Sie haben mich verkauft
mir, und ich kann damit machen, was ich will!«
Ich schwieg, und er schoss immer weiter in die Dunkelheit. Serdar zeigte mir, wie mächtig er war, und mit dem Gewehr in der Hand konnte er tun, was immer er wollte.
Im Haus befanden sich etwa ein Dutzend Mädchen, darunter Anna-Maria und ich, und bald spielte sich zwischen uns ein routinemäßiger Ablauf ein. Ich war Serdars Freundin, und so sahen die anderen in mir eine Art Chefin. Jeden Morgen teilte ich die Mädchen für bestimmte Arbeiten ein – zwei gingen am Fluss Wasser holen, zwei andere putzten, und wieder zwei andere halfen mir beim Kochen. Dabei brachte ich ihnen russische Lieder bei und sie mir rumänische, während uns die Bodyguards bewachten. Ich war so viel älter als sie, und deshalb schien es ihnen auch nichts auszumachen, dass ich die Hausarbeit organisierte. Immerhin gelang es mir, eine gewisse Ordnung aufrechtzuerhalten und anständige Mahlzeiten für uns alle auf den Tisch zu bringen.
Serdar und seine Leute kamen abends gegen sechs, und dann aßen wir gemeinsam zu Abend. Später zogen sich Serdar und ich in eines der Schlafzimmer zurück, während sich die anderen diskret im Hintergrund hielten. Im Schlafzimmer war es heiß und stickig, und Serdars schwerer, verschwitzter Körper, der über mir auf und ab wogte, ließ Übelkeit in mir aufsteigen, aber das ließ ich ihn nie merken.
»Das war wunderbar!«, log ich immer, wenn er sich endlich von mir herunterrollte.
Serdar lächelte zufrieden und hielt mich einen Moment lang eng an sich gedrückt, wobei er oft ein wenig von sich und seinem Leben erzählte.
»Ich mag dich«, sagte er einmal. »Seit dem Tod meiner Frau vermisse ich die Berührung eines weiblichen Wesens. Ich habe natürlich meine Söhne, und ich bin stolz auf sie, aber es tut gut, wieder einmal zarte Haut zu spüren.«
Es schien, als sollte mein Plan gelingen.
Hinterher gingen wir immer zu den anderen. Meistens saßen wir am Abend draußen, redeten und rauchten und sahen zu, wie der lange Sommerabend sich über den Bäumen dunkel färbte. Gegen zehn Uhr machten sich Serdar und seine Männer dann auf den Weg ins Hotel, und jedes Mal blieben zwei andere Männer, um uns am nächsten Tag zu bewachen. Bevor Serdar aufbrach, fragte er mich immer, was ich brauchte, und ich gab ihm eine Liste mit Sachen wie Unterwäsche, Shampoo und den langen, dünnen Zigaretten, die ich rauchte, und er brachte mir am darauffolgenden Abend alles mit.
Die meisten kostbaren Dinge, die er mir brachte, verschenkte ich an die Mädchen. Bald nannten sie mich Mama, und das Wort hörte ich nur höchst ungern, denn ich war mir schmerzlich bewusst, dass meine Kinder so weit weg von mir waren, während ich so etwas wie die Puffmutter in einem Bordell war. Aber die Mädchen waren jung und hatten Angst vor mir, weil ich ja Serdars Freundin war, also sagte ich nichts dazu. Als zwei Mädchen eines Tages einen heftigen Streit hatten und ich ihnen sagte, sie sollten aufhören, kamen sie später zu mir und baten mich, ihm nichts zu erzählen. Ich versicherte ihnen, dass ich so etwas nie tun würde.
An manchen Tagen kamen Männer, die uns begutachten wollten, und einmal wurden wir in den Wald gefahren, weil wir gemustert werden sollten. Die Preise wurden inzwischen in deutschem Geld ausgehandelt; für ein Mädchen wurdenzwischen vier- und elftausend Mark gezahlt. Wer jung, schlank und neu in dem Job war, wurde teuer gehandelt, wer schwanger, tätowiert, allzu erfahren oder alt war, brachte nicht so viel ein.
Anfangs dachte ich, den Mädchen sei es egal, aber dann kamen etwa am vierten Tag einige zu mir gelaufen und zogen mich mit sich auf einen Flur, der so düster war, dass wir nur mit angezündeter Kerze zu einer Tür fanden, die von dem Flur abging.
»Wir haben da was Schönes«, kicherten sie, und ich sah mich um und entdeckte mehrere Blöcke mit Harz in Plastiktüten und große Siebe mit Zeitungspapier darunter, das eine Art grünes Pulver auffing. Es waren auch Mohnblumen in dem Raum, deren Blütenblätter abgepflückt waren, und die Mädchen lachten, als sie ein paar grüne Blätter von den Tischen aufsammelten.
»Seid vorsichtig«, warnte ich sie. »Serdar bringt euch um, wenn er das rausfindet.«
Aber ich war froh, als sie die Blätter rauchten und lächelnd und zufrieden wieder nach draußen gingen. Ich selbst probierte das erst gar nicht. Ich war zu alt für Drogen und hatte miterlebt, welches Unheil sie anrichten konnten. Das wäre für mich kein
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