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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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Wand ge­deckt war. Da sah ich ihn kom­men: Einen klei­nen, drah­ti­gen Mann, einen Chi­ne­sen aus den in­ne­ren Pro­vin­zen, von un­be­stimm­ba­rem Al­ter, die Au­gen hin­ter ei­ner dick­lin­si­gen Bril­le mit schwe­rem, alt­mo­di­schem Horn­ge­stell ver­bor­gen. Ich konn­te nicht ver­hin­dern, daß mein Herz ein paar Schlä­ge mehr tat als sonst. Der da auf mich zu­kam, bis aufs äu­ßers­te er­zürnt über mei­ne Nach­läs­sig­keit, de­ren ich mich gar nicht schul­dig fühl­te, war der zwei­te Mann des großasia­ti­schen Si­cher­heits­diens­tes: Huang Ho-Feng, Fo-Ti­engs Stell­ver­tre­ter.
    Er bau­te sich vor mir auf, und hin­ter den di­cken Glä­sern der Bril­le blitz­te in sei­nen Au­gen die Wut.
    »Ge­nos­se Wang!« fuhr er mich an. »Wie es mir scheint, hast du über Nacht die wich­tigs­te al­ler Tu­gen­den des Staats­bür­gers ver­lo­ren: das Pflicht­be­wußt­sein.«
    Mir war vor Schreck der Hals wie zu­ge­schnürt. Da war ich an­schei­nend wirk­lich ir­gend­wo voll ins Fett­näpf­chen ge­tre­ten. Wenn ich nur ge­wußt hät­te wo! Ich riß mich zu­sam­men, zwang mich mit Ge­walt zu küh­lem Über­le­gen. Da half nur ei­nes: Ich muß­te mich auf die Fol­gen des Ab­stur­zes be­ru­fen.
    Un­si­cher – aber das war ge­wollt! – kam ich auf die Bei­ne.
    »Ich … ich weiß lei­der nicht … Ge­nos­se Huang …«
    Dann fuhr ich mir mit der Hand zum Kopf.
    »… der Ab­sturz ges­tern … viel­leicht …«
    »Ja, eben!« höhn­te Huang Ho-Feng. »Viel­leicht hast du dir den Kopf doch ein we­nig här­ter auf­ge­schla­gen, als die Ärz­te mei­nen, Ge­nos­se. Wie an­ders läßt es sich er­klä­ren, daß du un­se­re Ver­ab­re­dung ver­säumst? Der Kampf ge­gen die na­tio­na­lis­ti­schen Re­bel­len dul­det kei­nen Auf­schub, kei­ne Ver­zö­ge­rung, kei­ne Ver­schnauf­pau­se. Ich war­te auf dei­nen Be­richt, Ge­nos­se Wang!«
    Er wand­te sich um und stapf­te da­von, ein Mann, der ein­mal mehr ge­zeigt hat­te, daß er der Herr war. Mir aber fiel ein Stein vom Her­zen. Ich wuß­te zwar noch im­mer nicht, wel­cher Art die Ver­ab­re­dung war, die Wang Tse Liao mit Huang Ho-Feng ge­trof fen hat­te. Aber daß er einen Be­richt über die Ak­ti­vi­tät der na­tio na­lis­ti­schen Re­bel­len er­war­te­te, das hat­te er mir über­deut­lich klar­ge­macht.
     
    »Es ist uns ge­lun­gen«, ver­si­cher­te ich mit Nach­druck, der der Wich­tig­keit der Sa­che an­ge­mes­sen war, »das Ober­haupt der na­tio­na­lis­ti­schen Re­bel­len­ver­ei­ni­gung zu iden­ti­fi­zie­ren.«
    Huang Ho-Feng hob den Kopf mit ei­nem Ruck und konn­te trotz sei­ner asia­ti­schen Ge­las­sen­heit einen Aus­druck star­ker Über­ra­schung nicht ver­ber­gen.
    »Das ist mir völ­lig neu, Ge­nos­se Wang«, stieß er her­vor. »Wann ist uns das ge­lun­gen?«
    »Ges­tern, Ge­nos­se Huang«, ant­wor­te­te ich. »Mei­ne Fahrt nach Hsin­chin diente die­sem Zweck.«
    »Hsin­chin? Was wol­len die Re­bel­len in Hsin­chin?«
    »Mein Ge­währs­mann sitzt in Hsin­chin, Ge­nos­se Huang«, er­klär­te ich vor­sich­tig. »Es han­delt sich um einen Ame­ri­ka­ner, dem die Re­gie­rung die Er­laub­nis er­teilt hat, sich dort als Ver­tre­ter ei­nes west­li­chen Han­dels­un­ter­neh­mens nie­der­zu­las­sen. Er reist viel. Be­vor er nach Hsin­chin kam, war er in den süd­öst­li­chen Grenz­pro­vin­zen der So­wje­tu­ni­on tä­tig.«
    Huang Ho-Fengs Über­ra­schung dau­er­te an. Oh­ne Zwei­fel war sie mit Miß­trau­en ge­mischt. Den ame­ri­ka­ni­schen Ver­tre­ter in Hsin­chin gab es na­tür­lich. Er war ei­ner un­se­rer Leu­te. Aber die In­for­ma­ti­on be­züg­lich der Na­tio­na­lis­ten war aus ganz an­de­rer Quel­le ge­kom­men. Die Ge­hei­me-Wis­sen­schaft­li­che-Ab­wehr hat te ihr ei­ge­nes In­ter­es­se an der Ak­ti­vi­tät der mon­go­li­schen Re­bel­len im Grenz­ge­biet der So­wje­tu­ni­on. An der Gren­ze zwi­schen Mon­go­lei und den süd­öst­li­chen rus­si­schen Pro­vin­zen wa­ren zahl­rei­che GWA-Spe­zia­lis­ten im Ein­satz. Die Neu­ig­keit, die ich Huang Ho-Feng hier prä­sen­tier­te, wä­re dem Großasia­ti­schen Ge­heim­dienst si­cher­lich noch meh­re­re Wo­chen lang ver­bor­gen ge­blie­ben. Man

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