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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der in Urlaub fährt, ist der Heinrich.«
    Die Gruppe nickte. Selbst Theo Klein. Er hatte den meisten Grund, dagegen zu sein, denn er war turnusmäßig der nächste, der in Urlaub fahren würde. Aber er nickte. Verdammt, warten wir noch vier Wochen länger, dachte er. Der Heinrich hat es nötiger!
    Zehn Kilometer weiter östlich saß Major von der Breyle und brütete über einem Brief an seine Frau. Er fand nicht die Worte, ihr von dem Vermißtsein Jürgens zu schreiben, und überlas immer wieder die schon geschriebenen Zeilen. »Liebe Elise!« hatte er begonnen. »Einen Augenblick hält die Front den Atem an, und diesen Augenblick will ich benutzen, an Dich zu schreiben. Wir haben schwere Kämpfe hinter uns, aber wir sind zuversichtlich und wissen, daß der Endsieg uns gehören wird …«
    Bis dahin war er gekommen. Nun las er es noch einmal und senkte den Kopf.
    Jürgen, dachte er. Mein Jürgen … wir wissen, daß der Endsieg uns gehören wird … Wir wissen … wir wissen … Wie dumm das alles ist, wie hohl … wie gemein, so eine Dummheit an eine wartende, hoffende, weißhaarige Frau zu schreiben und ihr vorzulügen, der einzige Sohn lebe noch … Er legte die Hand auf das Papier … unter seinen Fingern zerknüllte er es und fegte es wie ein totes Tier vom Tisch. »Ich kann nicht«, sagte er laut. »Gott, verzeih es mir – ich kann es einfach nicht!«
    Er kam sich vor wie ein uralter Mann, der nicht einmal mehr die Kraft besitzt, ein paar Schritte zu seinem Bett zu tun, um dort zu sterben.

Zweites Buch

    Das größte am Menschen ist sein Geist,
das kleinste sein Verstand.

    CHINESISCHES SPRICHWORT

In den Monti Picentini, dem bis zu 1.800 m ansteigenden Gebirgszug hinter Eboli, lernte Felix Strathmann das Mädchen Maria Armenata kennen.
    Hauptmann Gottschalk hatte ihn beauftragt, nach Contursi zu fahren, um dort beim Regimentsstab um die Zuteilung von sieben neuen Granatwerfern zu bitten. Die Nachrichtenverbindung nach Contursi lag unter dauerndem Beschuß, die Leitungen wurden zerfetzt, kaum daß die Störungstrupps sie geflickt hatten, und machten ein Telefonat mit dem Regiment, ja schon zum nahe gelegenen Bataillon völlig unmöglich. So meldete sich der Obergefreite Strathmann als Melder und knatterte mit einer 500-ccm-BMW durch das Gelände und über die von Bombentrichtern und Granaten aufgerissenen Felder dem Gebirgszug entgegen.
    Feldwebel Maaßen hatte ihm einige gute Vorsichtsmaßregeln mitgegeben, ehe er sich von der Truppe verabschiedete. »Wenn du es pfeifen hörst, Felix«, sagte er eindringlich, »dann 'runter von der Kiste, aber erst die Zündung weg. Und möglichst weit ab von der BMW … es kann sein, daß dich die Splitter nicht treffen, aber die Karre, und du kommst in einen schönen Ersatzteilregen!«
    Felix Strathmann hatte sich diesen Satz zu Herzen genommen und raste durch die Gebirgspässe. Auch Theo Kleins letzter Zuruf: »Bring was zu saufen mit!« war nicht vergessen worden. Er hatte auf dem Gepäckträger zwei sauber ausgewaschene Kanister verschnürt und hoffte, sie mit Wein gefüllt zurückbringen zu können.
    Eine Fahrt über italienische Gebirgsstraßen, wenn sie abseits des Fremdenverkehrs liegen, ist kein Vergnügen, schon gar nicht, wenn sie aufgerissen sind und von den Hängen herab von Partisanen bewacht werden. Das war das Verteufeltste an der ganzen Meldefahrt. Gegen das Rauschen aus der Luft konnte man sich schützen, indem man sich in Deckung warf, die Bomber sah man kreisen, ehe sie ihre schreckliche Last abwarfen, aber die Partisanen sah und hörte man nicht. Plötzlich knallte es dann aus einem Hinterhalt, von einem Felsvorsprung her, von einem Plateau, hinter einem Stein hervor, und man fühlte den heißen Einschlag der Geschosse, wehrlos, verstört, hilflos, eine rennende Zielscheibe der versteckten Schützen. Oberst Stucken hatte bereits den Befehl des Armeekorps an seine Division weitergegeben: »Bei Partisanenberührung keine Gefangenen! Sofortiges Standgericht und Exekution! Nur Rücksichtslosigkeit schützt uns vor dem Überfall aus dem Hinterhalt!«
    Felix Strathmann hatte die Geschwindigkeit heruntergenommen, als er die erste Gebirgsstraße erreichte, und fuhr langsam und nach allen Seiten sichernd durch die rauhe Einsamkeit der Felsen. Wilde Olivensträucher zogen sie die Hänge empor, verkrüppelte Pinien, Ölbäume, ab und zu eine Zypresse in schlanker, dunkler, in den Himmel stoßender Schönheit. Das Knattern der schweren Maschine erfüllte die

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