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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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besichtigen.
    »Müssen wir?«, fragte Victoria verträumt. »Etikettiert und im Glaskasten erscheinen einem die Dinge immer so unwirklich.«
    »Die Vergangenheit ist immer langweilig«, sagte Edward, »die Zukunft ist viel wichtiger.«
    » Das hier ist nicht langweilig«, sagte Victoria und deutete mit einem Sandwich in der Hand auf das Panorama umgestürzter Ziegel. »Es weht ein Hauch von Größe hier. Wie heißt es in dem Gedicht: ›Als du ein König in Babylon warst und ich eine christliche Sklavin.‹ Vielleicht waren wir es. Wärst du gern ein König in Babylon gewesen, Edward?«
    Edward holte tief Atem: »Ja, damals verstanden sie es, Könige zu sein! Darum konnten sie die Welt regieren und formen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich gern eine Sklavin gewesen wäre«, meinte Victoria nachdenklich, »christlich oder sonst wie.«
    »Wenn du eine Sklavin wärst, Victoria«, meinte Edward, »würde ich dich befreien und in meinen Harem aufnehmen – dort drüben«, fügte er hinzu und zeigte auf einen Trümmerhaufen.
    Victorias Augen blitzten. »Weil wir gerade von Harems sprechen …«, begann sie.
    »Wie verträgst du dich eigentlich mit Catherine?«, fragte Edward hastig.
    »Wieso wusstest du, dass ich an Catherine dachte?«
    »Nun, das hast du doch, nicht wahr? Offen gestanden, Vicky, ich möchte, dass du dich mit Catherine anfreundest.«
    »Wie dumm die Männer doch sind! Sie wollen immer, dass ihre verschiedenen Flirts einander mögen. Es macht mich verrückt, wie all diese Mädchen dich anhimmeln.«
    »Großartig«, erwiderte Edward. »Ich liebe es, wenn du verrückt bist. Aber um auf Catherine zurückzukommen. Der Grund, warum ich möchte, dass du dich mit ihr anfreundest, ist, weil ich es für die beste Methode halte, all die Dinge zu erfahren, die wir ausfindig machen wollen. Sie weiß etwas.«
    Victoria runzelte plötzlich die Stirn. Edwards Worte brachten ihr die sonderbare Unterredung mit Dr. Rathbone in Erinnerung. Sie berichtete ihm davon. Es regte ihn weit mehr auf, als sie erwartet hatte.
    Die Sonne brannte jetzt vom Himmel und die Ruinen von Babylon flimmerten bleich vor einem Hintergrund dunkler Palmen. Sie blickte träumerisch auf Edward, der aufrecht dasaß und ihr ein wenig den Rücken zukehrte … Was wollte ich ihn nur in Basra fragen, als man uns unterbrach … Ich habe es vergessen … Wie wunderschön sein Haar mit einem kleinen Wirbel in den Nacken wuchs – und in was für einen schönen Nacken. Von der Sonne braun gebrannt und ganz ohne Unreinheiten. So viele Männer hatten Nacken mit Blasen und Pickeln, dort, wo der Kragen sie rieb – so wie Sir Rupert zum Beispiel, mit einem aufblühenden Furunkel … Plötzlich richtete Victoria sich mit einem erstickten Ausruf kerzengerade auf. Sie war wie elektrisiert.
    Edward wandte fragend den Kopf.
    »Was ist los, Charing Cross?«
    »Mir ist gerade etwas eingefallen«, sagte Victoria, »es betrifft Sir Rupert Crofton Lee … er hatte einen Furunkel auf seinem Nacken.«
    »Einen Furunkel auf seinem Nacken?«
    Edward machte ein verdutztes Gesicht.
    »Ja, im Flugzeug saß er vor mir, weißt du, und dieses kapuzenartige Ding, das er trug, fiel herunter und da sah ich ihn – den Furunkel.«
    »Nun, und?«
    Victoria tat einen tiefen Atemzug.
    »An dem Morgen auf dem Balkon hatte er keinen.«
    »Keinen was?«
    »Keinen Furunkel. Oh, Edward, versuch doch zu verstehen. Im Flugzeug hatte er einen Furunkel und auf dem Balkon im Tio hatte er keinen! Sein Nacken ganz glatt und rein – wie der deine jetzt.«
    »Nun, das Ding war vermutlich aufgegangen.«
    »O nein, Edward, das ist unmöglich. Es war nur einen Tag später und es kam gerade heraus. Es konnte noch nicht verschwunden sein – nicht vollkommen – nicht spurlos. Also, siehst du, das bedeutet – ja, das kann nur bedeuten, dass der Mann im Tio gar nicht Sir Rupert war.«
    Sie nickte energisch mit dem Kopf. Edward starrte sie an.
    »Du bist verrückt, Victoria. Es muss Sir Rupert gewesen sein. Warum sollte irgendjemand seine Rolle spielen?«
    »Wegen Carmichael, natürlich. Carmichael kam nach Bagdad, um ihn zu treffen – um ihm zu sagen, was er entdeckt hatte. Aber sie hatten einander nie zuvor gesehen. So würde Carmichael nicht wissen, dass er nicht den richtigen Mann vor sich hatte, und nicht auf der Hut sein. Natürlich war es Sir Rupert Crofton Lee (ich meine der falsche), der Carmichael erstochen hat! Oh, Edward, es fügt sich alles zusammen.«
    »Ich glaube kein Wort davon. Es ist

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