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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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nicht).
    Als wir hinkamen, saß ich eine Zeitlang bei den Vätern, aber bald hatte ich genug von ihnen. Alle diese Väter begleiten ihre Töchter zu diesem netten kleinen Festessen, und das einzige, worüber sie sprachen, war die Börse - sie wissen nicht, wie sie mit ihren eigenen Kindern sprechen sollen, ganz zu schweigen von den Freundinnen ihrer Kinder.
    Während des Festessens unterhielten uns die Mädchen, indem sie kleine Sketche aufführten, Gedichte aufsagten und so weiter. Dann holen sie auf einmal dieses komisch aussehende Ding hervor, wie eine Schürze, mit einem Loch obendrin, durch das man den Kopf stecken kann. Die Mädchen kündigen an, daß jetzt die Väter an der Reihe sind, sie zu unterhalten.
    Jeder Vater muß aufstehen, seinen Kopf da durchstecken und irgend etwas sagen - einer trägt »Mary Had a Little Lamb« vor -, und sie wissen nicht, was sie machen sollen. Ich wußte auch nicht, was ich tun sollte, aber als ich dran war, erzählte ich ihnen, daß ich ein kleines Gedicht aufsagen würde, und es tue mir leid, daß es nicht in Englisch sei, aber ich sei sicher, es werde ihnen trotzdem gefallen:
    A TUZZO LANTO
    - Poici di Pare
    TANto SAca TULna TI, na PUta TUchi PUti TI la.
    RUNto CAta CHANto MANto CHI la TI da.
    YALta CAra SULda MI la CHAta PIcha PIno TIto BRALda pe te CHIna nana CHUnda lala CHINda lala CHUNda!
    RONtopiti CA le, a TANto CHINto quinta LALda O la TINta dalla LALta, YENta PUcha lalla TALta!
    Ich mache das drei oder vier Strophen lang und spiele sämtliche Gefühle durch, die ich im italienischen Rundfunk gehört habe, und die Kinder sind aufgedreht, toben in den Gängen herum und lachen vor Begeisterung.
    Nach dem Festessen kamen die Gruppenführerin und eine Lehrerin zu mir und erzählten, sie hätten über mein Gedicht gesprochen. Die eine meint, es sei Italienisch, und die andere, es sei Latein. Die Lehrerin fragt: »Wer von uns beiden hat recht?«
    Ich sagte: »Da müssen Sie schon die Mädchen fragen - die haben gleich verstanden, was für eine Sprache das war.«
Ungeschoren davonkommen
    Als ich am MIT studierte, interessierte ich mich nur für Naturwissenschaft; für andere Dinge war ich nicht zu haben. Aber am MIT gab es eine Vorschrift: Man mußte ein paar Kurse in den Geisteswissenschaften belegen, um mehr »Kultur« zu bekommen. Neben den Pflichtveranstaltungen in Englisch konnte man zwei Seminare frei wählen, also sah ich das Vorlesungsverzeichnis durch und fand auf Anhieb Astronomie - als Kurs in den Geisteswissenschaften! In dem Jahr kam ich also mit Astronomie davon. Im nächsten Jahr sah ich dann das Vorlesungsverzeichnis weiter durch, überging Französische Literatur und ähnliche Kurse und fand Philosophie. Das war im Hinblick auf die Wissenschaft das Nächstliegende, was ich finden konnte.
    Bevor ich erzähle, was in Philosophie passierte, möchte ich von dem Englisch-Kurs erzählen. Wir mußten eine Reihe von Aufsätzen schreiben. Zum Beispiel, Mill hatte irgend etwas über die Freiheit geschrieben, und wir mußten das beurteilen. Aber statt mich, wie Mill, mit politischer Freiheit zu befassen, schrieb ich über Freiheit bei gesellschaftlichen Anlässen - über das Problem, daß man schwindeln und lügen muß, um höflich zu sein, und ob diese dauernde Schwindelei in gesellschaftlichen Situationen zur »Zerstörung des moralischen Geistes der Gesellschaft« führt. Eine interessante Frage, aber nicht die, mit der wir uns auseinandersetzen sollten.
    Ein anderer Essay, den wir beurteilen mußten, war »Über ein Stück Kreide« von Huxley, worin er beschreibt, daß ein gewöhnliches Stück Kreide, das er in der Hand hält, das Überbleibsel von Tierknochen ist; und die Kräfte in der Erde haben es an die Oberfläche gehoben, so daß es zu einem Teil der White Cliffs wurde, und dann wurde es her ausgebrochen, und jetzt wird es benutzt, um etwas an die Tafel zu schreiben und so Ideen zu vermitteln.
    Aber statt den Essay zu beurteilen, den man uns aufgegeben hatte, schrieb ich diesmal eine Parodie mit dem Titel »Über ein Staubkorn«, in der es darum ging, wie der Staub den Sonnenuntergang farbig macht und den Regen fallen läßt und so weiter. Ich habe immer geschwindelt und immer versucht, ungeschoren davonzukommen.
    Aber als wir einen Aufsatz über Goethes Faust schreiben mußten, war es hoffnungslos. Das Werk war zu lang, um eine Parodie darauf zu machen oder etwas anderes zu erfinden. Ich lief im Verbindungshaus auf und ab und sagte: »Ich kann es nicht. Ich

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