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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in Nowo Gorodjina und bezogen im Fertighaus von Major Nasarow Quartier. Erst hier erfuhren sie, wie ihr Sohn angeblich gestorben war. Nasarow erzählte ihnen die Geschichte von dem hinterhältigen Schützen Beljakow. Und er zeigte dem alten Kulinitsch, den er für nervenstark genug hielt, die Fotos des erschossenen Sohnes, seinen vom Schrot zerfetzten Rücken … wie konnte man treffender beweisen, daß man ihn meuchlings getötet hatte.
    »Lebt er noch?« fragte Kulinitsch mit mahlenden Backenknochen.
    »Wer?«
    »Der verfluchte Mörder!«
    »Ja, wir haben ihn. Seine Verurteilung erfolgt in den nächsten Tagen.«
    »Wo ist er?«
    »In sicherem Gewahrsam.«
    »Kann ich ihn sehen?«
    Eine harmlose Frage war's, so klang sie wenigstens. Aber Nasarow brauchte nur in Kulinitschs Augen zu blicken, um zu erkennen, woran der Vater dachte. So schnell konnte bestimmt keiner zufassen, wie Kulinitsch an Beljakows Gurgel hängen würde. Und hatte er erst seinen Hals gepackt, gab's kein Zurückreißen mehr.
    »Sie werden ihn sehen, Genosse Kulinitsch«, sagte Nasarow mit verhangener Stimme. »Ein Versprechen ist das. Aber nicht jetzt … Einen Zufall werden wir arrangieren …«
    In den letzten beiden Tagen hatte Nasarow versucht, die Geiseln durch Milde doch noch zum Sprechen zu bringen. Die nach seiner Ansicht charakterlich und nervlich Schwächste ließ er zu sich in die Kommandantur bringen: Svetlana Victorowna, Masuks Frau. Er bewirtete sie mit Kaffee und Kuchen, gab ihr zwei Wodkas zu trinken, betrachtete sie mit wirklichem Wohlwollen – denn man weiß es ja: Svetlana war ein noch gut aussehendes Weibchen –, ließ sie durch einige schweinische Witze sogar noch rot werden und streichelte ihre Knie.
    Mit steifem Rücken saß Svetlana da, bereit, laut zu schreien, falls Nasarow seine streichelnden Hände höher wandern ließ.
    »Warum macht ihr euch alles nur so schwer«, sagte er und schüttelte den Kopf. »In Ruhe wollt ihr doch leben, und ein paar Schweinehunde, ehrlose Halunken, zerstören euer schönes Leben. Wer will denn Namen hören, Genossin? Nein, nicht zu Verrätern sollt ihr werden. Nur sagen sollt ihr uns, wo die Bomben und Waffen liegen – dann könnt ihr alle wieder zurück zu euren Lieben.«
    Svetlana schwieg. Genau erkannte sie die Falle, in die sie Nasarow locken wollte. Fand er die Bomben, hatte er auch ihre Besitzer; da waren dann keine Namen mehr nötig.
    »Von Bomben weiß ich nichts«, sagte sie schließlich und atmete auf, denn Nasarow hatte sich zurückgelehnt und seine Hände von ihren Knien genommen. Jetzt wäre die Gelegenheit, Masuk um seinen Kopf zu bringen, dachte sie verbittert. Nie wieder könnte er zu Soja, dieser Hure, schleichen. Vorbei wäre alles, vorbei – aber auch für mich. Auch zu mir käme Masuk nicht mehr zurück, und alle im Dorf würden mich steinigen, schlagen, zu Tode trampeln. Was hätte das alles dann für einen Sinn gehabt?
    »Du hast noch nie eine Bombe gesehen?« fragte Nasarow spöttisch. »Weißt gar nicht, wie so etwas aussieht?«
    »Nein. Nur von Bildern.«
    »Welche Bilder?«
    »In Zeitschriften. Ab und zu bringt jemand einen Packen mit aus Tobolsk oder Tjumen. So lange Eisendinger sind es, vorne spitz …«
    »Das sind Granaten!« Nasarow sah Svetlana nachdenklich an – ein selten dämlicher Menschenschlag wächst hier in den Sümpfen, dachte er. Oder täuschen sie uns nur? Unmöglich ist's, daß keiner etwas weiß, vor ihren Augen zerreißen die Sprengungen Menschen und Material, und sie leben dahin, als habe es in ihren Sümpfen nur gegluckert.
    Nach zwei Stunden war Svetlana wieder zurück im Zelt, unversehrt, vom Wodka etwas lächerlich geworden, und wurde sofort von den anderen umringt.
    »Was war? Erzähle, Svetlana!« sagte Beljakow und rang dabei die Hände. »Was wollte Nasarow von dir?«
    Sie setzte sich auf ihr Bett, schlug die Beine übereinander und lachte blöde.
    »Die Knie hat er mir gestreichelt.«
    »Und … und weiter?« rief Marfa Jakowna aufgeregt. »Erzähl es nur, wir sind unter uns. Keiner hört's, und wir werden schweigen … Lew Andrejewitsch wird nichts erfahren.«
    »Masuk? Pah!« Sie winkte ab und umklammerte ihre angezogenen Knie. »Nichts war weiter. Wodka hat er mir gegeben. Kuchen und Kaffee. Witze hat er erzählt.«
    »Witze?« sagte Beljakow erstaunt. »Wieso Witze?«
    Svetlana Victorowna lachte wieder blöd und bog sich auf dem Bett zurück. »Hört zu«, lallte sie, »so hat er viele erzählt: Kommt ein verheirateter Mann zu

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