Sicherheitsfaktor III
ich seit Rom nicht mehr gesehen hatte. Er kommentierte Relings Verhalten mit den Worten:
»Manchmal erkennen reuevoll auch die Mächtigen dieser Welt, daß sie in der Behandlung ihrer Mitmenschen einen Schritt zu weit gegangen sind.«
Woraufhin der Alte die ausgestreckte Hand, mit der er mich begrüßen wollte, sofort zurückzog, sich scharf umwandte und Hannibal anbellte:
»Und manchmal entdecken die Vorlauten dieser Welt schmerzhaft, daß sie ihr verdammtes Mundwerk einmal zu oft geöffnet haben!«
Hier war dicke Luft! Ich nahm mir vor, mich in acht zu nehmen. Reling wies wortlos auf einen Sessel. Ich machte es mir nicht sonderlich bequem. Die Atmosphäre roch nicht nach Bequemlichkeit.
»Wir sind soweit, Konnat«, begann der Alte. »Man wird Sie in den nächsten Stunden auch äußerlich in Oberstleutnant Wang Tse Liao verwandeln. Sobald die Metamorphose abgeschlossen ist, möchte ich, daß Sie sich auf den Weg nach Hsinchin machen. Man erwartet Sie dort.«
Ich schloß einen Atemzug lang die Augen und rief mir das Gelernte ins Gedächtnis zurück. Der echte Oberstleutnant Wang Tse Liao wußte noch nichts von seinem Schicksal, aber er würde in wenigen Stunden bei einem Hubschrauberflug über der chinesischen Küste in der Korea-Bucht vorgelagerten Inseln abstürzen. Der Absturz würde einigermaßen glimpflich verlaufen. Wang Tse Liao kam mit ein paar Prellungen und Abschürfungen davon. Auch sein Pilot würde den Absturz überleben, allerdings vorläufig von ihm getrennt werden. Denn während es Wang Tse Liao gelang, das Schlauchboot des Hubschraubers flottzumachen, wurde der Pilot von einer Welle fortgespült und erreichte schwimmend das Ufer in unmittelbarer Nähe der Stadt Hsinchin. Wang dagegen kam mit dem Schlauchboot nur bis zu einer Klippe. Dort wurde das Schlauchboot beschädigt, und um nicht mit ihm unterzugehen, mußte er auf das Riff hinaufklettern – ohne sonderliche Besorgnis, denn er wußte, daß man bald nach ihm Ausschau halten würde.
All das sollte erst noch geschehen, aber mir standen die Ereignisse so deutlich vor Augen, als hätte ich sie bereits hinter mir. Sie waren das Ergebnis der zweitägigen Behandlung. Wehe mir, wenn die Aktion unserer Sonderagenten nicht bis ins letzte Detail so ablief, wie es mir eingetrichtert worden war: Ich würde mich unweigerlich verraten!
Relings Stimme drang in meine Gedanken.
»Sie wissen, daß diese Aufgabe ungleich schwerer ist als Ihr Einsatz in Rom. Diesmal haben Sie es mit Menschen zu tun, deren Mentalität eine völlig andere ist als die unsere. Man hat Sie nur zum Teil darauf präparieren können. Der Rest bleibt Ihrem Einfallsreichtum überlassen. Sie wissen ebenso, daß die Abwehr im Falle Ihrer Entdeckung wahrscheinlich nicht viel für Sie tun kann. Wir behalten Sie im Auge, und sobald etwas schiefgeht, sind wir bereit, für Sie einzuspringen. Aber unserer Handlungsfreiheit sind dort Grenzen gesetzt, wo das politisch-militärische Gleichgewicht zwischen den Machtblöcken gestört wird.«
Ich nickte ergeben. All das wußte ich. Er brauchte es nicht zu wiederholen. Oder sagte er es gar nicht um meinetwillen? War es etwas, das er von sich gab, nur um die eigene Unruhe zu unterdrücken?
»Um Sie auch in anderer Hinsicht auf dem laufenden zu halten«, fuhr er fort: »Der unbekannte Gegner hat mit Torpentouf noch nicht wieder Kontakt aufgenommen. Sollte dies jedoch während Ihrer Abwesenheit geschehen, wird man Sie sofort abberufen.«
Ich schwieg noch immer. Nach einer Weile fragte Reling:
»Ist alles klar?«
»Alles, Sir!«
Er stand auf und reichte mir die Hand. Diesmal kam ich tatsächlich in den Genuß des Händedrucks, da es der Kleine aufgrund Relings eindringlicher Warnung
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