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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verbeugte sich und zog sich mit seinem Gehilfen zurück.
    Victoria folgte ihm bis zur Tür und sagte: »Ich schließe lieber wieder ab, nicht wahr? Zur Sicherheit.«
    »Ja. Das ist gewiss das Beste. Danke.«
    Victoria schloss wieder ab und blieb einige Minuten an der Tür stehen.
    Sie hörte die Polizisten in der gleichen Weise an der Tür auf der anderen Seite des Ganges klopfen, hörte die Tür sich öffnen, den Wortwechsel und die empörte, heisere Stimme von Mrs Cardew-Trench und dann das Schließen der Tür. Sie öffnete sich einige Minuten später wieder, und der Klang der Schritte verebbte. Das nächste Klopfen kam aus viel größerer Entfernung.
    Victoria wandte sich um und ging zum Bett hinüber. Der Gedanke drängte sich ihr auf, dass sie vermutlich äußerst töricht gewesen war. Durch ihr romantisches Gemüt und den Klang der Muttersprache verführt, hatte sie impulsiv einem Mann ihre hilfreiche Hand geboten, der wahrscheinlich ein gemeingefährlicher Verbrecher war. Die Neigung, sich auf die Seite des Schwächeren zu stellen, hat zuweilen peinliche Folgen! Nun, dachte Victoria, mitgefangen, mitgehangen. Ich sitze auf jeden Fall in der Patsche.
    Neben dem Bett stehend sagte sie kurz: »Stehen Sie auf.«
    Nichts regte sich und Victoria sagte scharf, jedoch ohne die Stimme zu erheben: »Sie sind fort. Sie können jetzt aufstehen.« Aber noch immer regte sich nichts unter den Polstern. Ungeduldig riss Victoria sie alle fort.
    Der junge Mann lag genau so da, wie sie ihn verlassen hatte. Nur hatte sein Gesicht jetzt eine sonderbar graue Farbe und seine Augen waren geschlossen.
    Victoria stockte jäh der Atem, als sie etwas anderes bemerkte – ein greller roter Fleck sickerte auf das Leintuch durch. »O nein!« , sagte Victoria, fast als würde sie mit jemanden reden, »o nein – nein!« Und wie als Antwort auf dieses Flehen schlug der Verwundete die Augen auf. Seine Lippen öffneten sich. Was ihnen entschlüpfte, war so leise, dass Victoria es kaum hörte. Sie beugte sich herab.
    »Was?«
    Jetzt hörte sie es. Mühsam, unendlich mühsam hauchte der junge Mann zwei Worte. Sie kamen ihr ganz unzusammenhängend und völlig sinnlos vor. Was er sagte, war: »Luzifer – Basra …« Die Lider zuckten und senkten sich über die großen, angstvollen Augen. Er sagte noch ein einziges Wort – einen Namen. Dann fiel sein Kopf zurück und er lag ganz still da.
    Victoria regte sich nicht. Ihr Herz pochte heftig. Sie war allein hier mit einem Toten und früher oder später würde die Polizei eine Erklärung verlangen.
    Während ihr Gehirn fieberhaft arbeitete, um einen Ausweg aus der Lage zu finden, ließ sie ein leiser Laut den Kopf wenden. Der Schlüssel war aus ihrer Schlafzimmertür herausgefallen und während sie ihn anstarrte, hörte sie, wie das Schloss sich drehte. Die Türe öffnete sich und Mr Dakin trat herein.
    Er ging zu ihr hinüber und sagte ruhig: »Gute Arbeit, meine Liebe. Sie denken rasch. Wie geht es ihm?«
    Mit gebrochener Stimme sagte Victoria: »Ich glaube, er ist – er ist tot.«
    Sie sah, wie das Gesicht des anderen sich veränderte, wie ein heftiger Zornesblitz es durchzuckte, dann war er wieder genauso, wie sie ihn am Vortag gesehen hatte – nur schien ihr jetzt, als wäre die Unentschlossenheit und Schlaffheit des Mannes verschwunden und hätte etwas anderem Platz gemacht. Er beugte sich hinab und öffnete sachte den verschlissenen Waffenrock.
    »Sehr sauber durchs Herz gestochen«, sagte Dakin, während er sich aufrichtete. »Er war ein tapferer Junge – und ein kluger Junge.«
    Victoria fand ihre Stimme wieder.
    »Die Polizei war da. Sie haben gesagt, er sei ein Verbrecher. War er ein Verbrecher?«
    »Nein, er war kein Verbrecher.«
    »War es – war es die Polizei?«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Dakin zerstreut. Er beugte sich vor – »Hat er etwas gesagt – ehe er starb?«
    »Ja.«
    »Was war es?«
    »Er sagte Luzifer – und dann Basra. Und dann nach einer Pause nannte er einen Namen – es klang wie ein französischer Name –, aber ich habe ihn vielleicht nicht richtig verstanden.«
    »Wie klang er für Sie?«
    »Wie Lefarge.«
    »Lefarge«, wiederholte Dakin nachdenklich.
    »Was hat all das zu bedeuten?«, fragte Victoria und fügte ratlos hinzu. »Und was soll ich tun?«
    »Zuerst müssen wir Markus erwischen. Es ist sein Hotel und Markus hat sehr viel Verstand, obwohl man es nicht immer merkt, wenn man mit ihm spricht. Er geht selten vor zwei Uhr zu Bett. Richten Sie sich

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