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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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hin­ein­wühl­te und in sei­nem Bü­ro ver­grub. Ich kam erst kurz vor halb zwölf zum Vor­schein, als es Zeit wur­de, den Kon­fe­renz­raum auf­zu­su­chen, in dem die Be­spre­chung statt­fin­den soll­te. Zeglio hat­te un­ter sich ins­ge­samt acht­zehn Ab­tei­lungs­lei­ter. Da­von be­fan­den sich zwei auf Ur­laub, ei­ner war krank, wie ich hör­te, und drei in wich­ti­gen Auf­trä­gen un­ter­wegs. Die üb­ri­gen zwölf, da­zu ge­hör­te auch ich, hat­ten sich oh­ne Aus­nah­me ein­ge­fun­den. Man be­grüß­te ein­an­der höf­lich und mit der Zu­rück­hal­tung, wie sie un­ter hoch­ge­stell­ten Be­am­ten (aus wel­chem Grun­de, das ent­zieht sich al­ler­dings mei­ner Kennt­nis) üb­lich ist. Da be­stand kei­ne Ge­fahr, daß mich ei­ner in ein pri­va­tes Ge­spräch ver­wi­ckel­te, in des­sen Ver­lauf ich mich ver­plap­per­te. Hier ging al­les sehr se­ri­ös, sehr ge­die­gen und sehr wür­de­voll zu.
    Ge­nau um elf Uhr drei­ßig be­trat Mar­schall Zeglio durch ei­ne im Hin­ter­grund ge­le­ge­ne Tür den Raum. Man emp­fing ihn im Ste­hen. Erst als er wort­los das Zei­chen da­zu gab, wur­de Platz ge­nom­men. Ich wuß­te, daß er sich zu­erst die Kurz­be­rich­te sei­ner Mit­ar­bei­ter an­hö­ren wür­de. Das ging al­pha­be­tisch, und ich war als fünf­ter an der Rei­he. Ich ver­senk­te mich so tief wie mög­lich in mei­nen Ses­sel und rutsch­te ein we­nig vom Tisch ab, so daß der Rücken mei­nes Vor­der­man­nes mich zur Hälf­te deck­te. Wäh­rend ein Herr na­mens Al­ber­ti­ni zu re­den be­gann, schloß ich die Au­gen und ent­fern­te den men­ta­len Block, der die te­le­pa­thi­schen Sen­so­ren von der Au­ßen­welt ab­rie­gel­te.
    Der Ein­druck, den elf hoch­ak­ti­ve, in­tel­li­gen­te Ge­hir­ne auf das Wahr­neh­mungs­ver­mö­gen ei­nes Te­le­pa­then ma­chen, ist na­he­zu über­wäl­ti­gend. Es war mir, als sei ich in ei­ne rie­si­ge Hal­le ge­tre­ten, in der elf Son­nen leuch­te­ten.
    Ich brauch­te nicht lan­ge, um mich zu ori­en­tie­ren: Der grells­te der elf Glut­bäl­le war Pri­mo Zegli­os Be­wußt­sein. Ich tas­te­te mich her­an. Ich be­gann, sei­ne Ge­dan­ken zu spü­ren. Er war mit ei­nem Fall »Al­pha-sechs« be­schäf­tigt, über den ein Mann na­mens Fa­ber so­eben be­rich­te­te. Aber nur ein Teil sei­ner Auf­merk­sam­keit be­faß­te sich mit dem Be­richt. An­de­re Ge­dan­ken­strö­me wa­ren ne­ben­her tä­tig. Welch un­ge­heu­re Ge­hir­n­ar­beit der Mann be­wäl­tig­te! Ich tauch­te in die Tie­fen sei­nes Be­wußt­seins hin­ab, durch­such­te die ver­schie­de­nen Schich­ten der Er­in­ne­rung. Ich rühr­te an pri­va­te Ein­drücke, die ich auf der Sei­te lie­gen­ließ, und drang bis zu ei­ner Stel­le vor, an der ich Zegli­os Be­sorg­nis über die au­gen­blick­li­che Welt­la­ge emp­fand. Das war die obe­re Gren­ze sei­nes Un­ter­be­wußt­seins. Die Be­sorg­nis war Emo­ti­on, nicht mehr das Re­sul­tat ei­nes be­wuß­ten Denk­pro­zes­ses.
    Fast er­leich­tert nahm ich zur Kennt­nis, daß Pri­mo Zeglio von dem Fall Tor­pentouf nichts wuß­te. Vom Mi­li­tä­ri­schen Ab­wehr­dienst der Eu­ro­pä­er war der An­schlag al­so mit Si­cher­heit nicht aus­ge­gan­gen. Ich tauch­te aus dem frem­den Be­wußt­sein em­por. Für den Bruch­teil ei­ner Se­kun­de spür­te ich Ir­ri­ta­ti­on in Zegli­os Ge­dan­ken. Dann spür­te ich, wie je­mand mich an der Schul­ter rüt­tel­te.
    »Hrdlicka …?«
    Ich fuhr auf.
    »Mann, ich glau­be gar, Sie schla­fen!« fuhr Zeglio mich un­freund­lich an.
    Ich rück­te mich in mei­nem Ses­sel zu­recht.
    »Ent­schul­di­gung«, sag­te ich und ging dann so­fort zur Ta­ges­ord­nung über. Ich war zu lang­sam ge­we­sen. Die Rei­he zu spre­chen war an mich ge­kom­men, be­vor ich mei­nen Aus­flug durch Zegli­os Be­wußt­sein be­en­det hat­te.
    Ich stand auf.
    »Im Fall Ro­tes Eu­ro­pa ist uns ein Durch­bruch ge­lun­gen«, er­klär­te ich mit mög­lichst sach­li­chem Ton­fall. »Es han­delt sich bei der Or­ga­ni­sa­ti­on die­ses Na­mens, wie wir schon im­mer ver­mu­te­ten, um ei­ne Ver­ei­ni­gung ra­di­ka­ler So­zia­lis­ten, die, wie wir jetzt wis­sen, je­doch nicht von der So­wje­tu­ni­on oder vom

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