Sicherheitsfaktor III
gemerkt, daß die drei Torpentouf-Mädchen, die sonst zu den pünktlichsten Kindergartenschülern zählten, fehlten. Aber eben wegen der Freiwilligkeit des Besuchs hatten sie nicht gewagt, sich an Mrs. Torpentouf zu wenden und zu fragen, wo die Kinder geblieben seien.
»Was haben Sie seitdem unternommen, Mike?« erkundigte ich mich.
»Wenig«, antwortete er traurig. »Lesen Sie den Brief, Thor, und Sie wissen, daß mir die Hände gebunden sind. Ich ging den Weg ab, den die Kinder nahmen, konnte jedoch keine Spuren finden. Noch am Donnerstag erhielt ich die Nachricht, daß Sie Sonntag kommen würden. Da faßte ich den Entschluß, ganz einfach auf Sie zu warten und mir Ihren Rat anzuhören.«
Von jedem anderen hätte ich dieses Anliegen als Zumutung empfunden. Ich war hier, um mich zu entspannen, nicht, um den Privatdetektiv zu spielen. Aber erstens war Mike ein guter Freund, und zweitens war seine Verzweiflung so echt und tief, daß ich gar nicht anders konnte: Ich mußte versuchen, ihm zu helfen.
»Niemand weiß, daß die Kinder entführt worden sind?« forschte ich weiter.
»Niemand – außer dem Entführer, Janine und mir … und nun Ihnen beiden.«
»Aber irgendwie mußten Sie doch erklären …«
»Ich habe jedermann gesagt, daß wir die Kinder nach Hause geschickt haben, zu Verwandten«, fiel er mir ins Wort.
Vor mir auf dem Tisch lag der ominöse Brief. Ich hatte ihn schon fünfmal gelesen, aber immer wieder kehrten meine Augen zu ihm zurück.
»Sie fanden den Stempel im Prüfstand?« vergewisserte ich mich.
»Natürlich. Er lag oben auf der Konsole, auf der die Meßergebnisse angezeigt werden.« Er fuhr sich mit der Hand durch das schüttere Haar. Es war eine zerfahrene Geste, die seine hilflose Verzweiflung um so deutlicher machte. »Gleich nachdem ich weiß, wie es den drei Mädchen geht, möchte ich nichts dringender erfahren, als wie es dem Kerl gelungen ist, das Siegel aus dem Tresor zu nehmen und später im Prüfstand zu deponieren. Ich weiß nicht, was schwieriger ist: in den Tresor einzubrechen oder unbemerkt in den Prüfstand zu gelangen. Für einen Unbefugten ist nach menschlichem Ermessen beides unmöglich.« Er seufzte, starrte vor sich hin und fügte hinzu: »Aber trotzdem hat er es geschafft.«
Mir kam eine Idee.
»Sie müssen sich irgendeine Vorstellung von dem Entführer gemacht haben, Mike«, sagte ich. »Wie sieht er aus? Woher kommt er, und welche Ziele verfolgt er?«
Mike Torpentouf hob die Schultern und streckte mit einer verlegenen Geste die Hände aus.
»Ich weiß es nicht«, antwortete er dumpf. »Wahrscheinlich ist es irgendein gerissener Gangster, der die Mädchen benutzen will, um mich zu erpressen.«
»Aber er sagt, daß es ihm weder um Geld noch um politische oder technische Geheimnisse geht!«
»Wer entführt, der lügt auch!« knurrte Mike zornig. »Irgendwann flattert mir eine Nachricht ins Haus, in der steht, daß ich fünfhunderttausend Dollar in kleinen, unmarkierten Scheinen an der nächsten Friedhofsmauer hinterlegen soll.«
Ich warf Hannibal einen fragenden Blick zu. Der Kleine schüttelte sachte den Kopf. Ich brauchte nicht in sein Bewußtsein einzudringen, um zu wissen, daß wir beide der gleichen Ansicht waren.
»Sie täuschen sich wahrscheinlich«, sagte ich zu Mike Tor pentouf. »Der Mann ist, soweit ich es beurteilen kann, weder hin ter Geld noch hinter irgendwelchen geheimen Informationen her.«
Meine Hypothese erweckte seine Neugierde. Das war ein gutes Zeichen. Als völlig Verzweifelter war er zu nichts nütze. Ein kleiner Lebensfunke mußte noch in ihm glühen, das war wichtig.
»Wie kommen Sie darauf, Thor?« wollte er wissen.
»Ein Mann, der es versteht, die Sicherheitsvorrichtungen der GWA zu durchdringen, stellt selbst
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