verließ den Garten, ging zum Dorf zurück und begegnete auf dem Feldweg Goldanski, der zum Fischen an den Fluß wollte.
    »He, Lew Andrejewitsch, wo warst du?« rief Goldanski. »Überall sucht man dich! Nachricht ist da von Svetlana Victorowna, deinem geliebten Weibchen.« Goldanski lachte meckernd, zwischen ihnen lag eine sichere Entfernung. »Die Genossin Ärztin brachte die Meldung mit. Bei Beljakow findest du sie. Gut geht es Svetlana … so schnell wirst du sie nicht los!«
    Masuk ertrug auch diesen Spott. Er ging weiter, stampfte die Dorfstraße hinunter zu Beljakows Haus.
    Svetlana Victorowna, dachte er. Eine gute Frau ist sie immer gewesen, arbeitsam und treu. Und eingetauscht habe ich sie gegen eine Teufelin, gegen einen lockenden Körper, gegen die Glut einer verrückten Leidenschaft. Den Verstand habe ich verloren; ein Mann an der Schwelle des Alters wird schnell zum Idioten in den Armen einer jungen Frau.
    Er spuckte kräftig aus – ob vor sich selbst, ob vor Soja oder vor der grausamen Wahrheit, wer kann's beurteilen? –, gab der Vorgartentür von Beljakows Haus einen Tritt und betrat das Grundstück.
    General Tjunin nahm das Versprechen, das er seinem Freund Kulpakow gegeben hatte, sehr ernst.
    Mit einem Sonderflugzeug, das ihm als Chef der Sonderkommandos jederzeit zur Verfügung stand, ließ er sich nach Gorkij bringen. Die Funkmeldung, daß Tjunin auf dem Wege sei, löste in Gorkij einen Alarm aus, als habe ein neuer Krieg begonnen.
    Etwas außerhalb von Gorkij, am Zusammenfluß von Oka und Wolga, befindet sich in einem unübersichtlichen Busch- und Waldgelände gegenüber der Einmündung des Kijasma in die Oka ein durch vier Sperriegel unüberwindbares gesichertes Gebiet, von dem nur eine Handvoll hoher Offiziere in der GRU Kenntnis haben. Ein kleiner Kasernenblock liegt dort im Wald, auch aus der Luft fast unsichtbar, sofern nicht ab und zu eine dünne Rauchwolke durch die Baumkronen in den Himmel züngelt. Sie kommt aus dem Küchenschornstein. Aber da sowieso niemand das Gebiet überfliegen darf – es sei denn, er rechnet damit, von versteckten Flakgeschützen mit selbststeuernden Granaten abgeschossen zu werden –, hatte man sich nicht bemüht, auch den Rauch unsichtbar werden zu lassen.
    Eine kleine Truppe lebte hier, abkommandiert zu einem Lehrgang, der jeweils ein halbes Jahr dauert. Nur neunzig Mann sind es pro Kurs, abwechselnd Mannschaftsgrade und junge Offiziere, ausgesucht aus allen Truppenteilen der Roten Armee von der polnischen Grenze bis nach Sachalin im fernen Sibirien – die Besten der Besten, eine Elite Sowjetrußlands.
    Das erste, was sie lernen, ist Schweigen. Noch nie hat ein Absolvent dieser Schulung über seine Ausbildung gesprochen. Auf der Einsatzliste der GRU werden sie als ›Soldaten zur besonderen Verwendung‹ (abgekürzt SPEZNAS) geführt. Spezialisten also. Was nach der Schulung bei Gorkij aus ihnen wird, hat noch niemand erfahren.
    Das zweite, was sie lernen, ist das lautlose Töten. Ist die Überwindung jeder inneren Moral, jeglicher Reue, allen Schuldgefühls; die Gewöhnung an die Vernichtung, an das bedenkenlose Töten von Menschen. Ein, wie gesagt, lautloses Töten, blitzartig, ein Töten ohne Schreck- oder Verzögerungssekunde unter Ausnutzung aller Möglichkeiten der Vernichtung von Leben.
    Nicht nur theoretisch ist diese Schulung, man praktiziert das Töten auch. Nicht an Tieren, nicht an Modellen, nicht an künstlichen Figuren … an Menschen üben sie, wie man Menschen tötet.
    Tjunins Idee war es gewesen, als ›Schulungsobjekte‹ für die Ausbildung seiner SPEZNAS zum Tode verurteilte Personen auszuwählen. Raubmörder, Großbetrüger, Sexualmörder – alle, über die ein Todesurteil gefällt worden war, kamen in die engere Wahl. Dafür hatte Tjunin einen langen Kampf mit den Zivilbehörden aufgenommen, die auf das sowjetische Strafrecht pochten und es als das beste der Welt bezeichneten, während die GRU mit

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