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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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denn, Sie sind voll darüber informiert, wie es funktioniert!«
    Es war großartig. Der Leutnant bringt mich zu dem Oberst und wiederholt meine Bemerkung. Der Oberst sagt: »Geben Sie mir fünf Minuten«, und dann geht er ans Fenster, steht da und überlegt. Darin sind sie sehr gut - im Fällen von Entscheidungen. Ich fand es recht bemerkenswert, daß über ein Problem wie die Frage, ob in Oak Ridge über die Funktion der Bombe informiert werden sollte oder nicht, innerhalb von fünf Minuten entschieden werden mußte und entschieden werden konnte. Deshalb habe ich mächtigen Respekt vor diesen Burschen vom Militär, denn ich schaffe es überhaupt nie, etwas sehr Wichtiges in irgendeiner Zeitspanne zu entscheiden.
    Nach fünf Minuten sagte er: »In Ordnung, Mr. Feynman, schießen Sie los.«
    Ich setzte mich hin und erzählte ihnen alles über Neutronen, wie sie wirken, da, da, da, ta, ta, ta, hier kommen zu viele Neutronen zusammen, man muß das Material auseinanderhalten, Kadmium absorbiert, langsame Neutronen sind wirksamer als schnelle und quassel, quassel - in Los Alamos war das alles elementares Wissen, aber sie hatten noch nie etwas davon gehört, so daß ich ihnen wie ein ungeheures Genie vorkam.
    Das Resultat war, daß sie beschlossen, kleine Gruppen zu bilden, die ihre eigenen Berechnungen anstellen und diesen dann entnehmen konnten, wie sie vorgehen mußten. Sie fingen an, die Fabrik neu zu entwerfen, und dann wurden Architekten hinzugezogen, Konstrukteure, Bauingenieure und Chemotechniker für die neue Fabrik, in der das getrennte Material bearbeitet werden sollte.
    Sie sagten, ich solle in ein paar Monaten wiederkommen, deshalb kam ich zurück, als die Ingenieure den Entwurf für die neue Fabrik fertiggestellt hatten. Jetzt sollte ich mir die Fabrik ansehen.
    Wie schaut man sich eine Fabrik an, die noch gar nicht gebaut ist? Ich habe keine Ahnung. Leutnant Zumwalt, der mich immer begleitete, weil ich ja überall eine Eskorte haben mußte, bringt mich in einen Raum, in dem diese beiden Ingenieure arbeiten und wo ein laaaaaanger Tisch steht, auf dem ein Haufen Blaupausen liegt, auf denen die verschiedenen Stockwerke der geplanten Fabrik dargestellt sind.
    Ich habe in der Schule technisches Zeichnen gehabt, aber mit Blaupausen kann ich nicht viel anfangen. Sie rollen also die Baupläne aus und fangen an zu erklären, weil sie mich für ein Genie halten. Nun war eines der Risiken, die sie in der Fabrik vermeiden mußten, die Ansammlung von Material. Dadurch ergaben sich Probleme, denn wenn bei einem Verdampfer, mit dem das Zeug gesammelt wird, das Ventil verstopft ist oder irgend etwas anderes dazu führt, daß sich zuviel Zeug ansammelt, kommt es zu einer Explosion. So erklärten sie mir, die Fabrik sei so angelegt, daß nichts passieren könne, wenn nur ein einziges Ventil verstopft sei. Gefährlich werde es erst, wenn mindestens zwei Ventile verstopft seien.
    Dann erklären sie, wie es funktioniert. Das Kohlenstofftetrachlorid kommt hier rein, das Urannitrat von dort kommt hier rein, es geht hoch und runter, läuft hier durch den Boden, kommt durch die Rohre hoch und kommt da vom zweiten Stockwerk her, bluuuuub - und sie gehen durch diesen Haufen Blaupausen, runter-rauf-runter-rauf, reden sehr schnell und erläutern die sehr, sehr komplizierte chemische Fabrik.
    Ich bin völlig benommen. Schlimmer noch, ich habe keine Ahnung, was die Symbole auf den Bauplänen bedeuten! Da ist so etwas, das ich zuerst für ein Fenster halte. Es ist ein Quadrat mit einem kleinen Kreuz in der Mitte, und das findet sich überall. Ich denke, es ist ein Fenster, aber nein, das kann ja kein Fenster sein, denn es ist nicht immer am Rand. Ich möchte sie fragen, was das ist.
    Man muß in einer solchen Situation gewesen sein, in der man nicht gleich gefragt hat. Wenn man gleich gefragt hätte, war's o. k. gewesen. Aber jetzt haben sie schon ein bißchen zu lange gesprochen. Man hat zu lange gezögert. Wenn man sie jetzt fragt, werden sie sagen: »Wozu stehlen Sie hier unsere Zeit?«
    Was soll ich bloß tun? Ich habe eine Idee. Vielleicht ist es ein Ventil. Ich tippe mit dem Finger auf eines der mysteriösen Kreuzchen mitten auf einem der Baupläne auf Seite drei und frage: »Und was ist, wenn dieses Ventil verstopft ist?« - und denke, jetzt werden sie mir sagen: »Das ist kein Ventil, Sir, das ist ein Fenster.«
    Der eine schaut den anderen an und sagt: »Ja, also, wenn das Ventil verstopft ist -«, und er geht rauf und runter auf

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