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Sie kam, sah und liebte

Sie kam, sah und liebte

Titel: Sie kam, sah und liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gibson Rachel
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würden, und bevor sie es sich anders überlegen konnte, hatte sie bereits Jeans und einen schwarzen Pullover angezogen und war auf dem Weg in die Stadt.
    Sie nahm den Eingang im Zwischenstock, und sofort fiel ihr Blick auf das leere Tor. Unten auf dem Eis trainierten nur wenige Spieler, und als sie die Stufen zum Umkleideraum hinunterging, zog sich ihr Magen krampfhaft zusammen.
    »Hallo, Fishy«, sagte sie, als sie im Durchgang auf ihn zuging. Er hielt einen Lötkolben in der Hand und erhitzte die Kufen eines Schlittschuhs.
    Er hob den Blick und schaltete das Gerät aus.
    »Sind die Jungs im Umkleideraum?«, fragte sie.
    »Die meisten.«
    »Ist Luc auch da?«
    »Weiß nicht, aber an Spieltagen redet er nicht gerne.«
    So ein Pech. Die Sohlen ihrer Stiefel quietschten auf den Gummimatten im Flur, und Köpfe fuhren zu ihr herum, als sie den Raum betrat. Sie hob eine Hand. »Lasst nicht gleich die Hosen runter, meine Herren«, sagte sie, ging weiter und blieb mitten unter den halb nackten Spielern stehen. »Ich stehle euch nur einen Moment eurer kostbaren Zeit, und es wäre mir lieber, wenn ihr heute mal von eurem synchronen Hosenrunterlassen absehen könntet.«
    Sie stand da, die Schultern gestrafft, den Kopf hoch erhoben. Luc konnte sie nirgends entdecken. Die Ratte hatte sich wohl versteckt. »Sicher habt ihr alle längst gehört, dass ich nicht länger über die Spiele der Chinooks berichte, und ich wollte euch nur wissen lassen, dass ich die Zeit mit euch niemals vergessen werde. Mit euch unterwegs zu sein war interessant. « Sie ging auf Kapitän Mark Bressler zu und streckte ihm ihre Hand entgegen. »Viel Glück beim heutigen Spiel, Hitman.«
    Er sah sie einen Moment an, als machte sie ihn, den einhundertzwanzig Kilo schweren Mittelstürmer, ein bisschen nervös. »Äh, danke«, sagte er und schüttelte ihr endlich doch die Hand. »Bist du heute Abend auf der Tribüne?«
    Sie ließ die Hand sinken. »Nein. Ich habe schon etwa anderes vor.«
    Sie ließ noch ein letztes Mal den Blick durch den Umkleideraum schweifen. »Auf Wiedersehen, meine Herren, viel Glück, und ich hoffe, dass dies das Jahr ist, in dem ihr den Stanley Cup gewinnt.« Sie brachte sogar ein Lächeln zustande, bevor sie sich zum Gehen wandte. Ich hab’s geschafft, dachte sie, als sie den Flur entlangging. Sie hatten sie nicht mit eingezogenem Schwanz davongejagt. Sie hatte ihnen gezeigt, dass sie Stil und Würde besaß und obendrein noch großmütig war.
    Sie wünschte ihnen allen ein Jucken in die Sackbehaarung. Richtig schlimmes Jucken. Den Blick auf die Gummimatten gesenkt, trat sie in den Durchgang, blieb aber stehen, als vor ihren Augen plötzlich ein nackter Brustkorb mit wohldefinierten Muskeln, ein Waschbrettbauch und ein aus Hockeyshorts ragendes tätowiertes Hufeisen auftauchten. Luc Martineau. Ihr Blick wanderte an seinem feuchten Oberkörper hinauf zu Kinn und Mund, über die tiefe Kerbe in seiner Oberlippe und die gerade Nase bis zu seinen himmelblauen Augen.
    »Du!«, entfuhr es ihr.
    Als er eine Braue hochzog, explodierte sie.
    »Du hast mir das angetan. Ich weiß es genau. Dir ist es wahrscheinlich völlig gleichgültig, dass ich den Job dringend gebraucht habe. Du hast im Netz versagt, und ich werde gefeuert. « Sie spürte, dass Tränen in ihren Augen brannten, und das heizte ihren Zorn noch stärker an. »Wem schiebst du die Schuld an dem verlorenen Spiel gestern Abend in die Schuhe ? Und wenn ihr heute Abend verliert, wer ist dann schuld? Du … du …«, stammelte sie. Die leise Stimme der Vernunft in ihrem Kopf ermahnte sie, den Mund zu halten, aufzuhören, solange es noch möglich war. Einfach um ihn herumzugehen und ihn stehen zu lassen, solange sie noch ihre Würde hatte.
    Pech, dass sie sich schon viel zu weit hatte hinreißen lassen, um noch auf diese Stimme zu hören.
     
    »Du hast ihn einen großen, blöden Dodo genannt?«, fragte Caroline später am Abend, als sie beide auf Janes Couch saßen und zusahen, wie die Gasflammen im Kamin an dem künstlichen Holz leckten. »Warum hast du ihm nicht gleich gesagt, dass er eine absolute Null in deinen Augen ist?«
    Jane stöhnte auf. Jetzt, Stunden nach dem Vorfall, wand sie sich immer noch vor Beschämung. »Nicht«, flehte sie und rückte ihre Brille zurecht. »Der einzige Trost, der mir bleibt, ist, dass ich Luc Martineau nie wiedersehen werde.« Aber sie glaubte nicht, dass sie seinen Gesichtsausdruck je vergessen würde. Eine Art verblüffter Überraschung, gefolgt

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