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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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Satz anfangen sollte: »Ich hoffe, Du hast daran gedacht, diesen Brief vorsichtig zu öffnen, denn ich habe das Pepto-Bismol-Pulver für Deinen Magen hineingetan, wie wir es vereinbart hatten.« Der Brief sollte voller Pulver sein. Wir nahmen an, im Büro würden sie den Brief rasch aufmachen, und sie würden völlig aus der Fassung geraten, denn man durfte ja nichts durcheinanderbringen. Sie würden das ganze Pepto-Bismol-Pulver aufsammeln müssen ... Aber wir brauchten nicht darauf zurückgreifen.
    Durch diese ganzen Erfahrungen mit dem Zensor wußte ich ganz genau, was durchgehen konnte und was nicht. Niemand sonst wußte das so gut wie ich. Und deshalb machte ich damit ein bißchen Geld, indem ich Wetten abschloß.
    Eines Tages entdeckte ich, daß es den Arbeitern, die weiter draußen wohnten, zuviel war, außen herum zu gehen und durch das Tor zu kommen, und daß sie sich deshalb ein Loch in den Zaun geschnitten hatten. Ich ging zum Tor hinaus, hinüber zu dem Loch und kam wieder herein, ging wieder hinaus und so weiter, bis der Feldwebel am Tor anfing, sich zu wundern, was da vorging. Wie kommt's, daß dieser Bursche dauernd rausgeht, aber nie reinkommt? Und selbstverständlich war seine erste Reaktion, daß er den Leutnant rief und versuchte, mich dafür ins Gefängnis zu stecken. Ich erklärte, daß es da ein Loch gebe.
    Denn ich versuchte immer, den Leuten etwas klarzumachen. So schloß ich mit jemand eine Wette ab, daß ich in einem Brief von dem Loch erzählen und das abschicken könne. Und genau das tat ich dann auch. Und zwar so, daß ich schrieb, »Du solltest mal sehen, wie sie den Platz hier verwalten (das zu sagen, war uns erlaubt). Einundsiebzig Fuß von da und da ist ein Loch im Zaun, das ist so und so groß, und da kann man durchkriechen«.
    Nun, was sollen sie tun? Sie können mir ja schlecht erzählen, es gebe kein solches Loch. Ich meine, was sollen sie machen? Es ist ja ihr Pech, daß da so ein Loch ist. Sie sollten es eben stopfen. Den Brief bekam ich also durch.
    Ich bekam auch einen anderen Brief durch, in dem stand, wie einer von den Jungs, der in einer meiner Gruppen arbeitete, John Kemeny, mitten in der Nacht geweckt und von ein paar Idioten in der Armee da mit blendenden Lampen verhört wurde, weil sie irgend etwas über seinen Vater herausgekriegt hatten, der Kommunist oder so etwas sein sollte. Kemeny ist jetzt ein bekannter Mann.
    Es gab noch andere Dinge. Wie bei dem Loch im Zaun, versuchte ich immer, indirekt auf diese Dinge aufmerksam zu machen. Und eines, worauf ich aufmerksam machen wollte, war - daß wir ganz zu Anfang ungeheuer wichtige Geheimnisse hatten; wir hatten eine Menge Zeug ausgearbeitet über Bomben und Uran und wie es funktionierte und so weiter; und dieses ganze Zeug stand in Dokumenten, die in hölzernen Aktenschränken lagen, die mit kleinen, ganz gewöhnlichen Vorhängeschlössern verschlossen waren. Natürlich hatte die Werkstatt einiges getan, beispielsweise Stangen angebracht, die man herunterklappte und die von einem Vorhängeschloß gehalten wurden, aber eben bloß von einem Vorhängeschloß. Außerdem brauchte man nicht einmal das Schloß zu öffnen, um das Zeug herauszubekommen. Man kippt den Schrank einfach nach hinten. In der untersten Schublade gibt es eine kleine Stange, die die Papiere zusammenhalten soll, und darunter ist im Holz ein breiter Schlitz. Man kann die Papiere von unten herausziehen.
    Deshalb knackte ich dauernd die Schlösser, um darauf hinzuweisen, daß das sehr leicht war. Und jedesmal, wenn wir uns alle zu einer Versammlung trafen, stand ich auf und sagte, wir hätten wichtige Geheimnisse und sollten sie nicht in diesen Dingern aufbewahren; wir brauchten bessere Schlösser. Eines Tages stand Teller bei der Versammlung auf und sagte zu mir: »Ich bewahre meine wichtigsten Geheimnisse nicht im Aktenschrank auf; ich habe sie in meiner Schreibtischschublade. Ist das nicht besser?«
    Ich sagte: »Ich weiß es nicht. Ich habe Ihre Schreibtischschublade nicht gesehen.«
    Er saß während der Versammlung ziemlich weit vorne, und ich saß weiter hinten. Die Versammlung geht weiter, und ich schleiche mich hinaus und gehe mir seine Schreibtischschublade ansehen.
    Ich muß nicht einmal das Schubladenschloß knacken. Wie sich herausstellt, kann man, wenn man von unten her hinter die Schublade faßt, das Papier herausziehen wie bei einem Toilettenpapierspender. Man zieht ein Blatt heraus, das zieht ein weiteres heraus, das wieder eines... Ich

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