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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nur ein wenig her, ehe ich ihn herbringe. Markus ist sehr empfänglich für Schönheit in Not.«
    Er verließ das Zimmer. Wie im Traum ging sie zum Toilettentisch, kämmte ihr Haar zurück, puderte sich blass, was ihr sehr gut stand, und fiel todmüde in einen Stuhl, als sie Schritte herannahen hörte.
    Dakin kam ohne anzuklopfen herein und hinter ihm erschien die massige Gestalt von Markus Tio. Diesmal war Markus Tio ernst.
    »Hören Sie, Markus«, sagte Dakin, »Sie müssen in dieser Sache Ihr Möglichstes tun. Es war ein furchtbarer Schock für dieses arme Mädchen. Der Bursche ist hereingestürzt und zusammengebrochen – sie hat ein gutes Herz und ihn darum vor der Polizei versteckt. Und jetzt ist er tot. Sie hätte es vielleicht nicht tun sollen, aber Mädchen sind nun mal so.«
    »Natürlich mag sie die Polizei nicht, aber ich muss mich gut mit ihnen stellen wegen meines Hotels. Soll ich die Geschichte mit Geld aus der Welt schaffen?«
    »Wir wollen nur die Leiche unbemerkt fortbringen.«
    »Ja, das ist sehr gut. Das ist ganz in meinem Sinn. Ich will keinen Leichnam in meinem Hotel. Aber es ist leichter gesagt als getan.«
    »Ich glaube, es ließe sich machen«, sagte Dakin. »Sie haben doch einen Arzt in der Familie, nicht wahr!«
    »Ja, Paul, der Mann meiner Schwester, ist Arzt. Er ist ein sehr netter Junge. Aber ich will ihm keine Unannehmlichkeiten bereiten.«
    »Die wird er auch nicht haben«, sagte Dakin. »Hören Sie, Markus. Wir schaffen die Leiche von Miss Jones’ Zimmer hinüber in mein Zimmer. Damit ist sie aus dem Spiel. Dann benutze ich Ihr Telefon. In zehn Minuten wankt ein junger Mann von der Straße ins Hotel herein. Er ist sehr betrunken, er hält sich die Seite, er brüllt nach mir. Er taumelt in mein Zimmer und bricht zusammen. Ich komme heraus, rufe Sie und verlange einen Arzt. Sie lassen Ihren Schwager kommen. Er schickt nach einer Ambulanz und besteigt diese mit meinem betrunkenen Freund. Ehe sie das Spital erreichen, ist mein Freund tot. Er wurde erstochen. Das passt Ihnen doch auch sehr gut. Er wurde auf der Straße erstochen, ehe er Ihr Hotel betrat.«
    »Mein Schwager schafft die Leiche fort – und der junge Mann, der die Rolle des Betrunkenen spielt, geht ruhig fort, vielleicht frühmorgens?«
    »So stelle ich mir die Sache vor.«
    »Und in meinem Hotel wird kein Leichnam gefunden? Und Miss Jones hat keinerlei Unannehmlichkeiten? Ich glaube, das ist eine sehr gute Idee.«
    »So, und wenn Sie jetzt dafür sorgen, das die Luft rein ist, werde ich die Leiche in mein Zimmer hinüberschaffen. Ihr Personal bummelt die halbe Nacht auf den Gängen herum. Gehen Sie in Ihr Zimmer und machen Sie dann Krach. Scheuchen Sie alle von hier fort, sie sollen irgendwelche Aufträge für Sie ausführen.«
    Markus nickte und verschwand.
    Victoria und Dakin hoben gemeinsam den schlaffen Körper auf, trugen ihn über den menschenleeren Korridor und legten ihn auf Dakins Bett.
    In der Ferne konnte man Markus zornig brüllen hören.
    »Tapferes Mädchen«, sagte Dakin. »Gehen Sie jetzt in Ihr Zimmer zurück. Löschen Sie das Licht aus. Mit dem Blutfleck wird etwas geschehen müssen. In ungefähr einer Stunde bin ich wieder bei Ihnen.«

14
     
    M ehrere Stunden schienen vergangen zu sein, als Victoria ihre Tür leise aufgehen hörte. Sie setzte sich im Bett auf und zündete die Nachttischlampe an.
    »So ist’s recht«, lobte Dakin. Er zog einen Stuhl zum Bettrand, setzte sich und blickte sie aufmerksam an, wie ein Arzt, der eine Diagnose stellt.
    »Sagen Sie mir um Himmels willen, was all das zu bedeuten hat«, bat Victoria.
    »Sagen Sie mir lieber zuerst alles über sich selbst«, sagte Dakin. »Warum sind Sie nach Bagdad gekommen?«
    Waren es die Ereignisse der Nacht oder war es etwas in Dakins Persönlichkeit (Victoria meinte später, es sei Letzteres gewesen), ausnahmsweise stürzte Victoria sich nicht in einen fantasievollen und glorreichen Bericht über ihren Aufenthalt in Bagdad, sondern sie erzählte ihm schlicht und aufrichtig die Wahrheit. Ihre Begegnung mit Edward, ihren Entschluss, nach Bagdad zu gelangen, das Wunder mit Mrs Hamilton Clipp, die sie als Reisebegleiterin engagiert hatte, und ihre eigene finanzielle Notlage.
    »Ich verstehe«, sagte Dakin. Er schwieg einen Augenblick, ehe er sprach. »Sie sind jetzt in die Geschichte verwickelt, ob Sie wollen oder nicht. Und da es so ist, könnten Sie ebenso gut für mich arbeiten.«
    »Sie haben eine Stelle für mich?« Victorias Wangen

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