Sie haben sich aber gut gehalten!
vertragt euch. Wenn meine Anwesenheit sooo störend ist, kann ich natürlich auch woanders unterkommen.»
Verblüfft sehen Volker und ich sie an. «Wo denn?», fragen wir dann gleichzeitig.
«Na, bei Rosys Vater!», antwortet Lotte und streichelt verliebt das Kissen auf ihrem Bauch.
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7
B
ei meinem Vater!?
Meine Alarmglocken schrillen, und mein Pulsschlag bewegt sich spürbar im Grenzbereich. Mühsam versuche ich, nicht überzureagieren, aber auch tiefes Luftholen kann nicht verhindern, dass ich ausflippe. «Das kommt nicht in Frage!», schnauze ich sie an und füge in Gedanken hinzu: Du kriegst meinen Vater nicht in die Finger. Nicht solange ich das verhindern kann.
Verwirrt zuckt sie zusammen. «Warum denn nicht?», fragt sie und klimpert unschuldig mit den Wimpern. «Herberts Vier-Zimmer-Wohnung ist mehr als ausreichend für zwei. Ich müsste nicht mal Möbel anschaffen, denn sein Gästezimmer ist mit allem Nötigen eingerichtet. Und wenn ich es recht bedenke, Haidhausen ist ja auch viel zentraler als Pasing. Außerdem würde er sich freuen, das hat er mir versichert. Seit deine Mutter nicht mehr lebt, ist er doch viel allein.»
Nicht zu fassen! Sie war bereits dort, hat das Terrain besichtigt und ihr Netz ausgeworfen. Die Frau verschwendet ja keine Minute. Dieses entspannte Hippie-Getue, von wegen dem Schicksal nicht ins Handwerk zu pfuschen, ist also nur Theater. In Wahrheit ist sie eine gerissene Alte, die genau weiß, was sie will, und mit allen Raffinessen darum kämpft. Im Moment scheint sie meinen Vater als Beute anzuvisieren. Wer weiß, was sie noch alles für Tricks auf Lager hat, überlege ich. Garantiert hat sie so ganz «aus Versehen» ihre Brille in Papas Wohnung vergessen! Und wenn sie sich erst mal dort breitgemacht hat, wird sie am Ende noch meine Stiefmutter!
Allein der Gedanke versetzt mich in Panik.
Volker dagegen lehnt sich entspannt zurück und grinst plötzlich ganz zufrieden. «Eine wunderbare Lösung! Damit wäre uns ja allen geholfen.»
Ja! Vor allem ihm, dem
guten
Sohn. Und dass seine Mutter ganz offensichtlich auch amouröse Absichten hegt, scheint er vollkommen zu ignorieren. Volkers Verdrängungsmechanismus, wenn ihm was nicht passt, funktionierte aber schon immer perfekt.
Ich zwinge mich zu einem liebenswürdigen Lächeln. Jetzt nur nicht ausfallend werden, das wäre kontraproduktiv. Um Lottes hinterhältiges Ansinnen zu vermasseln, brauche ich ein paar außergewöhnlich gute Argumente.
«Papa wollte bestimmt nur höflich sein», beginne ich vorsichtig. «Meine Mutter hat immer gesagt, dass er ein typischer Junggeselle ist. Manchmal benimmt er sich so eigensinnig wie ein Pubertierender. Im Grunde ist er ein echter Einsiedler, der niemanden um sich braucht.»
Sie mustert mich argwöhnisch. «Tatsächlich? Also, ich hatte einen ganz anderen Eindruck. Gestern Abend empfand ich ihn als kommunikativen Zeitgenossen, der dankbar für jede Unterhaltung ist. Er hat immer einen lustigen Spruch parat und sogar mit den Kellnern geschäkert. Sieht mir nicht gerade nach
Einsiedler
aus. Und er kommt dich doch auch regelmäßig besuchen, oder?»
Verflixt!, fluche ich lautlos. Sie versucht schon wieder, mich auszutricksen. «Ja, das tut er, aber nur wegen seiner Wäsche», behaupte ich. «Jedenfalls finde ich es keine gute Idee, wenn du bei meinem Vater einziehst. Es sei denn, du möchtest ihm den Haushalt führen und die Wäschepflege übernehmen. Übrigens wechselt er täglich die Handtücher und auf handgebügelte Hemden und Bettwäsche legt er besonders viel Wert.»
Irritiert zuckt sie zusammen, ihr Blick flackert unruhig, und auf ihren Wangen erscheinen hektische rote Flecken.
Ha! Jetzt habe ich den richtigen Knopf gedrückt, freue ich mich. Die Vorstellung, für meinen Vater die Putze zu spielen, scheint sie mächtig abzuschrecken. Eine verwöhnte Frau wie Lotte hat garantiert noch nie einem Mann hinterhergewischt.
«Na gut, wenn du meinst», gibt sie sich souverän lächelnd geschlagen und wendet sich dann an ihren Sohn. «Dann nimmst du mich also bei dir auf?» Volker erstarrt, presst die Lippen aufeinander und beginnt sofort wieder seine Finger zu kneten. «Wie lange willst du denn überhaupt im Lande bleiben?», fragt er nach einer Weile, als wäre sie lediglich eine entfernte Bekannte.
«Oooch … Ich weiß noch nicht», antwortet Lotte gedehnt. «Kommt ganz darauf an, wie sich die Ibiza-Angelegenheiten entwickeln.»
Angelegenheiten?
Meint sie ihr
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