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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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bei der Polizei und unter Politikern, und meinst du vielleicht, die müssen nicht essen? Alle müssen das, und alle brauchen Geld, also denk einfach an deine Tochter, und sei ein braves Mädchen.«
    Worte wie diese hielten mich gefangen. Ich wusste, Ardy hatte viel Geld für mich bezahlt, und das würde er sich von meinen Kindern zurückholen, wenn ich fortlief, und ich glaubte ihm, wenn er sagte, ich würde nicht weit kommen – nicht nur Ardys Tanten und Kusinen waren gekommen, um mich zu begutachten, sondern auch einer von seinen Verwandten bei der Polizei. Was für Aussichten auf eine Flucht hatte ich, wenn sogar dieser Polizist wusste, dass ich hier war? Also bettelte ich nicht darum, freigelassen zu werden, und versuchte auch nicht zu fliehen, wenn man mich jeweils für ein paar Stunden im Haus einschloss. Es war im Moment einfach zwecklos.Ich musste abwarten, akzeptieren, was mit mir passierte, und sehen, was die Zukunft bereithielt.
    Wenigstens war es mir in der Zeit, die ich allein verbringen durfte, möglich, ungestört an meine Kinder zu denken. Ich fürchtete das Geräusch, wenn die Haustür aufging. Dann kam Ardy nach Hause und wollte Sex. Das war entsetzlich. In der Nacht sah ich ihn nicht, und er konnte mich nicht sehen, wenn ich in die Dunkelheit starrte und er sich nahm, was er wollte. Aber tagsüber war sein Gesicht nicht verborgen, und mir wurde übel, wenn ich seinen und meinen Körper vereint sah.
    Ein paarmal wehrte ich mich gegen ihn, wenn er etwas wollte, das ich noch nie gemacht hatte – zum Beispiel, ihn mit dem Mund zu befriedigen –, aber dann drückte er meinen Kopf zurück in das Kissen, und am nächsten Morgen schämte ich mich, wenn seine Mutter hereinkam und das Schlafzimmerfenster aufmachte, während der Geruch nach Sex in der Luft hing. Ich lernte, mich nicht zu wehren, aber sosehr ich Ardy auch bat, ein Kondom zu benutzen, tat er das nie.
    Ich hatte das Gefühl, dass in mir zwei Menschen lebten. Der eine Mensch war eine Frau, die sich nach diesen Nächten selbst verabscheute. Sie verdiente, was mit ihr passierte. Sie hätte Ardy nicht nehmen lassen sollen, was er wollte, sie hätte schreien und ihn kratzen, alles Mögliche tun sollen, um sich zu schützen. Aber dann war da noch die Frau, die wusste, dass sie ganz allein war und dass sie niemals, ganz gleich, wie hungrig sie gewesen war, etwas getan hatte, das so schlimm war wie das, was man ihr antat.
    So kann es ja nicht ewig weitergehen, sagte ich mir im Stillen, wenn ich betete. Es werden auch wieder gute Zeiten kommen, du musst einfach nur Geduld haben.
    Ich konnte nur schwer einschätzen, wie lange ich schon in dem Haus war, obwohl ich meinte, es müsse etwa ein Monatsein. Da war ein Kalender an der Wand, aber ich ertrug es nicht, daraufzuschauen. Inzwischen war August, und Ludas erster Schultag rückte näher. Daran wollte ich gar nicht denken, wollte sie mir nicht vorstellen, wie sie ein Kleid und Stifte kaufte und sich fragte, wann denn Mami nach Hause käme, um sie an ihrem ersten Schultag zu begleiten, wie ich das bei Sascha getan hatte. Mein Körper erinnerte mich daran, wie die Zeit verging, denn an jedem Dreizehnten des Monats bekam ich meine Periode, aber daran wollte ich lieber nicht denken. Ganz bestimmt glaubten Ira und Tamara, mir wäre etwas passiert, weil ich mich so lange schon telefonisch nicht mehr gemeldet hatte. Sie wussten, wie sehr ich an den Kindern hing und dass ich sie nie verlassen würde, außer wenn es nicht anders ging.
     
    Eines Abends kam spät noch ein Mann, der mit Ardy sprechen wollte. Als seine Mutter anfing, unsere Sachen in Plastiktüten zu packen, wusste ich, dass das Wetter endlich gut genug war und das Boot segeln konnte. Man sagte mir, ich solle eine schwarze Jacke, Trainingshosen und Turnschuhe anziehen, und dann wurde ich nach draußen gebracht, wo Ardys Verwandter von der Polizei wartete und uns in sein Auto verfrachtete.
    Er fuhr uns zu sich nach Hause, wo wir über Nacht blieben, bevor mich Ardy am nächsten Tag zum nahegelegenen Strand brachte.
    »Ich will sehen, ob du schwimmen kannst«, sagte er. »Los, rein mit dir.«
    Es war ein glutheißer Augusttag, so heiß, dass mir die Haut brannte, als ich ins Wasser watete. Es war herrlich, das kühle Wasser auf meinem Körper zu spüren, und nach all den Sommerferien, die ich als Kind am Schwarzen Meer verbracht hatte, war ich eine gute Schwimmerin. Ardy schien zufriedenmit dem, was er sah. Bald fuhren wir wieder zum Haus zurück,

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