Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
gearbeitet.«
»Ja, ich war während des Krieges in Los Alamos.«
Sie sagte: »Sie sind ein verdammter Lügner!« - und ging weg.
Ich war mächtig erleichtert. Das erklärte alles. Ich hatte allen Mädchen schlicht und einfach die Wahrheit erzählt, und wußte nie, was daran verkehrt war. Es war ganz offensichtlich, daß mir ein Mädchen nach dem anderen aus dem Weg ging, wenn ich sehr nett und natürlich und höflich war und die Fragen beantwortete. Alles sah recht erfreulich aus, und dann wups - ging es schief. Ich verstand das nicht, bis mich diese Frau zum Glück einen verdammten Lügner nannte.
So versuchte ich dann allen Fragen auszuweichen, und das hatte die gegenteilige Wirkung: »Sind Sie Erstsemester?«
»Na ja, nein.«
»Sind Sie Doktorand?«
»Nein.«
»Was sind Sie?«
»Ich möchte es nicht sagen.«
»Warum wollen Sie uns nicht sagen, was Sie sind?«
»Ich möchte nicht...« - und sie redeten weiter mit mir.
Am Ende war ich mit zwei Mädchen bei mir zu Hause, und eine von ihnen meinte, ich solle mir wirklich nichts daraus machen, daß ich erst im ersten Semester sei; es gebe massenhaft Typen in meinem Alter, die jetzt am College anfingen, und da sei doch überhaupt nichts dabei. Sie studierten im 2. Jahr, und sie waren recht mütterlich, alle beide. Sie bearbeiteten ganz schön meine Psyche, aber ich wollte nicht, daß die Situation so verdreht und mißverstanden wurde, deshalb ließ ich sie wissen, daß ich Professor war. Sie waren sehr beleidigt, daß ich sie getäuscht hatte. Ich hatte schon meine Mühe als junger Professor in Cornell.
Wie auch immer, ich fing an, meinen Kurs über die mathematischen Methoden in der Physik zu halten, und ich glaube, ich hielt noch einen anderen Kurs - Elektrizität und Magnetismus möglicherweise. Ich hatte auch vor, zu forschen. Vor dem Krieg, während ich an meiner Dissertation arbeitete, hatte ich viele Ideen: Ich hatte neue Methoden erfunden, in der Quantenmechanik mit Pfad-Integralen zu rechnen, und es gab eine Menge Sachen, die ich tun wollte.
In Cornell arbeitete ich, um meine Kurse vorzubereiten, und ich ging oft rüber in die Bibliothek und las mich durch Tausendundeine Nacht und beäugte die Mädchen, die vorbeikamen. Aber als es Zeit wurde, mich an die Forschung zu machen, wollte es mit der Arbeit nicht klappen. Ich war ein wenig müde; ich hatte kein Interesse; ich konnte nicht forschen! Es kam mir früher so vor, als sei das ein paar Jahre so gegangen, aber wenn ich zurückdenke und mir den zeitlichen Ablauf überlege, kann es nicht so lange gedauert haben. Heute würde mir das vielleicht nicht mehr so lang vorkommen, aber damals schien es sehr lange zu dauern. Ich brachte es einfach nicht fertig, irgendein Problem anzugehen: Ich entsinne mich, daß ich ein oder zwei Sätze über ein Problem niederschrieb, das mit Gammastrahlen zu tun hatte, und dann konnte ich nicht weitermachen. Ich war überzeugt, daß ich durch den Krieg und alles andere (den Tod meiner Frau) einfach ausgebrannt war.
Heute verstehe ich das viel besser. Vor allem ist einem jungen Menschen nicht klar, wieviel Zeit man braucht, um gite Vorlesungen vorzubereiten, besonders wenn man es zum erstenmal macht - und um die Vorlesungen zu halten und um sich Examensaufgaben auszudenken und zu überprüfen, daß sie auch sinnvoll sind. Ich gab gute Kurse, Kurse, bei denen ich in jeden einzelnen eine Menge Überlegungen einfließen ließ. Aber mir war nicht bewußt, daß das eine Menge Arbeit ist! So stand es also mit mir, ich war »ausgebrannt«, las Tausendundeine Nacht und fühlte mich niedergeschlagen.
Während dieser Phase bekam ich Angebote von verschiedenen Seiten - von Universitäten und aus der Industrie - mit Gehältern, die höher waren als meines. Und jedesmal wenn ich so ein Angebot bekam, war ich noch ein wenig mehr niedergedrückt. Ich sagte mir: »Schau, die machen dir diese großartigen Angebote, aber sie wissen nicht, daß ich ausgebrannt bin! Natürlich kann ich sie nicht annehmen. Sie erwarten von mir, daß ich etwas leiste, und ich kann überhaupt nichts leisten! Ich habe keine Ideen ...«
Schließlich kam mit der Post eine Einladung vom Institute for Advanced Study: Einstein ... von Neumann ... Weil... all diese großen Geister! Sie schreiben mir und laden mich ein, dort Professor zu sein! Und nicht bloß ein gewöhnlicher Professor. Irgendwie kannten sie meine Ansichten über das Institut: daß es zu theoretisch sei; daß es da zuwenig wirkliche Aktivität
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