Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Aufgabe: »Sie werden in einer Rakete abgeschossen, die eine Uhr an Bord hat, und am Boden gibt es auch eine Uhr. Sie sollen zurück sein, wenn die Uhr am Boden anzeigt, daß eine Stunde vergangen ist. Nun wollen Sie es aber so machen, daß Ihre Uhr, wenn Sie zurückkommen, so weit wie möglich vorgeht. Nach Einstein wird Ihre Uhr schneller gehen, wenn Sie sehr hoch fliegen, denn je höher sich etwas in einem Gravitationsfeld befindet, desto schneller geht die Uhr. Aber wenn Sie versuchen, zu hoch zu kommen, weil Sie nur eine Stunde Zeit haben, müssen Sie so schnell fliegen, um dahin zu gelangen, daß die Geschwindigkeit den Gang Ihrer Uhr verlangsamt. Also dürfen Sie nicht zu hoch fliegen. Die Frage ist, welche Geschwindigkeit und welche Höhe müssen Sie genau einplanen, um die maximale Zeit auf Ihrer Uhr zu bekommen?«
Dieser Assistent von Einstein arbeitete ein ganzes Weilchen daran, bis er erkannte, daß die Antwort die reale Bewegung der Materie ist. Wenn man etwas ganz normal abschießt, so daß das Geschoß, um hochzufliegen und wieder herunterzukommen, eine Stunde braucht, dann ist das die richtige Bewegung. Es ist das Grundprinzip von Einsteins Gravitation: nämlich, daß das, was man die »Eigenzeit« nennt, bei der tatsächlichen Kurve sein Maximum hat. Aber als ich ihm das Problem in Form einer Rakete mit einer Uhr vorlegte, erkannte er es nicht wieder. Das war wie bei den Jungs in dem Kurs für technisches Zeichnen, aber diesmal waren es keine dummen Erstsemester. Daß sich das Wissen so leicht erschüttern läßt, ist also eigentlich ziemlich verbreitet, auch bei gelehrteren Leuten.
Als ich im vorletzten oder im letzten Jahr studierte, aß ich meist in einem bestimmten Restaurant in Boston. Ich ging dort alleine hin, oft an mehreren Abenden hintereinander. Die Leute kannten mich bald, und ich wurde immer von derselben Serviererin bedient.
Mir fiel auf, daß sie immer in Eile waren und sich abhetzten. Deshalb hinterließ ich eines Tages, nur so zum Spaß, mein Trinkgeld, das gewöhnlich zehn Cents betrug (was damals das Normale war), in zwei Fünfcentstücken unter zwei Gläsern: Ich füllte jedes Glas bis obenhin, warf ein Fünfcentstück hinein, deckte eine Spielkarte darauf und drehte es um, daß es verkehrtherum auf dem Tisch stand. Dann zog ich die Karte darunter weg (es läuft kein Wasser aus, denn es kann keine Luft eindringen, dazu ist der Rand zu dicht am Tisch).
Ich tat das Trinkgeld unter zwei Gläser, weil ich wußte, daß sie immer in Eile waren. Wenn das Trinkgeld ein Zehncentstück in einem Glas wäre, würde die Serviererin in ihrer Eile, den Tisch für den nächsten Gast fertig zu machen, das Glas hochnehmen, das Wasser würde herausfließen, und das wäre alles. Aber wenn sie das mit dem ersten Glas macht, was zum Teufel wird sie dann mit dem zweiten tun? Sie kann es ja wohl nicht riskieren, das jetzt auch noch hochzunehmen!
Beim Hinausgehen sagte ich zu meiner Serviererin: »Seien Sie vorsichtig, Sue. An den Gläsern, die Sie mir gebracht haben, ist irgend etwas komisch - sie sind bis obenhin voll, und im Boden ist ein Loch!«
Am nächsten Tag kam ich wieder hin und hatte eine neue Serviererin. Die Serviererin, die mich sonst bediente, wollte nichts mit mir zu tun haben. »Sue ist sehr böse auf Sie«, sagte meine neue Serviererin. »Als sie das erste Glas hochnahm und alles naß wurde, hat sie den Boß gerufen. Sie haben sich das ein Weilchen angeguckt, aber sie konnten ja nicht den ganzen Tag überlegen, was sie tun sollten, also haben sie auch das andere Glas hochgenommen, und dann ist wieder das Wasser herausgeflossen, über den ganzen Boden. Es war 'ne furchtbare Schweinerei. Die sind alle sauer auf Sie.«
Ich lachte.
Sie sagte: »Das ist nicht komisch! Wie würde Ihnen das gefallen, wenn das jemand mit Ihnen machte - was würden Sie tun?«
»Ich würde einen Suppenteller holen, und dann würde ich das Glas ganz vorsichtig über den Tischrand schieben und das Wasser in den Suppenteller fließen lassen - es muß nicht auf den Boden fließen. Dann würde ich die fünf Cents rausnehmen.«
»Oh, das ist eine gute Idee«, sagte sie.
Als ich am nächsten Abend kam, hatte ich wieder die neue Serviererin.
»Was sollte das denn heißen, daß Sie letztes Mal die Tasse verkehrtherum stehenlassen haben?«
»Na, ich dachte, obwohl Sie in Eile waren, müßten Sie in die Küche gehen und einen Suppenteller holen; und dann müßten Sie die Tasse gaaaanz langsam und vorsichtig
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