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Sich vom Schmerz befreien

Titel: Sich vom Schmerz befreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Weitzer
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Asthmatiker sozusagen wieder »atmen lernen«, also die Steuerungsvorgänge harmonisieren. Die Atmung bietet deshalb eine vorzügliche Möglichkeit, um sich über willentliches Bewegen mit unbewussten Vorgängen und Spannungen auseinanderzusetzen, um dem System wieder ins Gleichgewicht zu verhelfen.
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    Neben der Atmung gibt es noch sehr viel »unbewusstere« Rhythmen, über die manuell kommuniziert werden kann. Sie zeigen sich an unterschiedlichen Stellen im Muskel-Bindegewebe-System. Diese Vorgänge finden in unserer Medizin und Schmerztherapie erst allmählich Beachtung. Da sie nicht »erklärt« werden können, gibt es »offiziell« noch keinen Platz dafür. Auch nicht in der Schmerztherapie. Sie führen trotz zunehmender Bekanntheit ein Schattendasein als »alternative Methoden« und können (meist) nicht integriert werden. Doch die erwähnten Rhythmen sind sehr viel subtiler als die Atmung. Es braucht enorm viel »Fingerspitzengefühl«, Geduld und Übung, um sie überhaupt zu ertasten, vor allem aber, um über
sie kommunizieren zu lernen. Viele von diesen Prozessen bzw. Methoden werden im naturwissenschaftlichen Weltbild manchmal sogar als »esoterischer Unsinn« abgelehnt bzw. ihre Wirkung bestenfalls als »Placebo« interpretiert. Dabei gibt es diesbezüglich durchaus Forschungsbemühungen und man versucht, diese Vorgänge zu messen und therapeutisch zu nutzen.
    Ein Fachbegriff hierfür ist »Biofeedback« (siehe auch Kap. 1, S. 54 f.). Dabei wird beispielsweise eine bestimmte Muskelspannung mit Hilfe eines EMG-Gerätes (EMG = Elektromyografie) gemessen und als Ton rückgemeldet. Bei einem hohen Spannungswert ist dieser schrill und unangenehm, und er wird ruhiger und angenehmer, wenn er sinkt. Auf diese Weise kann man lernen, durch bestimmte Entspannungsübungen den Ton positiv zu beeinflussen und somit eine unbewusste Muskelspannung willentlich zu lösen.
    Biofeedback-Behandlungen findet man durchaus auch innerhalb der Schmerztherapie, jedoch sind sie noch längst nicht Standard. Das Problem liegt auch hier wiederum in der naturwissenschaftlichen Denkweise, das heißt in der Beschränkung auf einen definierten, elektrischen Spannungsvorgang in der Muskulatur. Muskelspannung beinhaltet jedoch viele weitere neurologische, auch biochemische Prozesse, die dabei nicht erfasst werden. Diese Vorgehensweise wird somit der Individualität, Komplexität und Unvorhersagbarkeit des lebenden Organismus nicht gerecht. Über seine Hände hat ein Therapeut sehr viel mehr Möglichkeiten, sich auf die individuelle Muskelspannung des Patienten einzustellen, indem er die Art des Berührens, seine Qualität, die Behandlungstechnik und Methode entsprechend gestaltet - indem er also die »Sprache« des Patienten erkennt und versucht, eine gemeinsame Sprache zu finden. Über dieses »manuelle Biofeedback« kann er also den Prozess Schmerz therapeutisch begleiten und dem Organismus helfen, ins Gleichgewicht zu finden.

    Stellvertretend für Methoden, die über derartige Körperrhythmen kommunizieren, möchte ich Ihnen die »Craniosacral-Therapie« vorstellen, die untrennbar mit dem Namen des Chirurgen und Osteopathen John Upledger verbunden ist. Er erforschte den sogenannten »craniosacralen Rhythmus« und seinen Zusammenhang mit Krankheiten und Schmerzen. Hierbei handelt es sich um einen Rhythmus, der auf einer sehr »tiefen« und unbewussten Ebene des Nervensystems stattfindet. Wie muss man ihn sich vorstellen? Zwischen Gehirn bzw. Rückenmark und der sie umgebenden Bindegewebshülle befindet sich eine Flüssigkeit, der sogenannte »Liquor«. Er besitzt eine Schutz- und Dämpfungsfunktion und ist wichtig für die Versorgung des Nervensystems mit Nährstoffen. Diese Flüssigkeit wird ständig produziert, wodurch sich der Druck auf das Gehirn erhöht. Wie bei einem Ȇberdruckventil« fließt bei einer bestimmten Menge ein Teil wieder ab und wird abgebaut. Die Menge nimmt also fortwährend zu und wieder ab. Dadurch dehnt sich auch die Bindegewebshülle aus und zieht sich danach zusammen - beim Menschen etwa sechs- bis zwölfmal pro Minute. Unmittelbar überträgt sich diese Bewegung auf die Knochenplatten, die den Schädel (Cranium) bilden, sowie auf die Knochenbereiche um die Wirbelsäule, vor allem auf das Kreuzbein (Sacrum).
    An diesen Stellen

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