Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sich vom Schmerz befreien

Titel: Sich vom Schmerz befreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Weitzer
Vom Netzwerk:
weiß nicht, bewegen Sie mich oder bewege ich Sie?« Probieren Sie es selbst einmal aus. Ich lade Sie zu folgender Übung ein:

    Kommunikative Berührung
    Bitten Sie einen Familienangehörigen oder Freund, sich bequem auf den Rücken zu legen, um sich einen Moment auszuruhen - vielleicht auf einem Sofa. Setzen Sie sich neben ihn und legen Sie eine Hand auf seine Brust, die andere auf seinen Bauch. Nur einfach entspannt und liebevoll ablegen und den Atemrhythmus erspüren, also wahrnehmen, wie Ihre Hände durch die Atembewegung Ihres Freundes bewegt werden - ein sanftes Heben und Senken. Nichts willentlich tun, nichts erreichen wollen, nur spüren. Sorgen Sie dafür, dass Sie sich wohlfühlen, und versuchen Sie dabei, selbst so gut es geht zu entspannen. Oft erfolgt nach einigen Atemzügen ein tiefes Durchatmen, wie ein »Loslassen«, und die Atmung wird bei beiden ruhiger, tiefer und gleichmäßiger - ein Ausdruck von Entspannung.
Methoden
    Kommen wir also zur zweiten Frage von Seite 154 und sehen uns diese manuelle Kommunikation mit unbewussten Ebenen der Muskelspannung anhand einiger Methoden etwas genauer an. Bei der Schmerztherapie haben sich für mich drei »Sprachen« bzw. Zugangswege als nützlich erwiesen, die darin in unterschiedlichem Ausmaß verwendet werden. Den ersten haben Sie eben kennengelernt, die Kommunikation über Körperrhythmen . Die modernen Neurowissenschaften beginnen immer mehr zu erkennen, dass Rhythmus das Organisationsprinzip des Lebens ist. Die Steuerung aller Lebensvorgänge durch unser Nervensystem erfolgt rhythmisch. Rhythmus
zeigt sich in allen Funktionen des Organismus. Dadurch werden alle Lebensvorgänge aufeinander sowie auf die Rhythmen der Natur abgestimmt. (Ein Beispiel hierfür ist der Wach-Schlaf-Rhythmus in Anpassung an den Wechsel von Tag und Nacht.) Biorhythmen besitzen unterschiedliche Frequenzen und Geschwindigkeiten.
    Man kann einen lebenden Organismus auch als ein individuelles System aus ineinandergreifenden »inneren Uhren« mit unterschiedlichen Rhythmen begreifen. Dabei reichen die Frequenzen von Millisekunden und Sekunden (beispielsweise der Zyklus, in dem Neuronen feuern, der Herzschlag oder die Atmung) über Minuten und Stunden (wie der Wach-Schlaf-Rhythmus oder der Wechsel der körperlichen Leistungsfähigkeit) bis hin zu Rhythmen, die sich über mehrere Tage, Monate oder gar Jahre erstrecken. Ein offensichtliches Beispiel hierfür ist der monatliche Rhythmus bei der Menstruation.
    Störungen im Zusammenspiel dieser Rhythmen bedeuten in unserem Verständnis Spannung und sind die Basis für die Entstehung von Krankheiten - Krankheit als Rhythmusstörung. In Kapitel 1 habe ich Muskelaktivität als Grundlage aller körperlichen und psychischen Verhaltensprozesse des Nervensystems beschrieben. Vor allem die Vorgänge auf den niederen Ebenen des Nervensystems, dem »Reptiliengehirn«, treten mehr oder weniger deutlich rhythmisch in Erscheinung. Auf ihnen basiert folglich unser bewusstes Verhalten und die willkürliche Muskelaktivität (siehe Kap. 3). Körperrhythmen sind also ebenfalls an Muskelspannung beteiligt, spielen nach dem Spannungsmodell eine Rolle beim Schmerz und können zur therapeutischen Kommunikation verwendet werden.
    Um den offensichtlichsten dieser Bewegungsrhythmen, die Atmung , ging es in der letzten Übung. In ihr kommt Spannung unmittelbar zum Ausdruck, hier zeigen sich körperliche Belastungen, Gedanken und Gefühle; hier treffen bewusstes und
unbewusstes Verhalten direkt aufeinander. Um das Atmen muss man sich einerseits nicht willentlich kümmern, dafür sind unbewusste Bereiche des Nervensystems zuständig, die das Zwerchfell steuern. Andererseits zeigen sich auch Aktivitäten des limbischen Systems, also Emotionen, sowie der Großhirnrinde unmittelbar in der Atmung, wenn sie beispielsweise bei Angst »stockt« oder wenn bei körperlicher Anstrengung sogenannte »Atemhilfsmuskeln« (z.B. Bauch-, Rücken- und Zwischenrippenmuskeln) aktiviert werden, um die Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. Und man kann die Atmung sogar willentlich steuern und die Luft anhalten. Im Atmen wird das Zusammenspiel des gesamten Nervensystems zur Verhaltenssteuerung, und damit auch Spannung, besonders deutlich.
    Jede Krankheit zeigt sich im Atmen, das Atemsystem selbst kann erkranken. Aus einer Spannungsperspektive betrachtet, muss ein

Weitere Kostenlose Bücher