Sie kam, sah und liebte
wegen sexueller Belästigung, die nur noch auf ihren Gerichtstermin wartete. Er glaubte nicht nur, dass Frauen in die Küche gehörten, sondern vielmehr, dass sie auf dem Rücken liegend auf den Küchentisch gehörten. Der Blick, mit dem er sie maß, verriet, dass er sie sich nackt vorstellte, und er lächelte, als müsste sie sich deswegen geschmeichelt fühlen oder so.
Der Blick, mit dem sie ihm antwortete, verriet, dass sie lieber Rattengift nehmen würde.
Die BAC-111 hob um 6:23 Uhr vom Flughafen Seattle ab. Binnen Minuten durchbrach der Jet die Wolkendecke und neigte sich nach links. Die Morgensonne schoss durch die ovalen Fenster wie Spotlight. Beinahe gleichzeitig wurden sämtliche Fensterklappen zum Schutz vor dem erbarmungslos grellen Licht geschlossen, und eine ganze Reihe von Hockeyspielern klappte die Sitze zurück, um zu schlafen. Eine Mischung aus Aftershave und Parfüm füllte die Kabine, als der Jet den Aufstieg beendete und seine Flughöhe erreichte.
Ohne den Blick zu heben, streckte Jane die Hand nach oben und schaltete die Lüftung ein. Sie richtete das Gebläse auf ihr Gesicht und studierte den Zeitplan des Teams. Ihr fiel auf, dass einige Flüge direkt nach einem Spiel starteten, andere erst am darauf folgenden Morgen. Doch abgesehen von den Flugzeiten war die Tagesplanung immer die gleiche. Das Team trainierte am Tag vor dem Spiel und absolvierte eine »Light«-Version des Trainingsprogramms am Spieltag selbst. Abweichungen gab es nicht.
Sie legte den Zeitplan zur Seite und griff nach den Hockey News . Die Morgensonne fiel auf einen NHL-Team-Artikel. Der Untertitel lautete: »Chinooks’ Torhüter – der Schlüssel zum Erfolg«.
In den letzten Wochen hatte Jane sich den Kopf voll gestopft mit NHL-Statistiken. Sie hatte die Namen der Chinooks auswendig gelernt und ihre Spielpositionen. Sie hatte alle Zeitungsartikel über das Team gelesen, die sie nur finden konnte, doch sie hatte das Spiel selbst und auch die Spieler noch immer nicht richtig im Kopf. Sie würde ins kalte Wasser springen müssen und hoffen, dass sie nicht unterging. Dazu brauchte sie die Achtung und das Vertrauen dieser Männer. Sie sollten sie genauso behandeln wie jeden anderen – männlichen – Sportjournalisten.
In ihrer Aktentasche befanden sich zwei unverzichtbare Bücher: Hockey für Dumme und Die Schlimmen Finger des Hockeysports . Das erste vermittelte die rudimentären Begriffe und die Spielregeln, während das zweite über die dunklen Seiten des Spiels und der Spieler informierte.
Ohne den Kopf zu heben, spähte sie über den Gang hinweg und die Sitzreihe entlang. Ihr Blick folgte der Notbeleuchtung längs des blauen Teppichbodens und blieb an Luc Martineaus polierten Slippern und anthrazitfarbenen Hosenbeinen hängen. Seit ihrem Gespräch vor der Key Arena hatte sie über ihn bedeutend mehr Informationen eingeholt als über die restlichen Spieler.
Geboren und aufgewachsen war er in Edmonton, Alberta, in Kanada. Sein Vater war Frankokanadier und hatte sich von Lucs Mutter scheiden lassen, als der Junge fünf Jahre alt war. Mit neunzehn war Luc von den Oilers in die NHL geholt worden. Er war nach Detroit und schließlich nach Seattle ausgewechselt worden. Das interessanteste Lesefutter bot Die Schlimmen Finger des Hockeysports ; das Buch widmete Luc fünf ganze Kapitel. Detailliert wurde über das schwarze Schaf unter den Torhütern berichtet und behauptet, er hätte die flinksten Hände, nicht nur auf dem Eis. Die Fotos zeigten eine Reihe von Schauspielerinnen und Models an seinem Arm, und wenn auch keine von ihnen öffentlich behauptete, mit ihm geschlafen zu haben, hatte es doch auch keine geleugnet.
Janes Blick wanderte zu seinen großen Händen und langen Fingern, die auf die Armlehne trommelten. Unter der Manschette seines blauweiß gestreiften Hemdes war ein Schimmer seiner goldenen Rolex zu sehen. Sie betrachtete seine Schultern, sein Profil mit den hohen Wangenknochen und der geraden Nase. Sein Haar war kurz geschnitten wie das eines kampfbereiten Gladiators. Vorausgesetzt, die saftigen Einzelheiten aus dem Schlimme-Finger-Buch entsprachen der Wahrheit, hatte Luc Martineau in jeder Stadt, die das Team besuchte, eine Frau. Jane wunderte sich, dass er nicht vor Erschöpfung auf dem Zahnfleisch kroch.
Wie alle Spieler sah auch Luc an diesem Morgen eher wie ein Geschäftsmann oder Investmentbanker aus, nicht wie ein Hockeyspieler. Schon am Flughafen war Jane überrascht gewesen, dass sämtliche
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