Sie haben mich verkauft
Polizei beobachtet das Hotel bestimmt nicht mehr, wir sind doch schon gut zwei Wochen hier.«
Serdar küsste mich auf die Stirn. »Du hast hier gute Arbeit geleistet. Vielleicht hast du dir ja eine kleine Belohnung verdient.«
»Ich wäre so gern mal allein mit dir«, sagte ich. »Können wir nicht richtig zusammen sein?«
»Na gut«, sagte Serdar und lächelte. »Morgen Abend fährst du mit mir zurück. Halt deine Sachen bereit, und mach dich hübsch. Ich werde nett mit dir ausgehen.«
Ich war ganz aufgeregt, als ich am Abend darauf auf ihn wartete, und mit jeder Meile, die wir auf dem Weg zum Hotel zurücklegten, wurde ich zufriedener und immer zufriedener. Serdar hatte getan, worum ich ihn gebeten hatte. Er machte sich wirklich etwas aus mir. Bestimmt würde sich mir bald die Gelegenheit bieten, auf die ich hoffte.
Meine Belohnung war ein Besuch in einem Eiscafé, und ich staunte mit weit aufgerissenen Augen über das, was ich dort zu sehen bekam. Das mussten gut fünfzig verschiedene Sorten Eiskrem in allen Schattierungen des Regenbogens sein!
»Gefällt dir das?«, fragte Serdar und amüsierte sich über mein Vergnügen an dieser Belohnung.
»Es ist einfach toll!«, rief ich und dachte daran, wie sehr meinen Kindern das gefallen hätte. Serdar kaufte mir Eiskrem mit Erdbeer-, Vanille- und Schokoladengeschmack, und ich aß und lächelte ihm zu. Bilder von Sascha, Pascha und Luda gingen mir im Kopf herum, während ich ihn ansah. Bald wäre ich wieder bei ihnen. Fast tat Serdar mir leid, weil er so dumm war, aber er musste unbedingt an meine Liebe zu ihm glauben, also war ich froh darüber, dass er so leicht zu täuschen war.
Kichernd und fröhlich aßen wir unser Eis, und die allgegenwärtigen Bodyguards sahen zu. Ich war zuversichtlich und fühlte mich stark, und das war ein seltsames, aber angenehmes Gefühl.
»Ich habe mich in dich verliebt«, sagte ich eines Nachts zu Serdar. »Und ich will dich nie, nie mehr verlassen.«
»Du verlässt mich auch nicht«, sagte er und umarmte mich.
In der Nacht hatte er wie immer seine Hose neben dem Bett auf den Boden fallen lassen, und ich lag im Dunkeln und stellte mir bildlich das Geld und die Schlüssel vor, von denenich wusste, dass sie in den Hosentaschen steckten. Bald würde das alles mir gehören.
Am nächsten Tag sahen Serdar und ich gerade fern, als ein Schönheitswettbewerb übertragen wurde. Ich fing an zu lachen, als ich mir die Frauen mit dem starken Make-up und der orangefarbenen Haut ansah. Mit ihren langen Nasen und den markanten Gesichtszügen sahen sie aus wie ulkige Vögel.
»In Russland gibt es bildschöne Mädchen an jeder Straßenecke«, sagte ich kichernd. »Ist das schon das Beste, was ihr in Albanien zu bieten habt?«
»Was soll das heißen?«, fragte Serdar leise.
»Die sind so hässlich, die armen Dinger! Vielleicht kriegt man ja in Albanien kein ordentliches Essen«, witzelte ich.
Serdar sah mich an. »Aber alle Welt weiß doch, wie die russischen Mädchen sind.«
»Wie sind sie denn?«
»Das sind doch alles Huren. Guck in irgendein beliebiges Land. Wer sind da wohl die Frauen, die sich verkaufen? Russinnen.«
Ich merkte, wie die Wut in mir hochkochte. »Was redest du denn da?«, fuhr ich ihn an. »Hier sind doch bloß Rumäninnen und Albanerinnen. Wenn russische Frauen so leicht zu haben wären, wie kommt es dann, dass ich in diesem Hotel die einzige Russin bin?«
Sofort sah ich ein, dass ich das nicht hätte sagen dürfen. Serdars Gesichtsausdruck hatte sich verändert, plötzlich sah er aus wie ein Fremder.
»Aber ich habe doch bloß Spaß gemacht, mein Liebster ...«, setzte ich an und gab mir alle Mühe, ihn in die Arme zu nehmen, aber er drehte sich weg von mir, und dann stand er auf.
»Halt verdammt noch mal den Mund«, sagte er. »Ich will kein Wort mehr von dir hören.« Er ging zur Tür und schlug sie hinter sich zu.
Ich saß da wie gelähmt und starrte ihm hinterher, während die Albanerinnen auf dem Fernsehbildschirm immer noch auf und ab paradierten. Was hatte ich nur getan? Mir kamen die Tränen, und ich fing an zu weinen. Kalt wie Eis war Serdar zu mir gewesen, als hätten meine Worte einen Zauber gebrochen. Konnte ich wirklich alles zerstört haben, was ich so sorgfältig aufgebaut hatte? Wie hatte ich bloß so dumm sein können?
Ich musste das wiedergutmachen, beschloss ich. Ich würde ganz zärtlich, liebevoll und sanft sein und unbedingt Sex wollen. Bald hätte er diese törichten Worte von mir
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