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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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mit einem Geist kommunizierte. Es fiel ihm schwer, aber er musste für den Moment einfach alles über Bord werfen, woran er jemals geglaubt hatte.
    Nach allem, was in den letzten Wochen geschehen war und in Anbetracht der Ungereimtheiten in diesem Kriminalfall   – wie zum Beispiel die Flucht Rouvens, die von keiner einzigen Kamera aufgenommen worden war   – erleichterte es Mayers anzunehmen, dass hier ein paar Dinge geschahen, die er sich mit seinem gesunden Verstand nicht erklären konnte.
    Mit einem Mal musste er an Rouven denken. An den Moment, als sie dem Jungen im ersten Verhör Tabithas Foto gezeigt und ihm erklärt hatten, dass sie gestorben war. Nun konnte Mayers die heftige Reaktion von Rouven sehr gut nachvollziehen. In diesem Moment musste dem Jungen klar geworden sein, dass er es mit einem Geist zu tun hatte.
    Tallwitz riss seinen Kollegen aus den Gedanken. Er las, was Tabitha auf der PC -Tastatur weiterschrieb: »Sie müssen Rouven beschützen. Sie müssen uns helfen.«
    »Wie denn?«, fragte Mayers in die Luft. »Was können wir tun?«
    Nichts geschah. Die Tasten blieben unbewegt.
    Tabitha dachte nach. Sie wusste nicht, was die Beamten tun konnten. Sie wusste nur, dass die beiden etwas tun mussten. Jetzt. Tabitha litt fürchterliche Angst um Rouven. Alles, was sie bisher erlebt hatte, ließ sie erzittern und   …
    »Hallo?«, unterbrach Mayers ihre Gedanken. »Bist du noch da?« Er streckte eine Hand über der Tastatur aus, um Tabitha vielleicht erfühlen zu können. Und tatsächlich kam er ihr auch nahe, doch seine Hand glitt durch Tabithas Arm unbemerkt hindurch.
    Tabitha hätte heulen können. Vor allem verstand sie nicht, warum sie Gegenstände berühren und bewegen konnte, sie aber für alle Menschen wie Luft war. Dieser Zustand des Untoten schien seine eigenen Regeln und Gesetze zu haben. Gesetze, die Tabitha nicht verstand und die ihr nicht logisch erschienen.
    »Bist du noch hier?«, hakte Mayers erneut nach.
    Tabitha stellte sich wieder vor die Tastatur. »Ich weiß nicht, wie Sie helfen können. Doch ohne Sie ist Rouven verloren.«
    Mayers nickte. »Vielleicht sollten wir erst einmal zu ihm gehen«, schlug er vor. »Tabitha, finden wir ihn in dem alten Wasserwerk im Park?«
    »Vielleicht«, schrieb Tabitha in den PC . »Ich hoffe, dass er dort ist.«
    »Dann sollten wir nachsehen. Bist du einverstanden?«
    Ein »Ja« erschien auf dem Monitor.
    »Dann lasst uns gehen«, entschied Mayers. Er sprang auf, schnappte sich seine Jacke und eilte zur Tür, erleichtert, endlich dieser unheimlichen Situation zu entgehen.
    Auch Tallwitz eilte sich, doch plötzlich gab es einen lauten Knall. Mayers Stiftetasse lag zerbrochen auf dem Boden.
    Tabitha stand daneben und kochte vor Wut.
    »Warum hast du das gemacht?«, fragte Mayers in den scheinbar leeren Raum. Er ging zurück zum Monitor und las die Nachricht, die Tabitha ihm gerade schrieb.
    »Ich bin vielleicht ein Geist, aber ich bin nicht bescheuert. Mein Verstand hat sich nicht in Luft aufgelöst. Bitte keine Tricks.«
    Mayers staunte beeindruckt. Und das war nicht gespielt. »Kompliment, Tabitha«, sagte er. »Du bist clever.«
    Er griff nach dem Telefon, hob einen Teil des zerbrochenen Hörers auf, seufzte und legte ihn wieder zurück. Dann fischte er das Handy aus der Hosentasche und wählte eine Nummer.
    »Mayers hier«, sagte er. »Die Jungs vom Sondereinsatzkommando werden doch erst einmal nicht benötigt.«
    Tallwitz stand an der Tür und pfiff anerkennend durch die Zähne. »Junge, Junge«, gab er von sich. »Ihr beiden überrascht mich. Tabitha   – du überraschst mich, dass du Mayers’ Trick durchschaut hast. Und du Mayers, weil du diesen Trick anwenden wolltest. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was Tabitha geschrieben hat, dann wird uns Rouven keinen Ärger machen.«
    Tabitha strahlte über das Gesicht. Sie freute sich, dass wenigstens Tallwitz die Lage richtig einschätzte.
    »Ja, ist ja schon gut«, knurrte Mayers. »Dass ich das SEK einfach nur vergessen habe, das glaubt mir wohl keiner, oder?«
    »Ich nicht«, lachte Tallwitz.
    »Ich auch nicht«, schrieb Tabitha in den PC , doch die beiden Männer waren bereits durch die Tür. Mit einem Blick auf das Chaos, das sie als »Poltergeist« verursacht hatte, huschte Tabitha ihnen nach.
    Vor dem Ausgang blieb Mayers stehen. Er blickte in das Pförtnerbüro. Auf die Überwachungsmonitore dort. Einer der Bildschirme, der das Bild der Innenkamera wiedergab, zeigte ihn und

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