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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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begangen hatte in dem Versuch, ihn nicht auf die Welt kommen zu lassen, und auch die üblen Schläge, die mir Sergej verabreicht hatte vor Wut darüber, dass ein zweites Kind unterwegs war. Mein Baby brauchte mich.
    »Ich werde mich gut um ihn kümmern«, sagte ich, als ich zu dem Arzt aufsah.
    Aber auch wenn ich voller Zärtlichkeit für den Kleinen war, wurde das Leben nicht leichter. Pascha war ein kränkliches Kind, und ich war nervös, als ich ihm zum ersten Mal die Windeln wechselte. Seine Haut war dünn wie Papier, die langen Beine waren dürr, und statt eines Pos, so dick und rundlich wie ein Pfirsich, war sein Hinterteil mager und knochig. Er war ein unruhiges Kind, das meine Brustwarze ausspuckte,wenn ich sie ihm hinhielt, obwohl er gleichzeitig vor Hunger weinte – und er weinte stundenlang, bis Sergej herumbrüllte.
    »Sorg dafür, dass er Ruhe gibt! Ich halte den Lärm nicht aus. Wieso ist dieser Bastard überhaupt hier? Wieso füttere ich ihn durch und gebe ihm ein Zuhause?«
    Pascha war genau so, wie ich befürchtet hatte – ich war überzeugt, seine Kränklichkeit rühre daher, dass ich damals versucht hatte, ihn loszuwerden, und ich war sicher, dass er vor Kummer schrie. Wie sollte er denn gesund und glücklich sein nach allem, was passiert war? Umso verzweifelter wünschte ich mir, gut für ihn zu sorgen, damit er gesund und fröhlich wurde wie Sascha. Mein älterer Sohn war fast zwei und entwickelte sich so gut, wie das unter den Umständen möglich war. Ich versuchte, dafür zu sorgen, dass er immer genug zu essen und genug Milch hatte, und er wuchs tüchtig. Er tapste in der Sommerküche herum, plapperte und spielte. Mit seinem Charme gelang es ihm sogar, Sergej aus seinen Wutanfällen zu holen, wenn ich auch dankbar dafür war, dass er die meiste Zeit schlief, während mein Mann betrunken herumwütete.
    Ich wusste, dass Sascha stark war. Meine große Sorge galt Pascha; ich hatte Angst, er würde das Leben, das wir führten, nicht überleben. Gleich, ob ich ihn stillte, ihn anzog, ihn warm hielt, immer litt ich Qualen vor Angst, er könne sterben. Wenn er schrie und weinte, war ich sicher, dass er mir von seinem Kummer erzählte und dass er ihn nicht ertragen konnte.
    »Wieso steckst du ihn nicht einfach ins Waisenhaus?«, schrie Sergej oft voller Wut. »Der stirbt ja sowieso, also könntest du dir genauso gut die Mühe sparen, dich um ihn zu kümmern.«
    Meine Beziehung zu Sergej verschlechterte sich von Tag zu Tag. Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, dass er je in der Lage sein würde, für uns zu sorgen. Ein kleiner Hoffnungsschimmerwar der Job als Hilfsarbeiter, den er sich gesucht hatte und bei dem er das bisschen Geld verdiente, das wir für Lebensmittel und Kleidung brauchten. Aber nach einem heftigen Streit mit einem anderen Arbeiter verlor er die Stelle. Wir lebten wieder von dem, was Sergej stahl und nicht vertrank. Aber selbst ein Dieb als Ehemann und ein paar Münzen für Lebensmittel waren besser als gar kein Ehemann.
    Eines Abends saß Sergej am Tisch und versuchte, ein altes Radio zu reparieren, das er gefunden hatte. Sascha spielte zu seinen Füßen mit ein paar Einzelteilen, die Sergej weggeworfen hatte. Ich saß so nah am Feuer wie möglich und hielt Pascha im Arm. Mein Beschützerinstinkt ihm gegenüber war stärker denn je, denn an dem Tag waren wir bei einem Arzt gewesen, der uns gesagt hatte, dass Pascha einen Leistenbruch und Probleme mit den Muskeln habe. Ich wusste ja, dass mein Sohn kränklich war, aber ich war doch entsetzt, als mir der Arzt vorschlug, er solle ins Waisenhaus, wo man ihn operieren und sich um ihn kümmern würde.
    »Aber das kann ich doch nicht machen«, sagte ich. »Er ist mein Sohn. Wie könnte ich auch nur eine Nacht ruhig schlafen, wenn ich ihn im Stich ließe?«
    »Nun ja, es könnte aber besser für ihn sein.«
    An seinem Blick sah ich, dass er mich verabscheute. Was der Arzt wirklich sagen wollte, war: »Wieso setzen Sie ein Baby in die Welt, wenn Sie sich nicht darum kümmern können?«
    Ich schämte mich, wollte erklären, wie es so weit hatte kommen können, aber ich schwieg.
    Jetzt musterte ich Sergej, der an dem Radio herumspielte. Was wäre gewonnen, wenn er es wirklich reparierte? Könnte er es verkaufen und würde mir das bisschen Geld geben, damit ich Lebensmittel kaufte? Das bezweifelte ich. Ich zog Pascha dicht an mich heran und spürte, wie die Wut in mir hochkroch.
    »Wir müssen Arbeit finden«, sagte ich. »Das Baby ist krank. Wir

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