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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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vergessen.
    Schon seit Stunden war er weg, und schließlich gab ich es auf, noch länger auf ihn zu warten, und ging ins Bett. Viel später spürte ich, wie er sich neben mich ins Bett legte. Ich tat, als ob ich schlief, als mich eine Welle der Erleichterung durchfuhr. Er war zurück. Morgen würde ich eine Möglichkeit finden, ihn wieder zu versöhnen. All das wäre sehr schnell vergessen.
    Am nächsten Morgen wurde ich wach, als er mich ganz früh beim ersten Tageslicht an der Schulter schüttelte.
    »Such dein Zeug zusammen«, sagte er. »Ich will, dass du in einer Viertelstunde unten bist.«
    »Wieso? Wo fahren wir hin?«
    »Da will dich einer kennenlernen.«
    Ich bekam es mit der Angst, als ich aufstand und mir ein enges weißes T-Shirt und eine schwarze Hose anzog. War Serdar immer noch wütend auf mich?
    Als ich runterkam, saß er neben einem jungen Mann mit kurzen hellblonden Haaren und blauen Augen. Er war schmächtig wie ein Junge und sah aus wie höchstens sechzehn.
    »Das ist dein neuer Boss«, sagte Serdar ruhig. »Er heißt Ardy.«
    Ich war vollkommen erschüttert und starrte den Jungen an. Der konnte mich doch nicht kaufen! Er war viel zu jung. Ich sah Serdar an und fragte mich, weshalb er solch einen schlechten Scherz mit mir machte. Aber sein Gesicht war zu einer Maske gefroren. Es schien, als hätte er mich nie kennengelernt, meinen Körper genommen, mit mir geredet oder sich mir anvertraut.
    »Du gehst nach Italien«, fuhr er mich an. »Jetzt lauf hoch, und zieh dir ein anderes Top an. So kannst du nicht fahren, dir hängen ja die Titten raus. Alle werden sofort wissen, dass du eine Prostituierte bist.«
    In dem Augenblick erkannte ich, was ich schon längst hätte erkennen sollen. Serdar empfand nichts für mich. Ich hatte ihn letzte Nacht verärgert, und jetzt langweilte ich ihn. Die ganze Zeit hatte er nur ein Spiel mit mir gespielt, und wie all die anderen Mädchen war auch ich nur eine Ware für ihn, die man verkaufen konnte.
    Von Anfang an hatte ich nicht den Hauch einer Chance gehabt.

KAPITEL 22
    W eißt du, deine Tochter ist wirklich eine Schönheit, meinst du nicht? Ich habe ihr Foto gesehen, und die wird sich noch mal richtig gut machen, glaube ich.«
    Ardy sprach leise; wir saßen in seinem Schlafzimmer. Ich war jetzt seit ein paar Wochen bei ihm, und wir warteten darauf, mit einem Boot nach Italien übergesetzt zu werden. Und obwohl er mir nichts erzählt hatte, wusste ich, dass ich schließlich in Italien arbeiten sollte. Seit gut zwei Monaten war ich jetzt gefangen in diesem Albtraum. Keine lange Zeit, und doch fühlte es sich wie eine halbe Ewigkeit an, eine endlose Gefangenschaft. Die Sehnsucht nach meinen Kindern, mein Drang, mit ihnen zu reden, war überwältigend. Ich verzehrte mich nach ihnen.
    Ich hatte mich geirrt, als ich dachte, Ardy sei zu jung, um mich zu kaufen. Tatsächlich war er einundzwanzig, und ich gehörte nun ihm, wie Serdar gesagt hatte. Mit dem Auto hatte er mich vom Hotel zum Haus seiner Eltern gebracht; und auch wenn es kein fließendes Wasser und auch keine richtige Küche gab, wuchsen Trauben, Pfirsiche und Feigen im Garten, und Zierrat aus Kristall schmückte die Regale im Wohnzimmer – das Heim einer Familie.
    »Hallo«, sagte eine dickliche Rothaarige bei meiner Ankunft, kam auf mich zu und schüttelte mir die Hand. »Willst du was essen?«
    Sie war Ardys Mutter, und ich erkannte sofort, dass sie ganz genau wusste, was ihr Sohn vorhatte. Ich war für siekein Mensch – nur ein Sack voller Geld. Ardy, der etwas Englisch und Russisch sprach, erzählte mir, sie habe fünfunddreißig Jahre lang als Lehrerin gearbeitet. Aber auch wenn sie mir etwas zu essen machte, mir ein paar Worte Albanisch beibrachte und mir Kleider für die bevorstehende Reise kaufte, sprach ihr Mann kein einziges Wort mit mir. Tatsächlich würdigte er mich kaum eines Blickes, als könne er nicht ertragen, solch ein schmutziges Wesen wie mich in seinem Haus zu sehen.
    Seit ich von Serdar fort war, hatte ich jeden Gedanken an Flucht aufgegeben. Vorher war ich unter Waffengewalt festgehalten worden, doch Ardy drohte nicht mit Gewalt, das hatte er nicht nötig. Stattdessen pflanzte er Tag für Tag neue Samen der Angst in mein Hirn, und allmählich wurde mir klar, dass ich nicht mehr fliehen konnte, ganz gleich, wie mutig ich auch war.
    »Wir finden dich, wenn du abhaust«, sagte Ardy. »Wir kennen jeden Einzelnen hier in der Stadt, und du kämst keine Meile weit. Wir haben auch Verwandte

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