Sie kam, sah und liebte
war. Und die Honey-Pie -Episode war ausgesprochen schmeichelhaft für ihn. Heißer und leidenschaftlicher als alles, was sie je geschrieben hatte. Im Grunde war es sogar der beste Artikel, der bisher aus ihrer Feder geflossen war. Sie hatte noch nicht entschieden, ob sie ihn tatsächlich abschicken wollte. Bis zum Abgabetermin blieben ihr noch ein paar Tage, um einen Entschluss zu fassen.
Sie ließ die Vorhänge los und drehte sich zum Zimmer um. Etwa sechzehn Stunden waren vergangen, seit Luc sie so leidenschaftlich geküsst hatte. Sechzehn Stunden, in denen sie jedes Wort wieder und wieder gedreht, gewendet und analysiert hatte. Sechzehn Stunden waren vergangen, und sie wusste immer noch nicht, was sie davon halten sollte. Er hatte sie geküsst, und nichts war mehr so wie vorher. Er hatte ihre Brust angefasst und gesagt, dass sie ihn verrückt machte, und wenn seine Schwester nicht im Wagen gesessen und gewartet hätte, dann hätte Jane ihn womöglich in ihr Schlafzimmer gezogen, um sich diese Glücksbringertätowierung genauer anzusehen, die sie jedes Mal, wenn sie sie im Umkleideraum sah, verrückt machte. Und das wäre schlimm gewesen. Sehr schlimm. Aus einer Vielzahl von Gründen.
Jane schlüpfte aus ihren Schuhen und zog sich den Pullover über den Kopf. Auf dem Weg ins Bad warf sie ihn aufs Bett. Ihre Augen brannten, ihr Verstand war wie umnebelt, und statt in ihrem Hotelzimmer eingeschlossen an ihrer Honey-Pie -Episode zu arbeiten, hätte sie im Pepsi Center sein müssen, um vor dem Spiel am kommenden Abend mit den Trainern und Spielern zu reden. Darby hatte sie darauf hingewiesen, dass während des Trainings die beste Gelegenheit wäre, mit den Trainern und Topmanagern zu sprechen. Und Jane wollte sie über Pierre Dion, ihre neueste Errungenschaft, befragen.
Sie sprang unter die Dusche und ließ das warme Wasser auf ihren Kopf prasseln. Am Morgen, als Luc, Sonnenbrille auf der Nase, in blauem Anzug mit gestreifter Krawatte, ins Flugzeug gestiegen war, hatte sie Schmetterlinge im Bauch gehabt, als wäre sie dreizehn Jahre alt und zum ersten Mal in einen Mitschüler verknallt. Es war grauenhaft, und sie war alt genug, um zu wissen, dass es nur Liebeskummer einbrachte, wenn man sich in den beliebtesten Jungen der ganzen Schule verknallte.
Eine Viertelstunde später stieg sie aus der Dusche und griff sich zwei Handtücher. Wenn sie ehrlich mit sich selbst war, was sie nach Möglichkeit vermied, dann konnte sie sich eigentlich nicht länger hinters Licht führen und einreden, dass das, was sie für Luc empfand, nur die übliche Verknalltheit war. Es war mehr. So viel mehr, dass es ihr Angst machte. Sie war dreißig. Kein kleines Mädchen mehr. Sie kannte die Liebe, und sie kannte die Lust, und sie kannte alles, was dazwischen lag. Aber sie hatte sich noch nie erlaubt, sich in einen Typen wie Luc zu verlieben. Niemals. Nicht, wenn sie so viel zu verlieren hatte. Nicht, wenn viel mehr auf dem Spiel stand als nur ihr widersprüchliches Herz. Sondern etwas viel, viel Wichtigeres: ihr Job.
Ein gebrochenes Herz würde heilen; sie würde darüber hinwegkommen. Aber sie glaubte nicht, es verwinden zu können, wenn sie die beste Chance, die sie seit langem hatte, vergeigen würde. Wegen eines Mannes. Das wäre schlicht und ergreifend dumm, und dumm war sie nicht.
Ein Klopfen unterbrach sie in ihren Gedanken, und sie ging zur Tür. Sie spähte durch den Spion, und auf der anderen Seite stand Luc, vom Wind zerzaust und einfach schön. Er blickte zu Boden, und sie ließ sich einen Moment Zeit, um ihn zu betrachten. Er trug seine Lederjacke und einen grauen Wollpullover, und er kam offenbar von draußen, denn seine Wangen waren leicht gerötet. Er hob den Kopf, und seine blauen Augen schauten sie durch den Spion an, als ob er sie sehen könnte. »Mach auf, Jane.«
»Momentchen«, rief sie und kam sich furchtbar albern vor. Sie eilte zum Schrank und entnahm ihm einen Frotteebademantel. Sie zurrte den Gürtel um ihre Taille fest und öffnete die Tür.
Sein Blick wanderte hinauf zu dem Handtuch, das sie sich um den Kopf gewickelt hatte, dann wieder hinunter zu ihrem Mund und ohne Eile immer tiefer bis zu ihren nackten Zehenspitzen. »Sieht aus, als hätte ich dich wieder mal direkt nach dem Duschen erwischt.«
»Ja. Hast du.«
Sein Blick glitt wieder hinauf an ihren Beinen, über den Bademantel und blieb dann ausdruckslos an ihrem Gesicht haften. Entweder war er völlig desinteressiert, oder es gelang ihm vorzüglich,
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