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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Ich gehe jetzt zu Crofton Lee hinauf.«
    Dakins erhobene Hand musste nicht an Sir Ruperts Türe klopfen. Sie öffnete sich lautlos, um ihn einzulassen.
    Der Forscher hatte nur eine kleine Leselampe angezündet und seinen Stuhl neben diese gestellt. Als er sich wieder niedersetzte, legte er sachte eine kleine Repetierpistole in Reichweite auf den Tisch.
    Er sagte: »Was glauben Sie, Dakin – wird er kommen?«
    »Ich glaube ja, Sir Rupert.« Dann fuhr er fort: »Sie haben ihn noch nie getroffen, nicht wahr?«
    Der andere schüttelte den Kopf: »Nein, ich bin begierig, ihn heute Nacht kennen zu lernen.«
    »Crosbie ist auf dem Balkon und ich werde die Treppe bewachen. Wenn Carmichael da ist, klopfen Sie an die Wand und ich komme herein.«
    Crofton Lee nickte.
    Dakin ging leise hinaus und in sein eigenes Zimmer nebenan. Dieses hatte eine zweite Tür, die auf den Gang hinter den Zimmern führte und nur wenige Fuß vom oberen Treppenabsatz entfernt war. Diese Tür ließ er unauffällig einen Spaltbreit offen und nahm seine Wache auf.
    Ungefähr vier Stunden später glitt eine Gufa, dieses einfache Fahrzeug des Tigris, langsam stromabwärts und landete auf der Sandbank nahe dem Hotel Tio. Einige Augenblicke später kletterte eine schlanke Gestalt das Seil hinauf und kroch unter die Judasbäume.

13
     
    V ictoria hatte beabsichtigt zu Bett zu gehen, zu schlafen und alle Probleme auf morgen zu verschieben, aber da sie fast den ganzen Nachmittag verschlafen hatte, war sie hellwach.
    Schließlich knipste sie das Licht an, las eine Geschichte in einer Zeitschrift zu Ende, die sie im Flugzeug zu lesen begonnen hatte, stopfte ihre Strümpfe, probierte ihre neuen Nylons, verfasste verschiedene Stellengesuche (sie würde schon herausfinden, wo man inserieren konnte), entwarf ein bis zwei Depeschen mit der Bitte um Hilfe an ihren einzigen überlebenden Verwandten, versuchte eine neue Frisur und bemerkte schließlich mit einem plötzlichen Gähnen, dass sie nun doch endlich schläfrig war und die nötige Bettschwere hatte.
    In diesem Augenblick flog ohne irgendwelche Warnung ihre Schlafzimmertür auf, ein Mann schlüpfte herein, drehte hinter sich den Schlüssel im Schloss um und flehte: »Um Gottes willen, verstecken Sie mich irgendwo – rasch.«
    Victoria war immer schnell von Begriff gewesen. Sie bemerkte den gequälten Atem, die ersterbende Stimme, die Art, wie der Mann einen alten, roten, gestrickten Schal verzweifelt an seine Brust presste.
    Das Zimmer bot nicht viel Verstecke. Da war der Kleiderschrank, die Kommode und der prätentiöse Toilettentisch. Das Bett war breit – fast ein Doppelbett-, und Erinnerungen an das Versteckspiel ihrer Kindheit ließen Victoria prompt handeln.
    »Schnell«, sagte sie. Sie riss die Polster weg und hob die Bettdecke. Der Mann legte sich quer über das Bett. Victoria zog die Decke über ihn, legte die Polster darauf und setzte sich selbst auf den Bettrand. Fast im gleichen Augenblick erklang ein leises, beharrliches Klopfen an der Tür.
    Victoria rief mit schwacher, erschrockener Stimme: »Wer ist da?«
    »Bitte«, sagte eine Männerstimme draußen, »bitte aufmachen – Polizei.«
    Victoria durchquerte das Zimmer und hüllte sich in ihren Schlafrock. Dabei bemerkte sie, dass der rote gestrickte Schal auf dem Boden lag, hob ihn auf und warf ihn in eine Schublade, dann drehte sie den Schlüssel im Schloss um, öffnete ihre Zimmertür einen Spalt und guckte mit erschreckter Miene hinaus.
    Ein brünetter junger Mann in einem gestreiften violetten Anzug stand draußen, hinter ihm ein Mann in Polizeiuniform.
    »Was ist los?«, fragte Victoria mit leicht bebender Stimme.
    Der junge Mann sagte in ganz passablem Englisch: »Ich bedaure, Sie um diese Stunde stören zu müssen, Miss, aber ein Verbrecher ist entkommen. Er ist in dieses Hotel geflüchtet. Wir müssen jedes Zimmer durchsuchen. Er ist ein sehr gefährlicher Bursche.«
    »O weh!« Victoria trat schnell zurück und machte die Tür weit auf. »Oh, bitte kommen Sie herein. Wie beängstigend. Schauen Sie bitte ins Badezimmer. Oh, und in den Kleiderschrank – und bitte wären Sie so gut, unter dem Bett nachzusehen? Er war vielleicht den ganzen Abend da.«
    Die Durchsuchung verlief sehr rasch.
    »Nein, er ist nicht hier.«
    »Sind Sie sicher, dass er nicht unter dem Bett ist? Nein, wie dumm von mir. Er kann ja gar nicht da sein. Ich habe die Tür zugeschlossen, als ich zu Bett ging.«
    »Danke sehr, Miss, und guten Abend.«
    Der junge Mann

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