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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie wieder auf den felsigen Boden.
    »Nein!« sagte sie hart. Ihre Stimme war dunkler geworden, und über ihr Gesicht zog ein Schatten, so, wie eine Wolke kurz über die Sonne zieht, und das Land fahl wird und grau. »Mama kann nicht sehen deutschen Soldat. Papa ist tot … bei Messina, signore. Erschossen von deutsche Soldat. Bitte nicht mitgehen …«
    Felix Strathmann knöpfte sich zwei Knöpfe der Kombination auf. Ihm war warm geworden. Unter seiner Kopfhaut spürte er ein rhythmisches Klopfen. Das Blut, dachte er. Verdammt, das Blut steigt mir zu Kopf. Ich schäme mich vor diesem Mädchen und seiner Mutter. Er warf mit einem Ruck die Maschinenpistole ab und legte sie vor sich auf den Boden. »Wie heißt du?« fragte er unsicher.
    »Maria. Maria Armenata.«
    »Ein schöner Name. Maria Armenata. Er ist wie ein Lied, wie der Beginn einer Arie von Puccini oder Verdi. Er ist so schön wie du selbst, Maria.«
    »Und wie heißen du?«
    »Strathmann. Felix Strathmann.«
    Maria lächelte. Sie spitzte die Lippen und zuckte mit den schmalen, nackten Schultern. »Ich kann nicht aussprechen so schwere Namen. So schwere deutsche Namen. Aber Felix …« Sie betrachtete ihn aus ihren großen, braunen Augen. Die Augen eines Rehes, durchfuhr es Strathmann. »O Felix … das klingt gut. Felix heißen doch der Glückliche … Sind Sie glücklich, signore Soldat?!«
    Ein Schrecken durchrann Strathmann. Glücklich? Bin ich glücklich? Keiner hatte ihn bisher danach gefragt. Überhaupt hatte niemand versucht, ihn persönlich anzureden, ihn, den Menschen Felix Strathmann. Er war in St. Pauli geboren. Sein Vater, hieß es auf dem Vormundschaftsgericht, als er 18 Jahre alt wurde, sei ein Seemann gewesen, der vergessen habe, zurückzukommen. Seine Mutter arbeitete in einer Wäscherei und plättete seit zwanzig Jahren Oberhemden. Immer nur Oberhemden. In zehn Minuten ein Hemd … das sind in der Stunde 6 Hemden. Das sind am Tag 48 Hemden … Im Jahr … in zehn Jahren … in zwanzig Jahren … Mein Gott, eine ganze Welt voll Hemden! Mit dieser Plätterei hatte sie Felix auf die Mittelschule geschickt, dann wurde er Schlosserlehrling auf einer Werft und kroch in den halbfertigen Schiffsbäuchen herum. Abends ging er aus … über die Reeperbahn, in die Gassen, die mit Bretterwänden abgesperrt waren und hinter denen die Mädchen halbnackt im Fenster lagen und sich kaufen ließen wie ein Pfund Apfelsinen oder eine Büchse Gemüseerbsen. Sogar wählen konnte man dort, wie auf einem Wochenmarkt. Man konnte die besten Stücke herauspicken und sie wie Salatköpfe kritisch drücken und aufblättern. Ab und zu gab er der Mutter auch ein paar Mark von seinem Lohn ab, vor allem vor den Feiertagen, damit sie Fleisch kaufen konnte und Aufschnitt. Als ihm das Leben bis zum Halse hing, hatte er sich zum Militär gemeldet. Es war schon Krieg, Polen war gefallen, die deutschen Truppen standen in Frankreich. Da wurde er Fallschirmjäger und fiel vom Himmel in das Morden hinein. Viermal verwundet, ausgezeichnet mit dem EK I, befördert zum Obergefreiten … aber man hatte ihn nie gefragt, ob er glücklich sei. Nie! Auch die Mutter nicht. Sie hatte das Leben hingenommen, wie es kam. Sie hatte den Seemann geliebt, das Kind geboren und trug es als eine Selbstverständlichkeit, daß der Vater nicht mehr zurückkam. Sie plättete die Hemden … zwanzig Jahre lang, ein Gebirge von Hemden, und lebte dahin, bis sie eines Tages erlöschen würde wie eine Petroleumlampe, die den letzten Tropfen aufgesaugt hatte. Felix – der Glückliche …
    »Ich weiß nicht, Maria«, sagte er leise. »Ich weiß es wirklich nicht! Ich weiß nicht einmal, was das ist – das Glück. Weißt du es denn?«
    »Nein, signore Felix.«
    »Dann haben wir dieselbe Krankheit!« Er versuchte, wieder seinen burschikosen Ton anzuschlagen. »Ich habe einen Freund, Maria, den Theo Klein, der würde sagen: Was Glück ist, das kann ich dir schnell sagen. Komm mit in die Büsche – in drei Minuten kannst du darüber Romane schreiben! Aber der Theo ist ein Schwein. Vielleicht ist er so, weil auch ihn niemand gefragt hat, was Glück ist und wie es wirklich ist, da drinnen in der Brust.« Er klopfte auf seine Brust und fühlte unter seiner Faust das blecherne Oval der zweiteiligen Erkennungsmarke. Nr. 34.768, 34. FR. Blutgruppe 4. »Bist du hier in der Nähe, Maria?«
    »Si, signore Soldat.«
    »Und du bleibst auch hier?«
    »Si.«
    »Dann können wir uns wiedersehen, Maria?«
    Sie nickte … zögernd,

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