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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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als wir in Wa­shing­ton ein­tra­fen. Ich fuhr zu mei­ner Woh­nung. Die zwei Stun­den Schlaf hat­ten ge­ra­de aus­ge­reicht, um mir Ap­pe­tit zu ma­chen. Oh­ne mich lan­ge mit den hy­gie­ni­schen Fein­hei­ten auf­zu­hal­ten, die un­ser Zeit­al­ter zur Per­fek­ti­on ent­wi­ckelt hat­te, warf ich mich ins Bett und war – um einen von Han­ni­bals Sprü­chen zu ge­brau­chen – we­ni­ge Se­kun­den spä­ter »so weg wie ein be­sof­fe­ner Leicht­ma­tro­se.«
    Die Freu­de währ­te al­ler­dings nicht lan­ge. Nach mei­ner Rech­nung hat­te ich eben erst die Au­gen zu­ge­macht, da weck­te mich ein schwa­cher elek­tri­scher Im­puls, der sich über die Haut aus­brei­te­te und un­an­ge­nehm krib­bel­te. Der Teu­fel moch­te Re­ling ho­len, das war mein ers­ter Ge­dan­ke. Die Idee mit dem elek­tri­schen We­cker war die sei­ne. Mein Bett war mit Elek­tro­den ver­se­hen, de­nen der Al­te von sei­nem Schreib­tisch aus mit Hil­fe ei­nes Knopf­drucks ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Span­nung ver­lei­hen konn­te, die nicht aus­reich­te, um mich zu ver­let­zen, aber voll­stän­dig ge­nüg­te, um mich selbst aus dem tiefs­ten Schlaf zu rei­ßen. Schlaf­trun­ken fuhr ich auf. Ein Ser­vo­me­cha­nis­mus rea­gier­te auf die Er­kennt­nis, daß ich auf­recht im Bett saß, und schal­te­te das Licht ein. Da al­ler­dings wur­de mir klar, daß ich mich ver­rech­net hat­te. Es war kurz vor Mit­ter­nacht. Ich hat­te über sechs Stun­den ge­schla­fen.
    Ei­ni­ger­ma­ßen wach be­weg­te ich mich zu dem grü­nen RA­DA-Ap­pa­rat, der an­statt ei­ner Wähl­tas­ta­tur nur einen ein­zi­gen Schalt­knopf hat­te. Noch im­mer übel ge­launt hieb ich mit der Faust auf den Knopf. Der klei­ne Bild­schirm leuch­te­te auf. Re­ling er­schi­en. Sonst, wenn es ihm ge­lun­gen war, mich mit Hil­fe sei­nes elek­tri­schen Weckers aus dem Bett zu rei­ßen, grins­te er hä­misch, aus lau­ter Scha­den­freu­de. Dies­mal je­doch mach­te er ein erns­tes Ge­sicht. Ich woll­te ihm ein paar nicht all­zu wohl­über­leg­te Wor­te über das Recht ei­nes Men­schen auf Ru­he und Schlaf an den Kopf wer­fen. Aber als ich ihn so tod­ernst auf dem Schirm sah, ka­men sie mir nicht so recht über die Lip­pen.
    »Um ein Uhr sind Sie bei mir, Kon­nat«, sag­te er. »Der Ein­satz bei Ir­kutsk muß ver­scho­ben wer­den. Als nächs­tes ist Mu­tan­chi ang an der Rei­he.«
    »Mu­tan­chi­ang …?« mur­mel­te ich ver­ständ­nis­los.
    »Der großasia­ti­sche Ge­heim­dienst ist um­ge­zo­gen«, er­klär­te Re­ling. »Wir ha­ben selbst erst vor kur­z­em da­von er­fah­ren.«
     
    Achtund­vier­zig Stun­den schärfs­ten Trai­nings folg­ten. Ich wuß­te bald nicht mehr, wo mir der Kopf stand. Man be­han­del­te mich nach den mo­d­erns­ten Lehr- und Sug­ge­s­tiv­me­tho­den. Es gab Au­gen­bli­cke, da wuß­te ich nicht, ob ich Wang Tse Liao oder Thor Kon­nat hieß. Mei­ne Kennt­nis­se der chi­ne­si­schen Spra­che (Man­da­rin-Dia­lekt) wur­den auf­ge­bü­gelt und ver­voll­stän­digt. Ich lern­te Mon­go­lisch. In­ner­halb von zwei Ta­gen pfropf­te man so­viel in mich hin­ein, wie ein nor­ma­ler Mensch mit nor­ma­len Me­tho­den höchs­tens im Lau­fe ei­nes hal­b­en Jah­res ler­nen kann. Heu­te sind die­se achtund­vier­zig Stun­den nur ein wei­ßer, ver­wa­sche­ner Fleck in mei­ner Er­in­ne­rung. Den größ­ten Teil der Zeit stand ich un­ter Dro­gen. Ich mei­ne, ich hät­te im Ver­lauf die­ser zwei Ta­ge Ge­ne­ral Re­ling ein paar­mal ge­se­hen, und glau­be mich an sei­nen bis­si­gen Blick zu er­in­nern. Aber si­cher bin ich mei­ner Sa­che nicht.
    Da­nach gönn­te man mir einen vol­len Tag Ru­he. Zwan­zig Stun­den lang schlief ich so tief wie ein To­ter. Als ich auf­stand, fühl­te ich mich ge­kräf­tigt. Ich hat­te einen Bä­ren­hun­ger, und das war noch im­mer ein gu­tes Zei­chen. Ich nahm ei­ne Mahl­zeit zu mir, die zwei hung­ri­gen Holz­ha­ckern Eh­re ge­macht hät­te, und fand mich da­nach bei Re­ling ein. An die Tor­tur der zwei Ta­ge er­in­ner­te nur noch ein win­zi­ges Schwin­del­ge­fühl, das mich hin und wie­der er­faß­te.
    Re­ling be­grüß­te mich mit aus­ge­such­ter Freund­lich­keit. An­we­send war au­ßer ihm nur der Klei­ne, den

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