Sich vom Schmerz befreien
wieder auseinander ⦠Ich spüre, während die beiden ihren Rhythmus finden, wie ich dieses Rollen erlebe ⦠Angenehmer?... Ungewohnter?... Intensiver?... Harmonischer? â¦
Ich beende das Ganze nach einigen mühelosen und angenehmen Bewegungen und spüre ihm nach ⦠Ich vergleiche mein Liegen, mein Körpergefühl, meine Stimmung mit dem vom Anfang der Ãbung ⦠Ich vergleiche die beiden Arme miteinander ⦠Gab es während der Ãbung eine Veränderung im Schmerzerleben?... Habe ich darauf reagiert und eine Pause eingelegt?...
Ich komme noch einmal zurück zu dem Ort im Körper, an dem ich zu Beginn die gröÃte Spannung erlebt habe: Hat sich daran etwas geändert? Ich spüre der Ãbung nach, so lange ich möchte, und beende sie, sodass es sich gut anfühlt â¦
Nach Beendigung der Ãbung möchte ich Sie bitten, erst einmal eine Pause einzulegen, bevor Sie weiterlesen. Gehen Sie etwas umher. Seien Sie sich bewusst, dass solch eine Ãbung Ihr Gehirn, vor allem Ihr unbewusstes System ziemlich fordert. Es gibt nun viele Informationen zu verarbeiten, und so kann es sein, dass noch Reaktionen folgen, selbst wenn Sie das Gefühl haben, »doch eigentlich nicht viel getan zu haben«. Sie haben aber eine Menge getan, Sie haben mit Ihrem unbewussten System kommuniziert und sich mit Ihrer Muskelspannung auseinandergesetzt. Vielleicht ahnen Sie jetzt, dass hier ein erfahrener und einfühlsamer Therapeut wichtig ist, der diesen Prozess verantwortungsbewusst begleitet und mit dessen Hilfe Sie selbst lernen können, zu entspannen. Dabei geht es nicht um das Beherrschen von Techniken, es geht um »Lernen, sich wahrzunehmen und Spannung zu lösen«. Wenn Sie sich wieder frisch fühlen und bereit sind, können wir fortfahren.
Prinzipien verbaler Kommunikation
Die geschilderte dritte Ãbung enthält einige wichtige Aspekte der Gestaltung verbaler kommunikativer Schmerztherapie. In Kapitel 3, Seite 124 ff. f., bin ich bereits auf das Spannungsempfinden aus der Innensicht eingegangen, das hinter dem Schmerz steckt. Um es als solches erleben zu können, muss in einer schmerztherapeutischen Sitzung auch das Gefühl von Entspannung und Spannungsgleichgewicht bei gleichzeitiger Veränderung des Schmerzes bewusst werden. In einer Schmerzsituation etwa fühlt sich eine Bewegung mühsam, anstrengend, hart, unangenehm oder ruckartig an, mit einem Gefühl von Widerstand oder Reibung. Dieselbe Bewegung im Spannungsgleichgewicht - und daher schmerzfrei - wird hingegen mühelos, weich, leicht, flieÃend, rund und angenehm erlebt, entsprechend sind auch Atem und Gedanken entspannt. Es finden sich noch viele weitere, individuelle Beschreibungen, an denen
sich verschiedene Methoden und Ãbungen orientieren, da so der (unbewusste) Lerneffekt optimiert wird.
Dahinter steckt die im letzten Kapitel erörterte Erkenntnis, dass die Sensibilität für die eigene Muskelaktivität bei geringer Spannung gröÃer ist (siehe S. 124 ff.). Ein wichtiger Punkt ist also, während des Ãbens selbst einen unangenehmen Schmerz zu vermeiden. Diese Selbstachtung fehlt häufig. Die meisten Menschen haben im Laufe ihres Lebens gelernt, den Schmerz zu ignorieren, ihn zu überwinden. Nach wie vor gibt es in der, wie ich es nenne, »mechanischen« Schmerztherapie die Einstellung, eine Behandlung müsse in den Schmerz hineinarbeiten, um wirksam zu sein.
Hier werden wieder die beiden unterschiedlichen Definitionen von Therapie und Therapieerfolg deutlich. Nach dem Maschinenmodell ist eine Behandlung gut, die den Schmerz möglichst unmittelbar beseitigt. Das gelingt durch eine schmerzhafte Behandlung durchaus, da sie für den Organismus eine Belastung darstellt, auf die er mit Stress (Gegenspannung) reagiert. Dies bedeutet unter anderem, dass er vermehrt bestimmte Stoffe ausschüttet (sogenannte »Endorphine«), die den Schmerz vorübergehend betäuben - aber eben nur vorübergehend. Auch eine kommunikative Schmerzbehandlung hat möglicherweise eine Schmerzreaktion zur Folge. Dies kann sich in stärkerer oder geringerer Schmerzintensität äuÃern, oder aber in einer Veränderung des Schmerzes, der dann als andere Art oder an einem anderen Ort erlebt wird, wie wir das bei Herrn M. gesehen haben (siehe S. 115 f.). Dabei handelt es sich sozusagen um eine therapeutische Reaktion, sie ist jedoch vorübergehend und
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