Sie haben sich aber gut gehalten!
sprungbereit auf die Polsterkante des Sofas.
«Also, wie geht es dir, Mutter?», fragt Volker mit besorgter Miene, während er nervös die Finger ineinander verknotet. Aus dieser verräterischen Geste schließe ich, dass er doch mehr über ihre Situation weiß, als er mir gestern am Telefon verraten wollte. Vielleicht hat Ruth ihm ja beigebracht, wie man gekonnt schwindelt.
«Ach, bestens», antwortet Lotte vergnügt und lässt sich aufs Sofa fallen. Sie schiebt sich ein Kissen in den Rücken, nimmt ein zweites auf den Bauch und macht es sich mit angezogenen Beinen bequem. Ganz so, als würde sie sich auf einen langen, gemütlichen Plausch einrichten. «Ich habe wunderbar geschlafen, war schon im Garten Tautreten, und Rosy hat mir ein leckeres deutsches Frühstück zubereitet. Mit allen Köstlichkeiten, die man in Spanien vermisst. Noch mehr zu erwarten, hieße, das Schicksal herausfordern.»
Nanu, denke ich überrascht, was ist denn aus ihrer Weltuntergangsstimmung von vorhin geworden?
Auch Volker quittiert ihre Das-Leben-ist-schön-Hymne mit krausgezogener Stirn und verkündet dann mit gequältem Blick in meine Richtung: «Ich werde trotzdem mein Schlafzimmer für dich räumen und die nächsten Tage auf der Couch schlafen. Wenn Ruth am Freitagabend zurückkommt, überlegen wir, wie es weitergeht.»
«Nicht nötig, ich bleibe hier», entgegnet Lotte und strahlt in die Runde. «Rosy und ich verstehen uns prima. Und da alle Kinderzimmer leer sind, ist hier im Haus doch genug Platz für mich, oder?»
Die Frage war eher eine Feststellung und direkt an mich gerichtet. Doch ich bin in eine völlige Schockstarre gefallen. Seit wann sind wir beste Freundinnen? Während meiner Ehe hatte ich manchmal das Gefühl, Lotte könne mich nicht leiden, und nun beabsichtigt sie, sich hier bei mir einzunisten!? Welch Ironie!
Volker knetet weiter an seinen Fingern herum und ignoriert meine fragenden Blicke. Hat er seiner Mutter von dem Hausverkauf etwa gar nichts gesagt? Er drückt sich also mal wieder und überlässt die unangenehmen Nachrichten mir.
«Äh, natürlich wäre hier ausreichend Platz», stottere ich, «aber das Haus soll doch verkauft werden.»
So, jetzt ist es raus.
Mit schreckgeweiteten Augen fährt Lotte aus ihrer entspannten Haltung hoch. «Ihr wollt die Villa verkaufen? Mein Elternhaus! Aber warum denn? Seid ihr etwa verschuldet?»
Ich fasse es nicht. Er hatte es ihr tatsächlich nicht gesagt! Typisch Mann, unangenehme Wahrheiten lassen sie gerne unter den Tisch fallen.
In wenigen Worten schildert Volker den Fall. Lotte hört gelangweilt zu, scheint aber nicht überzeugt.
Seufzend lässt sie sich zurück in die Kissen fallen. «Versorgungsausgleich hin oder her, ein Hausverkauf kann dauern», winkt sie gelassen ab, als hätte sie schon diverse Objekte veräußert. «Eine Immobilie kauft man sich ja nicht mal eben so wie ein Fahrrad. Von heute auf morgen wird sich also garantiert kein Käufer finden. Und bis dann alles unter Dach und Fach ist, dauert es auch noch einige Wochen. Solange hat Rosy wohl nichts dagegen, dass ich hierbleibe, oder?» Sie mustert mich mit einer Miene, die keinen Widerspruch duldet.
Nichts dagegen?!
Mir wird schwindelig. Und wenn mir nicht gleich ein guter Grund einfällt, weshalb Lotte nicht hierbleiben kann, fange ich an zu hyperventilieren.
«Na ja …» Um mich zu beruhigen, versuche ich möglichst unauffällig durchzuatmen. «Da wäre nur ein winzig kleines Problem …» Plötzlich fallen mir Suses neuer Laden ein und ihre Renovierungsarbeiten, und da ereilt mich tatsächlich der rettende Geistesblitz. «Die Maler!»
«Welche Maler?», fragt Volker verwirrt.
«Äh, ich habe John Ansbach zugesagt, alle Zimmer streichen zu lassen, um dadurch einen besseren Preis zu erzielen. Es wird hier in nächster Zeit also ziemlich ungemütlich werden. Ganz zu schweigen von dem Wirbel, den Handwerker ja zwangsläufig –»
«Du hast was?», fährt Volker mich an. «Hast du mal überlegt, was das kostet? Das war nicht ausgemacht! Außerdem wäre das kompletter Unsinn. Wer weiß, ob die neuen Eigentümer nicht lieber tapezieren möchten, dann wären Malerarbeiten reine Geldverschwendung. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde John Bescheid geben. Wenn er so ein Top-Makler ist, wie er behauptet hat, wird er das Haus auch in diesem Zustand verkaufen.»
«Kinder, Kinder!», versucht Lotte mit sanfter Stimme zu vermitteln. «Streit hat noch nie zu etwas geführt. Also bitte,
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