Sie kamen nach Bagdad
verrückt. Vergiss nicht, dass Sir Rupert nachher in Kairo ermordet wurde.«
»Dort ist ja alles geschehen, das wird mir jetzt klar. Oh, Edward, wie schrecklich. Ich sah es geschehen.«
»Du sahst es gesehen? Victoria, bist du jetzt völlig wahnsinnig geworden?«
»Nein, ich bin nicht im Geringsten wahnsinnig. Hör nur zu, Edward. Es klopfte an meiner Tür – im Hotel in Kairo –, wenigstens dachte ich, es sei an meiner Tür, es war aber an der Nebentür, an Sir Rupert Crofton Lees Tür. Es war eine der Stewardessen. Sie bat ihn, in das Büro der B.O.A.C. den Gang weiter runter, zu kommen. Ich trat kurz danach aus meinem Zimmer und ging an einer Tür mit der Aufschrift B.O.A.C. vorbei, und die Tür öffnete sich und er kam heraus. Ich dachte damals, er habe eine Nachricht erhalten, die seine Haltung verändert hat. Verstehst du nicht, Edward? Es war eine Falle. Der Ersatzmann wartete schon fix und fertig, und als Sir Rupert hereinkam, schlugen sie ihn nieder, und der andere kam heraus und übernahm seine Rolle. Sie hielten ihn vermutlich irgendwo in Kairo versteckt und brachten ihn dann gerade im richtigen Moment um, als der falsche zurückkam.«
»Das ist eine großartige Geschichte«, sagte Edward, »aber weißt du, Victoria, offen gestanden, glaube ich, dass du sie völlig aus der Luft gegriffen hast. Du hast keinerlei Beweise.«
»Den Furunkel …«
»Zum Teufel mit dem Furunkel!«
»Und noch ein bis zwei andere Sachen.«
»Was?«
»Diese B.O.A.C.-Tafel hing später nicht mehr dort. Ich entsinne mich, dass ich ganz erstaunt war, das Büro der B.O.A.C. auf der anderen Seite der Eingangshalle zu entdecken. Das ist das eine und das andere ist, dass ich diese Stewardess, die an seine Tür klopfte, wiedergesehen habe – hier in Bagdad –, und zwar, was noch wichtiger ist, beim ›Ölzweig‹. Das erste Mal, als ich da war. Sie kam herein und sprach mit Catherine. Mir schien es damals, als hätte ich sie schon einmal gesehen. Du musst zugeben, Edward, dass das nicht alles pure Einbildung sein kann.«
Edward sagte langsam: »Alles läuft im ›Ölzweig‹ zusammen – und bei Catherine. Victoria, Scherz beiseite, du musst versuchen, näher an Catherine heranzukommen. Schmeichle ihr, tu ihr schön. Du musst herauskriegen, wer ihre Freunde sind, wohin sie geht und mit wem sie außerhalb der Arbeit verkehrt.«
»Das wird mir nicht leicht fallen«, meinte Victoria widerstrebend, »aber ich werde es versuchen. Und Mr Dakin? Soll ich ihm etwas davon sagen?«
»Ja, natürlich. Aber warte noch ein bis zwei Tage. Wir müssen erst noch mehr in der Hand haben.«
Durch ihre Entdeckungen in gehobener Stimmung, gelang es Victoria am folgenden Morgen mühelos, Catherine mit überschwänglicher Freundlichkeit zu begrüßen: Wie war das noch mit der Adresse zum Haarewaschen. Es war dringend nötig, das konnte jeder sehen, denn Victoria war aus Babylon mit dunklem, rostrotem Haar zurückgekehrt.
»Ja, es sieht fürchterlich aus«, sagte Catherine und betrachtete Victoria mit Schadenfreude.
»Ich weiß nicht, wieso Ihr Haar immer so wunderbar aussieht«, erklärte Victoria und blickte mit scheinbarer Bewunderung auf Catherines fettige Strähnen.
Ein Lächeln erschien auf Catherines gewöhnlich mürrischem Gesicht und Victoria dachte, wie recht Edward mit dem Schmeicheln gehabt hatte.
Als sie an diesem Nachmittag den »Ölzweig« verließen, standen die beiden Mädchen auf bestem Fuß miteinander. Catherine schlängelte sich durch Gassen und Gässchen und pochte endlich an eine keineswegs viel versprechend aussehende Tür, der man von außen nicht anmerkte, dass auf ihrer anderen Seite Frisierkünste betrieben wurden. Sie wurden jedoch von einem nicht hübsch, aber tüchtig aussehenden Mädchen empfangen, das ein behutsames, langsames Englisch sprach und Victoria zu einem tadellos sauberen Waschbecken mit blitzblanken Hähnen und vielen darum aufgereihten Flaschen und Schönheitsmitteln führte. Catherine verschwand und Victoria überließ ihre Haare den gewandten Händen des Mädchens. Bald war ihr Haar eine Masse von weißem Schaum.
»Und jetzt, wenn ich bitten darf …«
Victoria beugte sich über das Becken. Wasser strömte über ihr Haar und gluckste den Ausguss hinunter.
Plötzlich wurde ihre Nase von einem süßlichen, widerwärtigen Geruch erfüllt, der sie vage an Krankenhaus erinnerte. Ein feuchter, durchtränkter Wattebausch wurde ihr fest auf Mund und Nase gepresst. Sie sträubte sich wie toll, drehte
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