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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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und Herausforderung gebe. Deshalb schreiben sie: »Wir haben Verständnis dafür, daß Sie ein beträchtliches Interesse an Experimenten und am Unterrichten haben, deshalb haben wir Vorsorge getroffen, eine besondere Art von Professur zu schaffen, wenn Sie dies wünschen: zur Hälfte Professor an der Universität Princeton und zur Hälfte am Institut.«
    Institute for Advanced Study! Sonderregelung! Sogar eine bessere Stellung als Einstein! Es war ideal; es war perfekt; es war absurd!
    Es war absurd. Bei den anderen Angeboten hatte ich mich bis zu einem gewissen Grad schlechter gefühlt. Sie erwarteten von mir, daß ich etwas leistete. Aber dieses Angebot war so lächerlich, es war so unmöglich für mich, ihm gerecht zu werden, es war so lächerlich unverhältnismäßig. Bei den anderen handelte es sich bloß um Irrtümer; dieses war eine Absurdität! Ich lachte eine Zeitlang darüber, während ich mich rasierte und darüber nachdachte.
    Und dann dachte ich bei mir: »Weißt du, was sie von dir halten, ist so phantastisch, daß es unmöglich ist, dem gerecht zu werden. Du bist nicht verpflichtet, dem gerecht zu werden!«
    Es war eine glänzende Idee: Man ist nicht verpflichtet, dem gerecht zu werden, was man nach Meinung anderer Leute leisten sollte. Ich bin nicht verpflichtet, so zu sein, wie sie es von mir erwarten. Es ist ihr Irrtum, nicht mein Versagen.
    Es war kein Versagen meinerseits, daß das Institute for Advanced Study von mir erwartete, so gut zu sein; es war unmöglich. Es war offensichtlich ein Irrtum - und in dem Augenblick, in dem ich die Möglichkeit anerkannte, daß sie sich vielleicht irrten, wurde mir bewußt, daß das auch für all die anderen Stätten galt, meine eigene Universität eingeschlossen. Ich bin, was ich bin, und wenn sie von mir erwartet haben, daß ich gut sein soll, und mir dafür Geld angeboten haben, dann ist das ihr Pech.
    Durch eine seltsame Fügung - vielleicht hörte er mich darüber sprechen, vielleicht verstand er mich auch einfach
rief mich dann am gleichen Tag Bob Wilson, der in Cornell das Labor leitete, zu sich herein. Er sagte mit ernster Stimme: »Feynman, Ihr Unterricht ist ausgezeichnet; Sie machen Ihren Job gut, und wir sind sehr zufrieden. Ob irgendwelche anderen Erwartungen, die wir vielleicht haben, erfüllt werden, ist Glückssache. Wenn wir einen Professor anstellen, tragen wir das ganze Risiko. Wenn es gut läuft, prima. Wenn nicht, Pech. Aber Sie sollten sich nicht den Kopf darüber zerbrechen, was Sie tun oder nicht tun.« Er hat es viel besser gesagt, als ich es hier wiedergeben kann, und es befreite mich von dem Schuldgefühl.
    Dann hatte ich einen anderen Gedanken: Die Physik ödet mich jetzt ein bißchen an, aber früher hatte ich Spaß daran. Warum hatte ich Spaß daran? Ich habe damit gespielt. Ich habe getan, wozu ich Lust hatte - es hatte nichts damit zu tun, ob es wichtig war für die Entwicklung der Kernphysik, sondern damit, ob es interessant und amüsant für mich war, damit zu spielen. Als ich in der High School war, habe ich gesehen, wie Wasser aus einem Hahn lief und wie die Kurve, die es beschrieb, immer flacher wurde, und ich habe mich gefragt, ob ich herauskriegen könnte, was diese Kurve verursacht. Ich fand, es war ziemlich leicht. Ich mußte es nicht tun; es war nicht wichtig für die Zukunft der Wissenschaft; es hatte schon jemand anders getan. Das machte aber nichts; ich erfand etwas und spielte damit zu meiner eigenen Unterhaltung.
    So bekam ich eine neue Einstellung. Jetzt, wo ich ausgebrannt bin und nie mehr etwas leisten werde, habe ich diese hübsche Stellung an der Universität und unterrichte, was mir ziemlichen Spaß macht, und genauso wie ich Tausendundeine Nacht zum Vergnügen lese, werde ich mit der Physik spielen , wann immer ich es möchte, ohne mich darum zu kümmern, ob es auch wichtig ist.
    Eine Woche später war ich in der Cafeteria, und irgend jemand, der herumalbert, wirft einen Teller in die Luft. Als der Teller in die Luft flog, sah ich, daß er eierte, und mir fiel auf, daß das rote Medaillon von Cornell, das auf dem Teller war, sich drehte. Es war ziemlich offensichtlich für mich, daß sich das Medaillon schneller drehte als der Teller eierte.
    Ich hatte nichts zu tun, und so fing ich an, die Bewegung des rotierenden Tellers zu berechnen. Ich entdeckte, daß das Medaillon bei sehr kleinem Winkel zweimal so schnell rotiert wie der Teller eiert - zwei zu eins. Das ergab sich aus einer komplizierten Gleichung!

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